Das Jazz Fest Wien ist seit 1991 Fixpunkt der internationalen Festivalszene und ein Meilenstein in der kulturellen Landkarte Österreichs. 2013 stehen zwischen 17. Juni und 10. Juli wieder viele Highlights im Programm mit Konzerten, die unterschiedlicher nicht sein könnten. Und: Erstmals seit 15 Jahren gastiert das Jazzfest wieder in der Wiener Stadthalle. Nachfolgend einige Empfehlungen der Redaktion.
Was wäre das Jazzfest Wien ohne Weltstars im Programm? Mal ehrlich: wir sind vom Veranstalterteam von Beginn an ja sowas von verwöhnt worden, dass man ja mit dem Aufzählen großer Namen und der Erinnerung an großartige Konzerte im Rahmen des Jazzfest Wien gar nicht mehr nachkommt. Einige Namen, die heuer zu Gast sein werden, sind nicht das erste Mal hier - ein weiteres gutes Zeichen seitens der Künstlerinnen, dass sie sich in diesem Jazzfestrahmen sichtlich wohl fühlen, wie z.B. Bobby McFerrin. Er ist einer der regelmäßig Wien mit seiner Stimmakrobatik in Entzücken und Erstaunen versetzt. Am 17.6. bespielt der vielseitige Sänger mit Faible für mitsingendes Publikum die Wiener Stadthalle. Mit im Gepäck jede Menge Spirituals und Gospels seines brandneuen Albums "Spirit You All". Im Fokus des Meisters stehen Klassiker wie "Wade In The Water" und "Joshua Fit The Battle Of Jericho".
Ebenfalls in der Wiener Stadthalle, am 24.6., beehrt Paolo Conte, gelernter Rechtsanwalt und musikalischer Charismatiker aus dem Piemont, das Publikum mit seinen wunderbaren Kompositionen zwischen schwelgerischer Nonchalance und Akribie für die ganz großen Gefühle. Paolo Conte komponierte, wie man natürlich längst weiß, für Adriano Celentano (z.B. zusammen mit Michele Virano nach einem Text von Vito Pallavicini das großartige Azzurro, das 1968 zur meistverkauften Single des Jahres wurde), ehe er mit rauer Kehle und existenzialistischer Poesie selbst zum Entertainer wurde.
Bonnie Raitt wiederum interessierte sich früh für die Sounds von Son House und Howlin' Wolf und stieg so nach und nach zur Grande Dame des Blues auf. Ihr intensiver Gesang und ihr Gitarrenspiel zwischen Slide, Funk und Bottleneck begeistert seit 1970 - ihr aktuelles Album "Slipstream" (2012) bescherte ihr den bereits zehnten Grammy-Award ihrer Karriere. Bevor sie die Bühne der Staatsoper Wien am 2.7. betritt wird Charles Bradley das Publikum umgarnen. Bradleys markante Stimme ist ganz nah an James Brown. Während Brown allerdings als junger Mann reüssierte, veröffentlichte Bradley erst im reifen Alter von 63 Jahren seine bemerkenswerte Debüt-CD "No Time For Dreaming". Das Album besticht durch eloquente Sozialkritik, die von warmen Grooves und funky Licks untermalt wird, die an die große Zeit des Soul in der 60er und 70er Jahren erinnern.
Apropos Soul - da kommt nämlich ein ganz Großer am 3.7. in die Staatsoper Wien: Bobby Womack. Er zählt für viele zu den größten Soulsängern aller Zeiten. Der 1944 in Cleveland, Ohio, geborene Bobby Womack begann seine Karriere in der Band The Valentinos. Später war er Sideman von Sam Cooke. Als Gitarrist und Songwriter agierte er außerdem bei Aretha Franklin, Sly Stone, Elvis Presley und Ray Charles.
Locationwechsel ist angesagt, um noch mehr amerikanische Grooves vom Feinsten erleben zu können, dann nämlich, wenn Trombone Shorty sein musikalisches Gumbo aus traditionellen New Orleans Sounds und Funk anrührt, während Shuggie Otis lustvollen Psychedelic Soul und Funk mischt. Zu hören am 8.7. im Rathaus (Arkadenhof).
Dort bleiben wir dann auch gleich bis zum nächsten Abend, um ja nicht den phänomenalen Saxofonisten James Carter zu versäumen. Wie kein anderer seiner Zeitgenossen changiert er mühelos zwischen Epochen und Stilen. Alles scheint ihm gleich wert zu sein. Seine geistige Wendigkeit zeigte er auch auf seinem bislang letzten Opus "At The Crossroads" (2011), für das er sein Orgeltrio sowie eine Menge illustrer Gäste einberufen hat. Im Fokus ein Sound zwischen erdigem Blues und feurigem Gospel. Am 9.7. gibt es im Rathaus Arkadenhof aber nicht nur James Carter zu hören, sondern auch den 1951 geborenen kalifornischen Blues-, Jazz- und Fusiongitarristen Robben Ford. Der zunächst als Saxofonist agierende Musiker stieg erst mit 13 Jahren auf die Gitarre um. Seine ökonomische, sehr beseelte Spielweise führte ihn bald zu berühmten älteren Kollegen. Er spielte früh bei Charlie Musselwhite, bei Jimmy Witherspoon, bei George Harrison und bei Joni Mitchell. 1986 erwählte ihn sogar Jazzgott Miles Davis zum Begleiter auf einer Tournee. Auf seinen aktuellen Solo-Aufnahmen steht wieder der Blues im Fokus.
Und auch der nächste Abend, jener des 10.7., verspricht im Rathaus Arkadenhof ein besonderes Hörerlebnis, wenn Mr. Eric Burdon endlich wieder einmal Wien beehrt. Eric Burdons berühmte Band The Animals wurde vor exakt einundfünfzig Jahren in Newcastle (England) gegründet. The Animals waren neben Them feat. Van Morrison, sowie The Rolling Stones und The Yardbirds die Speerspitze des R&B und des Blues im Großbritannien der 1960er-Jahre. Beeinflusst von Ray Charles und John Lee Hooker schrieb dieses Quintett sagenhaft gute Stücke. Ihren größten Hit hatten The Animals dennoch mit einer Coverversion, dem New-Orleans-Klassiker "House Of The Rising Sun". Aber das ist freilich schon urlange her. Eric Burdon erlebt seinen x-ten musikalischen Frühling und begeisterte zuletzt mit dem hervorragenden Album "'Til Your River Runs Dry" (2013) - lest dazu unser Interview mit Eric Burdon.
Soweit eine kleine Auswahl über die Acts in den großen Locations. HIER gibt es den zweiten Teil unserer Vorschau mit den nicht minder spannenden Konzertabenden im Porgy & Bess, WUK, Reigen und Jazzland. (Text: Robert Fischer und Manfred Horak; Fotos: Marina Chavez, Cesare Cicardini, Jazz Fest Wien)
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