simonekopmajer2010-1Verkehrte Welt: Während Simone Kopmajer in den letzten Jahren in den USA und Asien große Erfolge feiert, hat sich die steirische Jazz-Sängerin in heimischen Gefilden ziemlich rar gemacht. Das soll sich nun mit "Didn't You Say" und verstärkter Live-Präsenz ändern. Im Interview mit Robert Fischer erzählt Simone Kopmajer über ihre neue CD, Kunst & Kitsch und ganz besondere Konzerterlebnisse in Asien.

Kulturwoche.at: Auf Ihrer tollen neuen CD "Didn't You Say" (siehe auch CD-Kritik ) stehen klassische Jazz-Standards, Pop-Songs und Stücke mit Country-Touch gleichberechtigt neben ihren eigenen Kompositionen. Trotzdem klingt das Ganze wie aus einem Guss. Wie kam dieser ungewöhnliche Mix zustande?

Simone Kopmajer: Das ist ganz einfach. Das sind alles Songs, die mir sehr am Herzen liegen. Ich habe einfach meine liebsten Stücke zusammengesucht und das Album ist eigentlich zufällig entstanden. Ich suche in der Vorbereitung 30 bis 40 Stücke aus, dann werden es immer weniger, 15 sind davon übergeblieben. Diese 15 haben wir dann aufgenommen, und 14 davon sind jetzt auf der CD.

Mit dem Pianisten John Di Martino, der auf "Didn't You Say" auf allen Stücken zu hören ist und auch als Co-Produzent an den Aufnahmen beteiligt war, haben Sie schon öfter zusammengearbeitet, oder?

Mit John Di Martino ist es jetzt schon die sechste CD, wir arbeiten bereits seit ca. 10 Jahren zusammen. Er ist auf all meinen CDs zu hören, und ja, er ist für mich ein kongenialer Partner. Ich mag es sehr, wie er begleitet, seine Art zu spielen. Für mich als Sängerin ist es wunderbar, mit Ihm zu arbeiten. Auch die anderen Musiker kenne ich schon von früheren Produktionen. So wie Schlagzeuger Tim Horner. Zum ersten Mal war nur Bassist Richie Goods dabei. Da sind einerseits Musiker, die ich in New York gehört habe und mir gut gefielen, dann kamen noch Vorschläge von John, und so haben wir gemeinsam die Musiker für "Didn't You Say" zusammengestellt.

In Ihrem Genre ist es eigentlich recht ungewöhnlich, dass die Künstlerin selbst auch als Co-Produzentin auftritt. Meistens ist da ja in den Credits ähnlicher Produktionen ein klingender Produzenten-Name zu lesen. Wie kam es dazu?

Ja, stimmt! [lacht] Das hat sich einfach so ergeben. Wir hatten schon vorab so viele Ideen, und normalerweise war immer ein Produzent bei den Aufnahmen dabei, aber diesmal haben wir gesagt: Nein, wir machen es selbst! Die Arrangements waren zum Teil schon vorhanden, von Konzerten die wir gemeinsam gespielt haben, und deshalb war unser Motto: Gehen wir ins Studio und nehmen wir dieses Programm auf. Und das hat gut funktioniert.

Witzigerweise ist auf "Didn't You Say" auch "Ghost In This House", ein Song,  der von der Country- und Bluegrass-Sängerin Alison Krauss, aber auch von Rebekka Bakken, her bekannt ist, zu finden. Wo haben Sie diesen Song entdeckt?

Ich war gerade für Auftritte ein paar Wochen in den USA, und bin mit einem Leihwagen von Konzert zu Konzert gefahren. Beim Fahren habe ich einmal einen Country-Sender erwischt und dieses Stück "Ghost In This House" gehört. Und am Schluss hat es dann geheißen, das ist von Alison Krauss [geschrieben hat den Song allerdings Hugh Prestwood; Anm.]. Nach meiner Rückkehr nach Österreich habe ich mich dann auf die Suche nach dem Song begeben, und weil ich ihn nicht gleich gefunden habe, habe ich mir die Akkorde dazu selbst rausgesucht und runtergehört. Dann schlug ich den Song John Di Martino vor, und obwohl er den Song nicht kannte, habe ich Ihn dann überzeugt, "Ghost In This House" aufzunehmen. Jetzt er ist er selber auch ganz begeistert davon.

Das Titelstück von "Didn't You Say" haben Sie selbst komponiert, und ich habe gelesen, das ist auch Ihr persönlicher Favorit auf dem Album, oder?

Na ja, Lieblingsstück - man hat halt mehr Bezug zu einem Song, wenn man ihn selbst geschrieben hat. Aber er gefällt mir schon gut, das ist so ein bisschen im alten Count Basie- bzw. Freddie Greene-Stil, ganz traditioneller Jazz, auch vom Text her. Den Text hat Caroline Türk verfasst, sie ist Lehrerin in Graz, sehr musikbegeistert und hat mir angeboten, falls ich einen passenden Song habe, würde sie gerne einmal probieren, einen Text dazu zu machen. Es geht darum, dass ein Mann einer schönen Frau alles Mögliche verspricht, und am Schluss merkt sie, dass nichts davon eingehalten wurde. [schmunzelt] Ich finde, das ist eine liebe Story.

Gibt es bei so wunderschön eingespielten Pop-Songs und Jazz-Standards wie auf "Didn't You Say" manchmal nicht die Gefahr, dass man vor lauter Wohlklang ein wenig in den Kitsch abgleitet? Böse Zungen könnten behaupten, dass sich manche Songs Ihres Albums auch perfekt als Hintergrund-Musik in einem Restaurant eignen würden.

Ja, das würde sicher gehen [lacht]. Ich denke da einfach anders. Schöne Musik ist schöne Musik und wird es auch immer bleiben. Man sollte die Liebe zur Musik spüren, die der Künstler vermittelt, und ich hoffe, das kommt auf meinem Album rüber. Wenn man hinter der Musik steht, die man macht, dann wird, glaube ich, keine Musik kitschig. Dann passt das. Ich höre z.B. selbst gerne Diana Krall. Das ist gut gemacht und irrsinnig schön musiziert. Simpel, aber perfekt. Ich glaube, es ist das Schwerste für einen Musiker, den einfachen, simplen Song so zu spielen, dass er nicht in den Kitsch abgleitet. Das ist eine kleine Herausforderung für jeden Musiker.

Ist das vielleicht in etwa so, wie wenn man ins Kino geht, sich eine leichte Komödie ansieht, die gut gemacht ist, und darüber seine Sorgen vergessen kann? Nachher geht man unbeschwert aus dem Saal. Ist das ein passender Vergleich?

Ja, auf jeden Fall [lacht]! Der Vergleich passt!

Ihre musikalischen Einflüsse reichen von Frank Sinatra über Jon Hendricks und Mark Murphy bis Ella Fitzgerald. Gibt es auch Künstler aus der aktuellen Jazz-Szene, die Sie sehr mögen? Haben Sie da vielleicht einen Geheimtipp parat?

[Lacht] So einen  richtigen Geheimtipp? Keine Ahnung! Aber was mir zurzeit sehr gut gefällt, ist eine Kollegin von mir, Gretchen Parlato, die gerade ihre zweite CD ["In A Dream"; 2009; Anm.] herausgebracht hat. Mit ihr war ich schon öfters gemeinsam bei Tourneen unterwegs. Keine Ahnung, ob die in Europa schon bekannt ist? Das ist sehr hörenswert!

Stimmt der Eindruck, dass Sie sich im deutschsprachigen Raum bzw. am CD-Markt in der letzten Zeit ein wenig rar gemacht haben? Es war zwar bekannt, dass Sie in den USA und Asien große Erfolge gefeiert haben, aber die dazugehörigen CDs waren bei uns nicht wirklich erhältlich. Das ändert sich jetzt mit "Didn't You Say" - warum hat das so lange gedauert?

Ja, das war ganz witzig. Meine CDs sind zwar in Japan und Amerika veröffentlicht worden, aber dann ist es immer am Vertrieb gescheitert, deswegen waren meine Alben in Österreich und Deutschland nicht erhältlich. Das war der Grund. Ehrlich gesagt, ist es ein wenig meine Schuld, ich habe mich zuwenig darum gekümmert. [lacht] Ich hatte viel zu tun, war oft im Ausland, und habe mich deswegen einfach nicht darum gekümmert. Erst vor zwei bis drei Jahren, als mir die Leute immer wieder gesagt haben, dass sie meine Alben nicht kennen, habe ich dieses Manko bemerkt, da ist mir aufgefallen, dass ich in meinem eigenen Heimatland so gut wie unbekannt bin und da habe ich mir gedacht, das sollte ich vielleicht ändern. Ich hoffe, dass ich in Zukunft auch wieder mehr auf den heimischen Konzertbühnen präsent sein werde.

Ihre Erfolge in Japan haben Sie schon erwähnt. Ende 2009 haben Sie auch noch eine große Tournee durch Thailand absolviert. Haben Sie eine Erklärung für Ihren großen Erfolg in Asien?

Ich glaube, dass die Menschen dort ein großes Verständnis für Jazz haben. Gerade in Japan werden Sachen, die aus Europa kommen, ganz hoch angesehen. Ich merke, dass wir da fast vor den Amerikanern liegen. Alleine auch wegen der klassischen Musik. Wenn man in Japan sagt, dass man aus Europa kommt, wird das hoch geschätzt. Da hat meine Musik gut gepasst und ich hatte das Glück, zur richtigen Zeit am richtigen Ort zu sein. Japaner mögen auch gerne ruhigere Platten, melodiöse Sachen und ich glaube, da fällt meine Musik ganz gut hinein. Und die Japaner mögen auch traditionellen Jazz sehr, angefangen von Glenn Miller etc.

Durch Ihre internationalen Erfolge sind Sie ja viel auf Tournee. Leben Sie eigentlich noch in Österreich?

Ja, ich lebe noch in Österreich. Natürlich bin ich viel unterwegs, aber hier ist mein Hauptwohnsitz, hier ist meine Familie und hier sind meine Freunde. Deswegen bin ich in Österreich geblieben.

Die Musikindustrie klagt schon länger über sinkende Umsätze. Spüren Sie das auch bei Ihren Produktionen?

Nein, es wird eher etwas leichter, auch durch Downloads usw. Weil meine CDs zuerst im Ausland erschienen sind, ist es jetzt erst durch die Downloads möglich, sie überall zu bekommen. "Didn't You Say" wird weltweit veröffentlicht und ich finde das eigentlich ganz gut, dass man die CDs durch das Internet leichter bekommen kann. Aber es stimmt natürlich, dass die Verkäufe zurückgegangen sind. 2008 und 2009 haben sich wenige Plattenfirmen an große Produktionen gewagt. Ich bestreite mein Leben zu gleichen Teilen aus den Einkünften aus meinen Konzertreisen und den CD-Verkäufen.

Sie sind konzertmäßig wirklich schon viel herumgekommen. USA, Asien, Australien, Europa. Sogar auf den Bahamas sind Sie schon einmal aufgetreten. Gibt es da ein Konzerterlebnis, das Ihnen besonders in Erinnerung geblieben ist?

Eigentlich war alles sehr schön, ich kann da gar nicht unbedingt eine Situation herausgreifen. Aber besonders in Erinnerung bleibt mir ein Auftritt in Spanien vor einigen Jahren in Zaragoza. Da haben wir am Jazz-Fest ein Doppelkonzert mit Richard Bona gespielt und das war wirklich ein sehr schönes Erlebnis. Und die letzte Thailand-Tournee war auch sehr berührend, vom Publikum her, von der Mentalität, von der Freundlichkeit der Leute. Das war irrsinnig schön für mich.

Danke für das Gespräch! (Das Interview mit Simone Kopmajer führte Robert Fischer)

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simonekopmajer_cover3-2010CD-Tipp:
Simone Kopmajer: Didn't You Say
Musik: @@@@@
Klang: @@@@@@

Label/Vertrieb: Redange Records / G-Records / Edel Kultur (2010)