Kulturwoche.at: Frau Shankar, ich gratuliere zum Album "Traveller". Für mich überraschend ist die Kombination ihrer musikalischen Wurzeln mit Flamenco. Nach welchen Kriterien haben Sie die Musiker ausgesucht? Anoushka Shankar: Ich war schon immer sehr neugierig, was Flamenco Musik betrifft und es hat mir immer sehr gefallen. Obwohl ich nicht viel über diese Musik wusste, spürte ich eine Verbundenheit zu ihr, wenn ich sie mir anhörte. Ich hörte eine Theorie über diese Musik, dass vor tausenden Jahren Zigeuner von Indien nach Spanien gereist waren und als Kind ergab dies sehr viel Sinn für mich. Und dieses Projekt gab mir den Anlass, mehr über diese Musik zu lernen und entdecken, und somit diese Verbundenheit zu vertiefen. Ich war größtenteils in Spanien, um dieses Album aufzunehmen, auch in England, in den USA und in Indien. Javier Limón ist einer der größten Flamencoproduzenten in Spanien und war für das Projekt auf instrumentaler Ebene sehr wichtig. Dadurch, dass Flamenco für mich eine komplett neue Welt war, war er eine sehr wichtige Person, der meine musikalischen Träume wahr werden ließ.
Die Sitar steht in Ihrer Musik inzwischen stark im Vordergrund. Wann hat sich das herauskristallisiert? Die Sitar war von Anfang an wichtig für mich, ich habe es immer schon gemocht. Wie sie wissen, war ich ihr quasi seit meiner Geburt ausgeliefert. Ich bin immer zu den Konzerten meines Vaters gegangen und bin mit indischer Musik aufgewachsen. Die Sitar war, mehr als alle anderen Instrumente, am attraktivsten für mich, eben weil sie immer präsent war. Ich habe es auch anderen beigebracht. Um ehrlich zu sein, habe ich im jungen Alter nie an eine musikalische Karriere mit diesem Instrument gedacht, ich habe einfach das Spielen genossen. Doch erst als ich älter wurde, hat sich diese Option herauskristallisiert und da habe ich realisiert, dass ich das Spielen so sehr liebe, dass ich dies möchte.
Sie sind talentiert und haben hart arbeiten müssen, um dort zu sein wo Sie heute sind. Welche Rolle spielt Ihr musikalischer Background? Ich bin mir sicher, dass all dies eine Rolle spielt, denn es macht dich zu dem der du bist, somit waren es alles Einflüsse für mich als Kind und Jugendliche und natürlich die Künstler, die ich getroffen und mit denen ich gearbeitet habe. Es war auch eine Art Lebensstil, da ich im Rahmen von Künstlern aufgewachsen bin, ich hatte immer viel mit Bühnen und Theater zu tun, es war einfach Normalität in meiner Familie. Ich konnte mich in gar keinem anderen Rahmen sehen.
Noch einmal zurück zum neuen Album "Traveller". Mich interessiert, wie sich diese zwei Musikstile arrangieren. Wer passt sich wem und wie an? Jedes Lied erzählt eine andere Geschichte, nicht alles ist gleich. Ich musste Anfangs ein wenig darüber lernen, zumindest das Basiswissen und die Eigenschaften des Flamencos. Gleichzeitig habe ich den Produzenten die Eigenschaften der indischen Musik beigebracht. Mit diesem Basiswissen haben wir begonnen zusammen zu schreiben. Manchmal war es eine große Herausforderung, da die kulturellen Unterschiede gegeneinander prallten und wir mussten einen gemeinsamen Weg finden. Und manchmal hatten wir die Freude, Ähnlichkeiten zu entdecken und wir konnten einfach - in zwei verschiedenen Formen - schreiben. Es war ein langer Prozess, aber es ging nicht nur darum die Ähnlichkeiten zu finden, sondern auch die Unterschiede, und somit beides zu zelebrieren.
Sie haben mit einigen Musikgrößen gespielt und Erfahrungen gesammelt. Wie war z.B. die Zusammenarbeit mit Jethro Tull? Das war wirklich toll. Ich hätte nie gedacht, dass ich eine Tour mit Jethro Tull machen würde, deshalb war es wirklich aufregend und wundervoll. Jethro Tull ist eine wundervolle Band, die eine so vielschichtige Musik macht. Es sind Komponenten von Rock, Jazz und klassischer Musik dabei. Ian Anderson konnte mit mir wirklich gute Stücke schreiben und sie konnten auch einige meiner Stücke mit der Band adaptieren. Es war sehr lustig und eine tolle Lernerfahrung für mich.
Gehen Sie auf Tour mit dem neuen Projekt oder was sind Ihre Pläne für 2011 und das nächste Jahr? Wir werden lange auf Tournee sein, ca. 6 Wochen in Europa, dann einen Monat in Indien, ein Monat in Nordamerika und möglicherweise mehr danach. Also ja, wir werden definitiv mit diesem Album auf Tour gehen. Wir haben eine neue Band, die Indien und Spanien repräsentieren. Ich freue mich schon sehr darauf.
Steht Wien auch auf Ihrem Tourneeplan? Wien konnten wir leider bei dieser Tour noch nicht berücksichtigen, aber wir planen für 2012 eine zweite Europatour, um Städte zu inkludieren, die wir nicht bekommen konnten. Ich hoffe es, denn ich mag Wien sehr gerne.
Interview: Camillo Tossoukpe
CD-Tipp: Anoushka Shankar: Traveller Musik: @@@@@ Klang: @@@@@ Label/Vertrieb: Deutsche Grammophon/Universal (2011) Link-Tipp: Anoushka Shankar |
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