Jede Menge hörenswerte Raritäten aus den Jahren 1975 bis 1992 gibt es auf der vorliegenden Kompilation aus dem Hause Soul Jazz Records zu hören. Um nicht falsche Erwartungen zu nähren: 'Lovers Rock' ist keine andere Bezeichnung für 'Kuschelrock', sondern eine Stilrichtung des Reggae.

Die Politik und Religion war eigentlich schuld, dass es dieses Genre überhaupt gibt. Nachdem bis Mitte der 1970er Jahre im Reggae zunehmend gesellschaftspolitische und spirituelle Themen in den Liedtexten überhandnahmen entwickelte der Produzent Dennis Bovell aus der Melange Soul und Reggae ein Liebeslied und landete damit im Jahr 1975 mit "Caught You In A Lie" und der Sängerin Louisa Mark einen veritablen ersten Hit in diesem neuen Genre. Dieser Song ist natürlich ebenfalls auf dieser Kompilation vertreten. "Caught You In A Lie" hat bis heute nichts an Charme eingebüßt und auch was den Sound anbelangt merkt man ihm die Jahrzehnte nicht an. Louisa Mark, die am 17.10.2009 im Alter von nur 49 Jahren überraschend verstarb, war unbestritten die wichtigste Sängerin im Lovers Rock Genre und ist auch auf CD 2 mit dem schmachtenden "Even Though You're Gone" vertreten, die zugleich zwei unbedingte Höhepunkte der vorliegenden Liedsammlung darstellen. Herausragend - nicht nur bei diesen zwei Songs unter der Obhut von Großmeister Dennis Bovell - auch das fast permanente Verweben von Dub-Elementen. Hört nur mal "People Make The World Go Round" von The Cool Notes. Ein echter Klassikaner! Eines der besten Beiträge stammt vom Bassisten Fully Fullwood alias (Astley) George Fullwood und sein "Stop And Think It Over". Fullwood zählt längst zu den ganz großen Reggae-Bassisten; er spielte mit Bob Marley, Peter Tosh, Michael Rose, Black Uhuru, Dennis Brown, Gregory Isaacs und vielen mehr und gründete die noch heute aktive Soul Syndicate Band. "Stop And Think It Over" ist ein echtes Freudenfest für Roots-Reggae-, Dub- und Lover Rock Fans, zudem könnte das auch einer jener Songs sein, die Bands wie The Clash beeinflusst haben ihren Punk mit Dub und Reggae zu vermengen. Ein weiterer Höhepunkt unter den insgesamt 25 Songs ist "Paradise" von der ebenfalls 2009 verstorbenen Sängerin Jean Adebambo. "Paradise" aus den frühen 1980er Jahren war nicht ihr einziger, aber sicherlich ihr größter Hit, und auch dieser Song besticht mit einem Soundgefühl, das die Zeit der Entstehung nicht verrät. Großartige Zusammenstellung und endlich mal wieder ein Kompilation, die, ob der exzellenten Raritäten, tatsächlich Sinn macht. (Manfred Horak)

CD-Tipp: Diverse Interpreten: Harmony, Melody & Style – Lovers Rock & Rare Groove in the UK Musik: @@@@@@ Klang: @@@@@ Label/Vertrieb: Soul Jazz Records / Indigo (2012)