Der Pianist Otmar Binder spricht im Interview mit Robert Fischer über das aktuelle Album "Boogiewoogie Turnaround", über seine zahlreichen weiteren Projekte und warum er eine besondere Vorliebe für die Popmusik der 1980er Jahre hegt.
Neben seiner Tätigkeit als Begleiter von Michael Heltau, ist der vielbeschäftigte Pianist Otmar Binder auch auf Solo-Pfaden aktiv und hat die hervorragende CD "Boogiewoogie Turnaround" veröffentlicht, auf der u.a. Christian Dozzler, Geri Schuler und Pedal Steel-Virtuose B.J.Cole zu hören sind. Daneben gib es noch ein Duo-Programm mit der Sängerin Astrid Golda, in der ausgewählte Song-Perlen aus den 1980er Jahren zu hören sind.
Kulturwoche.at: Wie ist dein Duo-Projekt mit der Sängerin Astrid Golda entstanden?
Otmar Binder: Mit Astrid arbeite ich schon seit Anfang der 1990er Jahre zusammen. Astrid war früher u.a. bei Three Girl Madhouse und wir waren auch gemeinsam in einer Band, die öfters im Roten Engel [Szenelokal in der Wiener Innenstadt; Anm.] aufgetreten ist. Da war auch Manfred Schweng dabei, der spätere Bassist von Ludwig Hirsch. Das war eigentlich meine erste Band. Wir haben damals einfach das Repertoire gespielt, dass Astrid singen wollte, sowohl englische als auch deutsche Songs. Von dieser frühen Band haben wir vom Programm her viel in unser aktuelles Duo-Projekt übernommen. Hauptsächlich sind das Perlen der 1980er Jahre wie z.B. Lieder von den Eurythmics, Joe Jackson, Nena oder Sheena Easton, in neuen Arrangements reduziert auf Klavier und Stimme. Damals haben wir auch begonnen das eine oder andere Duett zu singen, z.B. Up Where We Belong von Jennifer Warnes und Joe Cocker.
Nach welchen Gesichtspunkten habt ihr die Songs für euer neues Programm ausgesucht?
Otmar Binder: Die oberste Maxime ist, dass uns der Song gefallen muss. Es war immer unser Ziel, ein Repertoire zu erarbeiten, mit Liedern, die uns etwas bedeuten, die wir aber auch auf unsere eigene Art performen können bzw. Lieder zu finden, den wir unseren persönlichen Stempel aufdrücken können. Wir haben auch viel aus den 1980er Jahren dabei, obwohl diese Zeit popmusikalisch immer sehr diskreditiert wird in gewisser Hinsicht, und von vielen Leuten als musikalisch düstere Epoche wahrgenommen wurde. Aber für uns ist das eine Zeit, in der viel Musik war, die uns sehr gefallen hat. Übrigens feiern wir beim kommenden Auftritt im Cafe Schmidhansl gleichzeitig auch unser 20-jähriges Bühnenjubiläum.
Du hast vor kurzem die CD "Boogiewoogie Turnaround" veröffentlicht. Wie kam es dazu?
Otmar Binder: Blues und Boogie-Woogie haben deswegen für mich eine große Bedeutung, weil es eine meiner ersten musikalischen Lieben war. Mein Vater war Lehrer an der Schule in der Hegelgasse, wo u.a. Erik Trauner und Joachim Palden seine Schüler waren. Eines Tages, ich muss ca. acht Jahre alt gewesen sein, kam er mit der LP "Shake That Boogie" [1978; Anm.] nach Hause und sagte, hör dir das mal an! Ich war von dieser LP sehr begeistert, nicht nur von der Musik, sondern auch vom Klang. Ich habe tagelang gerätselt: Wie haben die das gemacht? Später kam Joachim Palden auch gelegentlich zu uns nach Hause, hat mir ein bisschen was am Klavier gezeigt und mich ein bisschen unter seine Fittiche genommen. In den 80ern bin ich dann öfters zu den Stars Of Boogie-Woogie-Konzerten im Konzerthaus gegangen und habe dort Leute wie Champion Jack Dupree, Axel Zwingenberger, Vince Weber oder die Mojo Blues Band live gesehen.
Hat dich Blues & Boogie Woogie auch deswegen interessiert, weil es auch eine wichtige Quelle für die Pop-Musik darstellt?
Otmar Binder: Genau! Ja, Blues & Boogie ist ja auch in vielen anderen Musiken zu hören. Vor allem für Pianisten ist es so eine gute Quelle. Wer sich mit Pop-Klavier beschäftigt, kommt eigentlich an Blues & Boogie nicht vorbei. Randy Newman bezieht sich in seinem Spiel auf die Blues & Ragtime-Tradition, Elton John mehr auf Floyd Cramer. Auch das Klavierspiel von Joe Cocker bezieht sich auf diese alte Tradition, und wenn man genau hinhört kann man sogar bei Queen Blues-Elemente in ihrer Musik hören.
Wie sind dann die Sessions für deine CD "Boogiewoogie Turnaround" abgelaufen?
Otmar Binder: Einer der Hauptgründe, die CD zu machen war, neben der schon vorhin erwähnten Liebe zu Blues & Boogie, ein Konzert von Christian Dozzler im Jazzland. Als ich Christian da Klavier spielen, singen und Harp spielen hörte, war ich echt begeistert und ich verspürte sofort den starken Wunsch, mit Christian gemeinsam Musik zu machen bzw. etwas mit ihm gemeinsam aufzunehmen! Christian lebt ja in den USA, aber als er dann wieder einmal in Österreich auf Tour war, haben wir begonnen, die ersten Duos aufzunehmen. Wir haben uns fast nicht gekannt, und sind einfach ins Studio gegangen, um zu schauen, ob unsere Zusammenarbeit funktionieren könnte. Das hat gepasst und von da an ist die Arbeit an der CD dann Stück für Stück weitergegangen.
Wie kamen dann noch die anderen Musiker wie z.B. B.J. Cole und Geri Schuler dazu?
Otmar Binder: Für ein paar Nummern wollte ich auch ein Trio haben, und habe deswegen Sascha Lackner und Michael Strasser angerufen. Das war dann sozusagen die Geburtsstunde des Trios. Die meisten Stücke haben wir live eingespielt, mit nur minimalen Overdubs. Dann wollte ich noch unbedingt den englischen Pedal Steel-Virtuosen B. J. Cole, über den ich einmal zufällig in einer Elton John-Biografie gehört hatte, dabei haben. Er spielte z.B. auf dem Song Tiny Dancer, hat aber auch mit unzähligen anderen berühmten Künstlern aufgenommen. Ich kontaktierte ihn über seine Webseite und überraschenderweise erklärte er sich sofort bereit, beim Projekt mitzumachen. Nach längerem E-Mail Kontakt habe ich B.J.Cole dann einige Tracks zugesendet, und er hat in England seine Parts dazu aufgenommen. Ich war schon von den ersten Demos, die ich von ihm bekam, sehr begeistert, das übertraf meine Erwartungen bei weitem. Pedal Steel dabei zu haben war mir deswegen auch wichtig, weil ich eine große Affinität zu Country-Musik habe. Als weitere Gäste kamen dann auch noch Geri Schuler, Charlie Furthner und Oliver Gattringer ins Studio.
Wie bist du zur Musik gekommen?
Otmar Binder: Ich komme aus einer Familie, in der Musik immer eine große Rolle gespielt hat. Mein Großvater mütterlicherseits war Musikkritiker, meine Großmutter hat an der Hochschule unterrichtet. Mein Vater hat Klavier gespielt und meine Mutter hat gesungen, sie haben gemeinsam Schubert-Lieder gespielt. Die musikalische Diät, auf die meine Geschwister und ich gesetzt wurden, bestand also hauptsächlich aus Schubert und der Oper Freischütz, die wir als Kinder sehr lustig gefunden haben. Also viel klassische Musik, aber auch Chansons von Jacques Brel, Edith Piaf oder Georges Brassens. Und Jazz. Jazz war erlaubt, während Popmusik tabu war. Mit Jazz sind vor allem Ella Fitzgerald, Oscar Peterson und Louis Armstrong gemeint. Mit sechs Jahren begann ich Klavier zu spielen und hatte viel Glück mit meinen Lehrern. Das ging dann so bis ca. 17, dann habe ich lange pausiert und erst später wieder an der Uni Klavier zu studieren begonnen. Ich wollte das Instrument einfach noch einmal von der Pike weg lernen.
Was sind aktuell deine weiteren Projekte?
Otmar Binder: Hauptsächlich bin ich als Pianist von Michael Heltau tätig. Gerade hatte das neue Programm Es ist immer jetzt am Wiener Burgtheater Premiere. Dann spiele ich noch gemeinsam mit Heilwig Pfanzelter einen Weihnachtsabend, der am 2. Dezember im Stadtheater Walfischgasse zu sehen sein wird. Weiters arbeite ich an einem neuen Programm mit Nicole Beutler. Und in punkto Solo-Aktivitäten arbeite ich an einer neuen CD mit eigenen Liedern in deutscher Sprache.
Interview: Robert Fischer (Oktober 2012)
Fotos: Christoph A. Hellhake, Kathy Magee
CD-Tipp:
Otmar Binder: Boogiewoogie Turnaround
Label/Vertrieb: Jump River Records / Preiser Records (2012)
Link-Tipps:
Otmar Binder
Astrid Golda
Heilwig Pfanzelter
Nicole Beutler
Michael Heltau