mit den Schlagworten:

wiesen_gelaendezeltMit dem Spätsommer wird es dann wohl nichts mehr. Die Temperaturen sinken stetig, die Sonne lässt sich nur noch sporadisch blicken, der Herbst schreitet mit großen Schritten durchs Land. Na dann holen wir uns den Sommer doch wenigstens in Gedanken zurück: Hier ein kleiner Rückblick auf die Nova Jazz & Blues Night 2010 in Wiesen.

 

Das Wetter...

...nicht vor 15 Jahren, sondern noch vor einigen Wochen: heiß, heißer, am heißesten. Sonnenschein, Badestrand, Wasserplantschen und Hitzeschlag. So jedoch leider nicht bei der Nova Jazz & Blues Night 2010 in Wiesen. Da hat der liebe Wettergott wohl gedacht: "Machen wir doch einen auf Woodstock!" Und wie das alteingesessene Festival-Gelände im burgenländischen Wiesen zumeist  bekannt ist, so auch diesmal: nass, kalt und grau. Und matschig! Schon in den frühen Morgenstunden versteckte sich die Sonne lieber hinter großen, grauen Wolken. Den ganzen lieben Tag lugte sie dann nur stellenweise hervor und hinterließ die wohlgemuten, fest eingepackten Festival-Gäste ihrem Ausrüstungsschicksal. Das schien diese jedoch nicht weiter zu beschäftigen, pilgerten doch tausende zu Fuß, mobil oder bereits stolpernd - aufgrund vorwiegend flüssiger Nahrungsaufnahme - gen Eingang.

Die Leute

Vor der "Passkontrolle" dann das nächste Hindernis: eine eeeewig lange Schlange von wartenden Menschen. Doch auch das beeindruckt einen willigen Festival-Besucher wenig. So steht man dann halt - wartend, plaudernd, trinkend (die eigenen Reserven müssen ja noch entleert werden, bevor man eintritt) und bereits jetzt schon frierend - vor dem Eingang. Alles kein Problem! Die Vorfreude auf musikalische Größen in geballter Ladung lässt die Sonne im Herzen strahlen und wärmt somit von innen. Einmal durchsucht kommt man dann auch nicht mehr so schnell raus. Oder zumindest wieder rein. Denn das Ticket ist ja one-way. Also macht man es sich rund um die Bühne so gemütlich es eben geht. Ein Bierchen hier, ein Schnitzerl da, kurz mal bummeln bei den kleinen, typischen Festival-Standln - Taschen, Tücher & Co. - auf die Wiese, von der aus man noch immer eine super Sicht auf die Bühne hat (!), dann doch wieder auf, weil es ein bisserl kühl wird, ...ja, und so vertreibt man sich eben die Zeit, bis endlich die Musik losgeht!

Die Musik...

...das, worum es ja eigentlich geht bei diesem ganzen Spektakel! Ein Wahnsinns Line-Up ist angekündigt. Und heuer scheint es sogar ohne weitere Komplikationen zu allen angesagten Auftritten zu kommen. Wie man sich 6 ca. 1 ½ -stündige Auftritte bei vollem Bewusstsein ansehen und -hören kann ist mir jedoch jetzt schon ein Rätsel. Deshalb beginnen wir slowly, slowly mit Rodney Hunter, Count Basic und Incognito zum Einstimmen und Mitschwingen. Wenig überzeugend, aber angenehm im Hintergrund zu Schnitzerl & Co. vernehme ich diese Gruppen als Einstieg in den Jazz- und Blues-Marathon. Nach Stärkung und Einklang und zunehmend kühlerem und feuchterem Wetter dürfen wir the godfather of spoken word Gil Scott Heron auf der Bühne begrüßen. Zunächst nur mit seinen wohlbekannten Freunden Piano und Mikrofon auf der Stage, erfüllt der mittlerweile über 60-jährige den Raum mit seiner immensen Ausstrahlungskraft und Sympathie. Versunken in seinen durchaus sozialkritischen Texten, wird der Amerikaner eins mit seinem Instrument und vollzieht einen Auftritt der Sonderklasse. Später begleitet von 2 mindestens genauso hin- und mitreißenden Kollegen seines Alters, fühlt man sich mitten im österreichischen Erdbeer-Eldorado wie in einem verrauchten, verruchten Club im Chicago der 70er-Jahre. Zurück in der Realität, dem kalten Österreich, ist eine Pause angesagt, bevor die Pariser Gotan Project das Ruder in die Hand nehmen. Doch so schnell kann man gar nicht schauen, entführt diese Live-Tango-Elektro-Band in die endlosen Weiten Argentiniens. Also nichts mit Frieren und Husten. Feuer, l'amour und ein Auftritt mit optischem Hochgenuss sind angesagt! Ganz in Schwarz stürmen die Franzosen die Bühne, legen eine Performance hin, die alle Erwartungen übertrifft und sind dann auch schon wieder weg. Und wir finden uns langsam wieder - ... - frierend und hustend und nach einem trockenen Plätzchen vor der Bühne Ausschau haltend. Denn nun hat der Wettergott wohl erkannt, dass es so nichts mit Woodstock wird und hat nochmal einen draufgesetzt. Kübel von Wasser regnet es jetzt vom nächtlichen Himmel. Die Temperaturen sind tief, doch die Stimmung der Gäste bleibt hoch. Kein Wunder, denn in Kürze beehren Jamiroquai die Heimat. Voller Vorfreude tummeln sich tausende Menschen unterm Bühnenzelt, tratschen, lachen, singen, ...die Stimmung ist einfach genial!

Und dann der langersehnte Moment...

...Dunkelheit, die ersten Takte und Action! Blinkende Lichter, Partymucke und ein mit Federn geschmückter Wirbelwind, gut gelaunte Festival-Gäste und ein vor Leben und Energie sprühender Jay Kay - das ist ein Jamiroquai-Auftritt wie er im Buche steht! Doch nach einigen Minuten wird klar: Mister Jamiroquai ist nicht ganz zufrieden mit den Zuständen auf der Bühne. In seine einzigartigen Tanzchoreographien verpackt er Zeichen und Hinweise für die für den Sound on stage verantwortlichen Tonmeister. Unwissend tobt und tanzt das Publikum weiter. Die Miene des Frontmanns wird zunehmend ernster und verbissener. Doch der zieht seine Show durch. Und ja, man kann es besten Wissens und Gewissens reine Show nennen, denn was der britische Musiker da oben vollzieht ist ein Schmankerl für jeden Kritiker: er fuchtelt und deutet auf Monitore, stampft vom einen zum nächsten, tippt auf sein Headset und singt dabei unbeirrt weiter. Ja, ja, das ist wahres Können. Doch irgendwann platzt auch einem jeden Profi der Kragen und dann ist Schluss mit Lustig. Nach 4 Nummern tanzen, tippen, stampfen, deuten, singen und sogar einer kurzen verbalen Aufforderung inmitten eines Songs, die Monitore lauter zu drehen, reicht es dem Superstar und der stapft einfach selbst zum Mischpult. 5 Sekunden später hüpft er wieder auf die Bühne und das Spektakel geht weiter. Besser wurde es, der Mimik des Künstlers nach zu urteilen, anscheinend trotzdem nicht. So spielte er eben das Set (inklusive Zugabe) mehr oder weniger runter - zuweilen ließ er den Gesang einfach weg und galoppierte wieder hinters Mischpult - verabschiedete sich mit einem kurzen "Dankeschön" und das war's. Aus die Maus. So einen bizarren Auftritt hab ich persönlich noch nie erlebt: eine total unzufriedene Diva, die innerlich vor Wut zerplatzt und dennoch einem frierenden, lange wartenden Publikum einen hitzigen, schwitzigen Abend mit einzigartiger Show und Party verpasst. Bravo Jay Kay! Schade um die Aufregung... (Nathalie Wessely)

Kurz-Infos:
The Nova Jazz & Blues Night 2010 Wiesen
24. Juli 2010
Bewertung: @@@@