Mit "Play Dead" (2013) veröffentlichte die Band Schmieds Puls ein klasses Debüt-Album, im Oktober 2015 legen Mira Lu Kovacs (Gesang, Gitarre), Walter Singer (Kontrabass) und Christian Grobauer (Schlagzeug) den Zweitling nach. Verheißungsvoller Titel: "I care a little less about everything now". Robert Fischer traf Mira Lu Kovacs zum Interview.
Kulturwoche.at: Wie siehst du generell das neue Album im Gegensatz zum Debut "Play Dead"?
Mira Lu Kovacs: Das zweite Album ist für mich die Komplettierung des ersten. Für mich gehören die beiden zusammen. Das ist für mich wie ein Zweiteiler im Fernsehen. Wobei das letzte Lied "Listen" mit der Textzeile "...there s nothing more left to say but..." ja wieder auf etwas Neues hinweist. Zusätzlich war es auch toll, auf dem neuen Album erstmals elektrische Gitarre zu spielen, das war für mich eine ganz neue Herausforderung.
Gab es für dein zweites Album ein bestimmtes Konzept?
Eigentlich nicht. Als der Studiotermin für die neue CD näher rückte, hatte ich noch keinen besonderen Plan für das neue Album. Trotzdem hab ich dann in der Vorbereitung schnell gesehen, die Lieder gehen alle thematisch in eine gewisse Richtung, sie zeigen den Weg vor und entwickeln sich ganz natürlich zu einem Liederzyklus. Ganz oft ging es in bestimmten Text-Zeilen oder Liedern um eine gewisse Apathie. Das war das Grundgefühl für das ganze Album. Der Arbeitstitel der LP war "Scare of Apathy". Ich finde es kann nichts Schlimmeres geben, als wenn einem alles egal ist und du nichts mehr spürst. Es erschreckt mich zutiefst, wenn ich merke, dass mir ein bestimmtes Gefühl total abhanden kommt und ich in manchen Bereichen weniger spüre als vor fünf oder zehn Jahren. Konkret meine ich damit z.B. dieses Gefühl der Abstumpfung, wenn man die täglichen Nachrichten hört, und dort immer wieder tote Kinder, gefolterte Menschen oder andere Katastrophen sieht. Einerseits muss man sich wahrscheinlich irgendwie von diesen schrecklichen Dingen abgrenzen, sonst ist das auf Dauer nicht auszuhalten, aber andrerseits möchte ich auf keinen Fall immer mehr abstumpfen.
Worüber handelt der Song "You can go now"?
Das ist arg, weil "You Can Go Now" ist so ein Lied, das auch einfach so aus mir rausgeplumpst ist und bei dem ich noch gar nicht fertig reflektiert habe. Vielleicht ist es sogar viel intimer, als es mir bis jetzt bewusst ist. Nach wie vor hat ein Song bei mir nicht nur mit einer Sache zu tun, sondern ich verbinde da immer mehrere Situationen ineinander. In diesem Fall sind auch wirklich mehrere Sachen gleichzeitig passiert. Einerseits bin ich für mehrere Monate mit der Folk-Band Black Market Tune auf Tour nach Australien gefahren, andrerseits gab es privat bei mir einige wichtige Veränderungen. In dem Moment hatte ich das Gefühl, ich kann einen ganz großen Teil von mir loslassen bzw. gehen lassen, aber das war nicht so ein Verlust, wo man etwas unwiederbringlich verliert, sondern ein Verlust, der einem freier, größer und stärker macht. Der Song dreht sich auch darum, sich von gewissen Vorstellungen, die einem auf Dauer eher einschränken - also so eine Art Gedankengefängnis - zu befreien.
Wie ist das Video dazu entstanden?
Das Video ist total schnell und improvisiert entstanden. Ich habe eine Freundin angerufen und sie gefragt, ob sie spontan beim Videodreh mitmachen möchte. Ich schneide die Sachen dann oft selbst, auch die Ideen zu meinen Covers und Videos stammen meistens von mir selbst. Wir haben uns dann am nächsten Tag getroffen und die Freundin wusste intuitiv sofort, was ich vorhatte. Sie musste nämlich aus Ihrer schönen, großen und inspirierenden Altbau-Wohnung ausziehen, übrigens zufällig dieselbe Wohnung, in der das Live Session-Video der ersten LP "Play Dead" entstanden ist, und das war die perfekte Location für meine Video-Idee. Die Wohnung war schon komplett ausgeräumt und leer, außer ein paar Bildern von der letzten Ausstellung dieser Freundin. Ich habe dann einfach "You can go now" eingelegt, ein bisschen dazu gesungen und mich so dazu bewegt, wie ich Lust hatte. Und das haben wir gefilmt. Wir drehten nur ein paar verschiedene Einstellungen und das war es. Das Video war in 12 Stunden fertig, von der Idee bis zum letzten Schnitt. Wir hatten viel Spaß bei diesem spontanen Dreh und dem Schnitt.
Wie schauen deine Zukunftspläne aus?
Jetzt freue ich mich einmal auf die anstehende Tour. Das wird sicher extrem befreiend, wenn die CD, die schon ja schon seit einiger Zeit fertig ist, endlich veröffentlicht wird. Das Baby soll endlich das Licht der Welt erblicken (schmunzelt)! Keine Ahnung, was die weitere Zukunft dann bringen wird. Vielleicht dauert es dann bis zum nächsten Album fünf Jahre. Mir ist Qualität viel wichtiger als Quantität. Ich will mich da nicht selbst unter Druck setzen. Was ich mir gut vorstellen könnte, ist in Zukunft die Musik ein bisschen mehr in eine elektronischere Richtung zu entwickeln. Vielleicht kann ich das ja dann auch bei Schmieds Puls einfließen lassen. Dazwischen gibt es ja auch immer kleine Nebenprojekte, die mich sehr begeistern, wie z.B. das Duo-Programm, das ich kürzlich mit dem Cellisten Lukas Lauermann auf einer kleinen Tour in Kasachstan gespielt habe. Einen kleinen Ausschnitt daraus haben wir für die tolle Flüchtlings-Benefiz-Compilation "Melodies for Refugees" von Bernhard Eder aufgenommen! //
Interview: Robert Fischer
Foto: Manfred Werner
Schmieds Puls: I care a little less about everything now
Musik: @@@@
Klang: @@@@
Label/Vertrieb: SeaYou Records (2015)