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only-son-dishelDass Bob Dylan seine Songs in ein paar Minuten geschrieben hat ärgert ihn. Doch tröstet er sich damit, dass Leonard Cohen länger braucht. Jack Dishel aka Only Son scheint mit seinen bergkristallklaren Augen und der Lockenmähne den Telecaster wummernden 70ern entstiegen. Aus New York berichtet Denise Riedlinger.

 

Der in New York geborene Ex-Grafitti Künstler und Songwriter, auf Tour mit Adam Green und Regina Spektor, und gefeatured am Soundtrack des Indie-Filmhits "Juno", sagt von sich: "Ich bin sicher nicht der Typ der den Finger am Puls der Stadt hat. Ich kenne viele Menschen hier und finde sie spielen alle fantastisch."

Der Rock and Roll Gott

Es wäre nicht New York, wenn nicht mindestens ein "Star" im Publikum wäre.
Regina Spektor tanzt. Die in New York lebende Sängerin und Pianistin, auf Pause von ihrer Welttournee, ist an diesem brütend heißen Mittwochabend des 7. April 2010 im Bowery Electric, diesem kleinen, sehr erlesenen Klub an der Lower East Side, um ihren Freund, den Songwriter Jack Dishel aka Only Son abzufeiern. Der hat sich für seine Residency die Synthie Pop Kings Jupiter One, Vokalakrobat Reggie Watts und das Electronic Duo Exit Music an seine Seite geholt. Alle schwitzen. Only Son sieht trotzdem aus wie der Rock and Roll Gott persönlich. Der Asphalt New Yorks ist buchstäblich am Kochen. Selbst für New York sind 35 Grad Celsius im April recht hoch. Zu hoch. Auf der Lower East Side geht der Verkehrslärm in der Hitze unter. Trotzdem häuften sich um die Bowery Electric an der Ecke zur 2nd Street immer mehr Leute an. Only Son at Bowery Electric lockt selbst an einem Mittwochabend aus den mehr oder weniger klimatisierten Studio Appartements. Exit Music erinnerten an die ferne Zeit als man beim Anblick eines Laptops auf der Bühne noch vor Ehrfurcht erstarrte. Allerdings integriert das Duo die Elektronik in seine melancholischen Balladen weitaus homogener, Sängerin Aleksa Palladino bedient sich abwechselnd an Synthesizer und Drumpads, Langzeitpartner und Gitarrist Devon Church versteht es den dunklen, an Lamb und Portishead angelehnten Sound des aus Los Angeles stammenden Duos zu definieren.

Spaß-Sound mit Jazzsolos und schriller Stimme

In der Pause hetzt Dishel, Amplifier und Drumsets schleppend, hin und her, hier und da ein paar Worte mit Freunden und Fans wechselnd, hilft Jupiter One, der Band des Japan-Amerikaners K Ishibashi, beim Aufbauen. Die Musik von Jupiter One lässt sich am besten über die
jupiter-one-dishelInstrumentierung beschreiben: Nicht ein, gleich zwei original Roland Junos, legendäre analogen Synthesizer, wurden angeschleppt, seine Geige verkabelt K gerne mit Effektpedalen aller Art. Der stark von New Wave beeinflusste Spaß-Sound der Band ist geprägt von Ks leicht schriller Stimme, die vom Publikum fast zu fordern scheint dass es die Musik nicht zu Ernst nimmt. Dass hier exzellente Musiker am Werk sind hört man allerdings spätestens, wenn sich in den two-beat plötzlich interessante, atmosphärische Jazzsolos einfügen. Jupiter One stehen für hunderte Bands die sich an der Energie einer Dekade laben, und ihre intellektuelle Herangehensweise an dieselbe recht gut verbergen.

Ich habe die Stadt kennen gelernt indem ich auf ihr geschrieben habe

Nachdem auch Jupiter One ihr Set beendet haben, hat Only Son kurz Zeit für ein Interview: "Ich bin gebürtiger New Yorker, und es ist immer noch eine Riesensache für mich, ich liebe diese Stadt. Es gibt hier einen Spirit den ich nirgends sonst fühle. New York ist in mir, ich trage es in meiner Person. Menschen von überall kommen hierher dieser Qualität wegen, für die ich keine Worte finde. Ich war früher Grafitti Writer, ich habe die Stadt kennen gelernt indem ich auf ihr geschrieben habe. Inzwischen habe ich zur Gitarre gewechselt. Ich spiele aber nicht die besten Instrumente. - Du kannst die beste Gitarre haben, manchmal ist die Hose die Du auf der Bühne anhast aber ebenso wichtig wie Dein Instrument, beides muss authentisch sein. Ich glaube auch, dass nicht Du die Musik wählst, sie wählt Dich. Ich habe keine Wahl, ich MUSS Musik machen, das ist mehr als etwas nur zu wollen. Es ist eine Notwendigkeit. Manchmal bin ich frustriert dass Bob Dylan seine Songs in wenigen Minuten schrieb. Dann aber denke ich, Leonard Cohen hat auch lange gebraucht." Danach ist es soweit, Dishel geht auf die Bühne. Die Residency in seinem Lieblingsklub für lokales Publikum, unter ihnen viele Freunde und Musikerkollegen, ist für ihn etwas Spezielles. Seine Musik, klassische Rocksongs, ist solide, nichts Besonderes, aber was es ausmacht sind die Hosen. Oder vielmehr - die Augen. Dieser Mann hat Augen die einen mit einer unwiderstehlichen Direktheit ansehen und doch Lichtjahre weit entfernt wirken. Das Lächeln, die Bühnenpräsenz und die intelligenten Texte unterscheiden Only Son von so vielen anderen New Yorker Rock Acts.

Beatboxer und Komödiant

reggie-watts-nyDen Abend beendet Reggie Watts. Noch nie gehört, denke ich mir. Abgesondert und in sich gekehrt ist dieser Typ den ganzen Abend da gesessen, dass er der vierte Act ist überrascht mich. Und wie er überrascht. Nach 30 Sekunden hat Reggie Watts die 100 dicht gedrängten Menschen in diesem kleinen Klub gepackt und lässt sie für die nächsten 30 Minuten nicht mehr los. Dieser Künstler, Sänger, Beatboxer und Komödiant hat seine vielen Alter Egos bis ins kleinste Detail ausgelotet. Eingebettet in mit der Loop Station eingesungene, in Jazz, Dub, Doo-Wop und Hip Hop beheimatete Arrangements gibt er den schwulen Showmoderator mit dem falschen britischen Akzent, einen "Rap" mit relativ vielen Fäkalreferenzen und stimmliche Drumsolos die einen jeden Alltagsstress vergessen lassen. Das Rezept soulige Stimme, Loop Station, Delay und Vocal Beats geht voll auf. Punkt Mitternacht ist die Show vorbei. Dishel wirkt entspannt und kein bisschen müde. Von allen Seiten regnet es Gratulationen und nette Worte. Denn was New York, neben dieser unbeschreiblichen Qualität, noch ausmacht ist, dass, wenn man hier was wirklich Gutes auf die Beine stellt, man die Liebe spürt. (Denise Riedlinger)