Grell, Comichaft, Fetzig. Philipp Stölzl inszenierte Giuseppe Verdis "Il Trovatore" am Theater an der Wien als schrillen, surrealistischen Albtraum. Das ORF Radio-Symphonieorchester Wien unter der Leitung des jungen israelischen Dirigenten Omer Meir Wellber "rockt" die Liebes-Verwechslungsgeschichte als "auskomponiertes Hyperventilieren", mit Anleihen aus der Hysterie.
Da brennt der Scheiterhaufen wieder
Franz Werfel schrieb in seinem Verdi-Roman: "Alles drängte in ihm zum Ausruf, zum Aufschrei, zur Kürze!" und Regisseur Philipp Stölzl, Bühnenbildner, Musikvideo- und Filmregisseur, setzt die musikalischen Vorgaben der Oper inszenatorisch zugespitzt und flott um. Die Bühne, eine nach vorne zugespitzte, trichterförmige weiße Rampe mit Türen und Klappen - aus denen der wunderbare Arnold Schoenberg Chor und Tänzer quellen - wird mit Videos und surrealistischen Bildern bespielt, die das Geschehen auf der Bühne mit Bildern von René Magritte und Salvador Dali in Beziehung setzen. Da brennt der Scheiterhaufen aus den Visionen der Azucena, die ihre Mutter, die der Hexerei verdächtigt wurde, immer wieder brennen sieht, auf der einen Bühnenhälfte, während auf der anderen Bühnenhälfte sich in den Gesichtern der gaffenden Menschen die Flammen spiegeln.
Wilde Liebesgeschichte
Grelle Schminke, historische spanische Kostüme mit Halskrause, Reifrock bei den Damen und ausgestopfte kurze Hose (Heerpauke), die mit Strumpfhose getragen wird, bei den Männern, von Kostümbildnerin Ursula Kudrna runden das Bild ab. "Il Trovatore" erzählt eine wilde Liebesgeschichte zwischen Gräfin Leonora und dem Troubadour Manrico, der eigentlich der von (Roma) Azucena aus Rache für die getötete Mutter entführte Bruder des Grafen Luna ist. Dieser stellt Leonara ebenfalls heftig nach und tötet seinen Bruder schließlich aus Eifersucht.
Wahnwitz und Gänsehaut
Azucena, Verdis "heimliche" Hauptfigur der Oper, wird von Marina Prudenskaya mit allem gebotenen Wahnwitz höchst überzeugend gesungen und dargestellt. Carmen Giannattasio singt die Liebe und den Schmerz ihrer Leonora, die in den Tod geht für ihren Geliebten, in all ihren emotionalen Höhen und Tiefen so, dass die Gänsehaut nicht ausbleibt. Heftiger Applaus auch für Artur Rucinski als Graf Luna, Gabor Bretz und Mara Mastalir überzeugen als Ferrando und Inez. Yonghoon Lee singt seinen Manrico stark, aber mit wenigen Facetten. (Text: Veronika Krenn; Fotos: Matthias Baus)
Kurz-Info:
Il Trovatore von Giuseppe Verdi
Bewertung: @@@@@
Theater an der Wien bei den Wiener Festwochen
Kritik zur Aufführung am 3. Juni 2013
Musikalische Leitung: Omer Meir Wellber
Inszenierung: Philipp Stölzl
Co-Regie: Mara Kurotschka
Bühne: Conrad Moritz Reinhardt und Philipp Stölzl
Kostüme: Ursula Kudrna
Licht: Olaf Freese
Dramaturgie: Jan Dvořák
Mit: Artur Ruciński, Carmen Giannattasio, Marina Prudenskaya, Yonghoon Lee, Gábor Bretz, Mara Mastalir, Tomáš Juhás, Karl Huml, Nenad Marinkovi