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reinhard-liebeReinhard Liebe, früher kritischer Liedermacher und Kopf der Gruppen "Der Liebe & seine Leute" und "Augustin", sowie Kabarett-Autor (etwa für Topsy Küppers), starb 65-jährig am 10.11.2011.

 

"Ich wollte und konnte mir leisten, wann immer möglich, ohne Anlage zu spielen. Für mich war das eine totale Befriedigung, dass bei leisen Stücken alle ruhig sind. Das Auftreten ohne Verstärkeranlage war zudem eine Gegenthese zur Popkultur. Einen besonderen Ehrgeiz hatte ich beim Straßenmusizieren." (Reinhard Liebe)

'Da singt heit ana auf da Gassn' ist 1976 als LP erschienen und galt nach Veröffentlichung als Meilenstein des Neuen Wienerliedes und der Dialektliedermacherszene Österreichs. Der Wiener Liedermacher und Autor Erich Demmer schrieb über dieses Album einmal: "Reinhard Liebe hat seinen eigenwilligen Stil aus verschiedenen Elementen geholt: Zu den musikalischen Einflüssen aus alpiner und jiddischer Volksmusik, Folkmusic und Rock tritt als textliches Pendant bestes Wiener Bänkelsänger- und Vorstadtliteratentum. So sind seine Lieder auch keine allgemeinplätzlichen Protestsongs, sondern Reflexionen, die dem Volksmund seine Stimme wiedergeben, über eine städtische Realität, die langsam von den Stadtvätern zugemauert wird: Wien." Und auch mich persönlich, ich war zum Zeitpunkt des Erscheinens seines Albums gerade mal 10 Jahre, beeinflusste Reinhard Liebe enorm, seine Single "Kibara Rock" (A-Seite) / "Wann du net aus Kagran warst" (B-Seite) war für mich lange Zeit ein wahrer Dauerbrenner, und beherrschte meinen Plattenspieler wie kaum eine andere Single aus Österreich. Trotz überschwänglicher Kritiken bekam Reinhard Liebe massive Probleme, da die Plattenfirma Mitspracherecht bei den Arrangements und auch Eingriffe bei den Texten haben wollte, was Reinhard Liebe nicht zustimmte, und in einem Kuriosum mündete: "Die Produktionsfirma Ariola hat den Großteil der ersten und einzigen Auflage der LP vernichtet und später mir gegenüber behauptet, die Masterbänder wären ebenfalls vernichtet worden." Was soweit ging, dass Ariola 'Empfehlungen' an die Vertriebsstellen ausgab, die LP nach Möglichkeit nicht zu verkaufen. Reinhard Liebe im Interview, das wir 2007 führten: "Die Schmetterlinge z.B. konnten sich besser durchsetzen, da sie eine eigene Produktionsstätte hatten. Ich zeigte da leider zu wenig Eigeninitiative." Dazu kam wohl auch, dass die Liedermacherszene in Österreich in den frühen 1970er Jahren sehr übersichtlich war: "Es gab den 'Verein Kritischer Liedermacher', in dem alle drinnen waren, und das waren kaum 20 Leute." Reinhard Liebe ist 1946 in Innsbruck geboren und begann 1970 Ausbildung und Arbeit bei der Bewährungshilfe, ein Jahr später absolvierte er seinen ersten Auftritt als Liedermacher. "Anfang der 1970er Jahre gab es den Folkclub Atlantis und eine Gruppe namens Tiny Folk, die haben mich einmal eingeladen dort zu spielen. Am stärksten beeinflusst haben mich Bob Dylan, Donovan und Franz-Josef Degenhardt." Liebe & seine Leute nannte sich seine Gruppe, die er 1973 gründete, daraus resultierten neben der ersten LP auch die bereits erwähnte Single "Kibara Rock" und die B-Seite "Wann du net aus Kagran warst". Dem folgten diverse Literaturpreise, Hörspiele, Tonträgerveröffentlichungen, sowie Tätigkeiten in anderen Bereichen. So leitete er z.B. von 1981 bis 1990 'Change', die erste Drogenberatungsstelle Mitteleuropas. Im Jahr 2000 ereilte ihn ein schwerer Schlaganfall, er wurde halbseitig gelähmt und überlebte nach wochenlangem Koma nur knapp. Nach 2-jähriger stationärer Rehabilitationen und dem Wiedererlangen der Sprache gab es in Folge auch wieder einige Bühnenauftritte. Reinhard Liebe starb 65-jährig am 10.11.2011. (Manfred Horak)

liebe-leute-singtLink-Tipp:
Reinhard Liebe

CD-Tipp:
Für wen wir singen, Vol. 3
- Da singt heit ana auf da Gassn (Szene Österreich)
Bear Family Rec. (2007; kompiliert von Manfred Horak)