ferry-bryan-11-rainer-rygalZwei Tänzerinnen, zwei Sängerinnen und Sieben Musiker/innen, darunter die Roxy-Music-Weggefährten Drummer Andy Newmark, Keyboarder Colin Good und Gitarrenlegende Chris Spedding, füllten am 3.7.2011 die Bühne der Wiener Staatsoper und breiteten die weitflächigen Soundideen von Bryan Ferry präzise und nahezu perfekt aus.

Die Menschendichte auf der Bühne war zugleich auch Sinnbild für die musikalische Dichte in der Live-Performance. Da blieb kaum Platz für freies Spiel, jede/r hatte seinen fixen Platz im Soundentwurf und dennoch verkam das Konzert nicht zu einer unterkühlten Melange aus dem Roxy Music / Bryan Ferry Katalog. Das lag auch daran, dass Bryan Ferry wie kaum ein anderer aus dem Rock-Zirkus hervorragend in die Wiener Staatsoper passt. Der Glamour in seiner Musik und der Glamour in der Location ist die dekadente Versinnbildlichung par excellence. Das Dargebotene wechselte ausgewogen zwischen Coverversionen und Eigenkompositionen, beginnend mit dem 1956 von Screamin' Jay Hawkins geschriebenen "I Put A Spell On You" (Bryan Ferrys Studioversion ist auf dem Album "Taxi" von 1993 zu hören), das nahtlos in Ferrys "Slave to Love" überging. Zwei Lieder von Bob Dylan ("Tom Thumbs Blues" und "Make You Feel My Love") standen ebenso am Programm wie "Like a Hurricane" von Neil Young bis hin zum Shuffle-Style Rhythm'n'Blues "Let's Stick Together" von Wilbert Harrison aus dem Jahr 1962, das für Ferry wiederum ein Riesenhit im Jahr 1976 wurde und natürlich das Konzert beendende Lennons "Jealous Guy", dem einzigen Nummer-Eins-Singlehit für Roxy Music (1981). Dazwischen gab es ein Potpourri an eigenen Liedern vom ersten Roxy Music Album bis zum aktuellen Bryan Ferry Album Olympia. Damit all diese großen Lieder auch live groß blieben, dafür sorgte eine alleine von der Zusammenstellung her erstaunliche Band (mit Ausnahme des Bassisten) in Doppelbesetzung, Motto Jung trifft Alt. Chris Spedding, der Mitte der 1970er Jahre mit "Motor Biking" und "Jump in my Car" Top-Hits landete, als Nachfolger von Mick Taylor bei den Rolling Stones im Gespräch war, die ersten Demoaufnahmen von den Sex Pistols produzierte und überhaupt auf mehr als 200 Alben als Produzent und Musiker (u. a. bei Tom Waits, Laurie Anderson, John Cale, Jack Bruce, Marianne Faithfull, Roxy Music, Bryan Ferry) zu finden ist, spielte kolossale Licks. Ihm gegenüber stand der 1988 in England geborene Oliver Thompson, dessen Gitarrespiel jene symptomatischen Feinheiten aufweist, die in der Musik von Ferry so notwendig sind. Die im Jahr der Veröffentlichung des letzten Roxy Music Albums, "Avalon", im australischen Sidney geborene Jorja Chalmers rückte mit ihrem Saxofon immer wieder in den Bühnenmittelpunkt und bediente wie ihr älterer Musikerkollege Colin Good die Keyboards, während an den Drums der Kurzzeit-Roxy-Music Musiker Andy Newmark und Tara Ferry (der Sohn des Sängers) saßen. Dieser Generationen verbindende Gedanke belebt das Songrepertoire aus dem Hause Ferry / Roxy ungemein und verhindert eine Starre. So fanden sich denn auch in diesen festen Strukturen doch immer wieder Wege instrumentale Freiheiten auszuleben. Wie erwähnt wenige, aber immerhin. Der schönste Moment war wohl jener als Bryan Ferry am Piano ein langes Intro zu "My Only Love" intonierte, gleich dahinter die romantischen Stimmungsbilder von Dylans "Make You Feel My Love", der instrumentale Jazzausflug in "Tara" (aus dem "Avalon" Album), das in Ästhetik und Stil formvollendete "You Can Dance" vom "Olympia" Album, und der Geniestreich "Bitter-Sweet" vom Roxy Music Album "Country Life" (1974) mit der ewigen Textzeile "Nein - das ist nicht / Das Ende der Welt / Gestrandet an Leben und Kunst / Und das Spiel geht weiter / Wie man weiß / Noch viele schönste...Wiedersehen." Beim Jazzfest Wien 2011 zu hören war im Tanzsaal der Eitelkeiten also ein wegweisender Künstler, der zeigte, wie es lang geht. (Text: Manfred Horak; Fotos: Rainer Rygalyk)



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