Das Hip-Hop-Duo "Herr von Grau" aus Berlin, dessen Produktivität seines Gleichen sucht, ist in Österreich wahrscheinlich kaum jemandem bekannt, doch das sollte sich schleunigst ändern, denn HvG hat nämlich einiges auf dem Kasten. Bestens nachzuhören auf dem Album "Revue".
Seit fast zwei Jahren kennen sich Benny und Kraatz und arbeiten seitdem zusammen. Bis dato wurden drei fabelhafte Alben auf die Beine gestellt. Nach dem Debüt "Blumenbeet" und dessen Nachfolgern "Internetmusik" sowie "Heldenplätze" ist soeben das vierte Werk, "Revue", auf den Markt gekommen. "Herr von Grau" steht für überwiegend sinnreiche, tief greifende und teilweise auch politische Texte. Die Beats sind, mit den vielen Instrumentalsamples von Streichern, über Blechbläser bis hin zu Klavierpassagen, so vielfältig wie die Worte, mit denen mal alltägliche und mal extreme Veränderungen des Lebens beschrieben werden. Wurden auf den letzten Tonträgern eher generelle politische Themen in einigen Songs erörtert, so ist auf "Revue" ein ganzes Stück für einen speziellen Vertreter reserviert worden. Der Text von "Guido" spiegelt in etwa das wider, was ich mir selber bei der Verkündung des Wahlergebnisses für den Deutschen Bundestag gedacht habe. Normalerweise findet man auf einem "Herr von Grau"-Album auch noch mindestens ein religionskritisches Stück. In der Vergangenheit überzeugte der Song "Klebeband", in dem es um die Schranken und Grenzen geht, die zu extremes religiöses Denken aufwirft. Wahrscheinlich hätte Mark Twain an diesem Track auch seine Freude gehabt, stammt doch das Zitat "Der Mensch ist ein religiöses Tier. Er ist das einzige Tier, das seinen Nächsten wie sich selbst liebt und ihm die Kehle durchschneidet, wenn seine Theologie nicht stimmt" von ihm. Auf "Revue" sind die politischen Themen nun eher rar gesät, dafür bekommt man einen direkten Einblick in das Hirn und das Leben des Texters. Durch die harmonischen Melodien und herrlichen Wortspiele in "Das Schloss" und "Ruf die Bullen" beweisen Herr von Grau ein Mal mehr, dass sie durch ihre Musik Stimmungen perfekt transportieren. Wichtig auch die Aussage von "Risiko". Der Song, ein einzigartiges Zusammenspiel von melodischem Sound und hervorragendem Text, warnt davor das Leben zu sehr darauf auszurichten, sich in finanzieller Sicherheit zu befinden und darüber hinaus sich selbst zu vergessen. Hochachtung verdient indessen auch "Trauermarsch", denn es gehört schon viel Mut dazu solch tiefe Gedanken und Gefühle zum Thema Abtreibung mit den Hörern zu teilen. Alles in allem sind die 15 Songs, die sich zwischen Anfang und Ende auf "Revue" erstrecken mal wieder eine erfrischende Meisterleistung auf der Bühne des deutschsprachigen Hip Hop. Es sind zwar diverse Live-Auftritte angesetzt, aber leider findet keiner davon in Österreich statt. Also: "Revue" kaufen heißt die Devise, damit die grauen Herren auch uns bald beehren. Es lohnt sich. (Katja Kramp)
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