pina_teaserIm Interview verriet Pina, warum Steve Earle als Produzent keine Alternative war und wer einer der größten Fans ihrer kleinen Tochter Luise ist…

Volles Haus im spätsommerlich-schwülen "Vorstadt"-Gasthaus, aber ein kleines Mädchen mit blonden Haaren drängt sich tapfer durch die Menge in die erste Reihe, um die beste Foto-Position zu ergattern. Ehrensache, wenn der Star auf der Bühne die eigene Mutter PINA ist, und an diesem Abend vor vielen Journalisten, Freunden und Verwandten mit kleiner Band ihre neue CD "Guess You Got It" (Real World/EMI) präsentiert. Zweiter Teil einer Erfolgsgeschichte, die 2002 mit der Veröffentlichung des Debüts "Quick Look" auf dem Label von Peter Gabriel begonnen hat. Nachdem Pina jahrelang ohne großen Erfolg durch die Wiener Clubs getingelt war, suchte Sie Ihr Glück im Ausland. Nach einem Umzug nach Irland hörte zufällig Peter Gabriel einen Song von Pina und verpflichtete sie daraufhin sofort für sein neues Weltmusik-Label Real World.Pinas Debüt "Quick Look" wurde ein internationaler Erfolg, nach Auftritten in ganz Europa, und begeisterten Reviews vor allem in der britischen Musik-Presse, wurde kürzlich der Nachfolger "Guess You Got It" veröffentlicht.

Kulturwoche.at: Was war dein Ziel für die neue CD "Guess You Got It" im Unterschied zu deinem Debüt "Quick Look"? Was wolltest du verändern?

Pina: Ich wollte für die neue CD mehr Energie und Dynamik, mit Hilfe des Tempos und der Stimmlage. So habe ich zum Beispiel mit der Stimmlage experimentiert, da ich neue Sachen ausprobieren wollte und hatte dabei auch das Glück, dass ich bei dieser CD Zeit für Experimente hatte, da wir den größten Teil bei mir zu Hause aufgenommen haben, mit Ausnahme der Schlagzeugparts, und der Stimme, die im Studio eingespielt wurden. Mir war die Energie wichtig. Die Stimme musste sich im Unterschied zu "Quick Look" in die Arrangements anpassen, während im Gegensatz dazu bei "Quick Look" die Stimme das Hauptinstrument war, dem sich alles untergeordnet hat. Der Fokus sollte diesmal mehr auf den Songs liegen. Außerdem habe ich alle Songs für die neue CD auf dem Klavier geschrieben, während sämtliche Songs von "Quick Look" auf der Gitarre komponiert wurden.

Seit wann spielst du Klavier?

Ich habe schon als Kind mit dem Klavierspielen angefangen, weil bei uns zu Hause ein altes, verstimmtes Klavier herumgestanden ist. Ich hatte mir einfach Noten besorgt und angefangen, den "Entertainer" oder die "Moldau" von Smetana zu üben. Aber richtig "gelernt" habe ich es damals noch nicht. Später, als ich noch in Wien lebte, hat mir eine Bekannte ein Klavier günstig überlassen, erst dann habe ich am Schubert-Konservatorium richtig Unterricht genommen und z.B. Sachen von Michael Nyman gespielt. Dieses Klavier musste ich aber wieder verkaufen, jetzt habe ich mir aber kürzlich ein "Stage Piano" gekauft, das ich überall hin mitnehmen kann und habe so angefangen, meine Kenntnisse von früher wieder aufzufrischen.

War es eine bewusste Entscheidung von dir, die neuen Songs am Klavier zu komponieren oder hat sich das einfach so ergeben?

Ich hatte das Gefühl, mit der Gitarre temporär in einer Einbahnstraße zu sein, und es hat mich einfach fasziniert auf meinem "neuen" Instrument zu komponieren. Ich habe das Piano einfach als Werkzeug benützt, um mich musikalisch weiter zu entwickeln. Musikalische und auch persönliche Weiterentwicklung ist mir sehr wichtig. Trotzdem ist natürlich die Gitarre weiter mein Hauptinstrument und ich würde mich nie als Pianistin bezeichnen.


Es gibt diese weit verbreitete Theorie in der Musikszene, für einen neuen Künstler sei die Arbeit am zweiten Album um vieles schwieriger als fürs Debüt. Das erste Album hat meistens eine lange Vorbereitungszeit, die Songs sind schon lange geschrieben und "ready", während beim zweiten Album oft nur relativ wenig Zeit für Songschreiben und Produktion zur Verfügung steht. War das bei Dir auch so?

pinaNein, ich hatte damit keine Probleme. Ich habe die Lieder für die CD sehr schnell geschrieben und aufgenommen, einzig der Release-Date hat sich aus firmenpolitischen Gründen ein paar Mal verschoben. Ich war sozusagen im Schreibfieber, es sind ständig neue Ideen gekommen. Von einem Song sofort zum Nächsten - zack, zack, zack! Außerdem habe ich den Vorteil, mit dem Label "Real World" ein sehr künstlerfreundliches Label gefunden zu haben, das mir keinen Druck gemacht hat. Es geht den Label-Betreibern mehr um eigenständige Kunst als um Kommerz. Leider gibt es ja heute wenig Labels wie Real World, sonst würde die aktuelle Musikszene vielleicht ein wenig anders aussehen. Viele Labels setzen nur auf "One Hit Wonders", wie Sophie B. Hawkins, mit der ich kürzlich live aufgetreten bin, und die auch nach ihrem einzigen Hit ("Damn, i wish i was your lover") wieder in der Versenkung verschwunden ist. Darum bin ich auch mit meinem derzeitigen Team, die mich behutsam aufbauen, sehr happy.

Leider gibt es ja auch nur mehr wenige Radio-Stationen, die Platz für alternative Musik und Produktionen jenseits des Mainstream bieten…

Ja, die Radiostationen haben einfach zu viel Angst, etwas zu spielen, was nicht dem "08/15 -Schema" entspricht, weil sie fürchten, damit Hörer zu verlieren. Aber Sie sind auch nur Opfer, richten sich halt nach dem Hörergeschmack. Aber um diese Sachen kümmere ich mich nicht, ich kann das sowieso nicht beeinflussen, ich will einfach nur mein Ding machen und hoffe, dass ich damit Erfolg habe.

Was war die Idee hinter dem Cover-Foto zur neuen CD?

Die vielen, verschiedenen Leute auf dem Cover stellen viele Situationen und Emotionen dar, in denen ich mich in meinem Leben auch schon selbst befunden habe, und ich bin dabei nur die stille Zuseherin im Hintergrund.

Tchad Blake [gemeinsam mit Mitchell Froom sehr erfolgreicher Produzent von Pearl Jam, Los Lobos, Tom Waits, etc.; Anm.] hat deine neue CD abgemischt. Wie ist der Kontakt zu Ihm entstanden?

Tchad ist ein alter Fan von mir, der "Quick Look" geliebt hat, und aus lauter Begeisterung meine CD auch seinen Freunden Tom Waits und Sheryl Crow geschickt hat. Er hat auch schon viel mit meinem Label-Chef bei Real World, Peter Gabriel, zusammengearbeitet, und es hat sich dann einfach ergeben, dass er "Guess You Got It" abgemischt hat. Wir wollten Ihn eigentlich als Produzenten, aber durch das relativ kleine Produktions-Budget von Real World war das nicht möglich. So gesehen war es mir recht, dass er die Scheibe abgemischt hat, und da hat er einen super Job gemacht.

Du hast das neue Album ja dann selbst produziert. War das also eine Folge des kleinen Bugdets oder waren doch nach andere "Große Namen" für die Produzentenrolle im Gespräch?

Doch, doch. Zuerst haben wir mit Ben Finley gearbeitet, doch er wollte die neue CD genau so wie "Quick Look" produzieren, das hat nicht gepasst, da ich mich ja weiterentwickeln wollte und genau wusste, was ich will. Dann war kurz jemand im Gespräch, der schon mit Frank Zappa gearbeitet hat, doch der hatte keine Zeit. Steve Earle wollte eine Country-CD mit mir machen, aber auch das wollte ich nicht, und so sind wir dann letztendlich bei Johnny Scott gelandet, der lange Zeit mit Van Morrison zusammengearbeitet hat. Mit ihm zu arbeiten war sehr angenehm, er ließ mich machen, ohne sich viel einzumischen. Es war ideal. Ich konnte arbeiten wie ein Maler: von der Idee zum "rough sketch", um dann in die Tiefe zu gehen. Ich konnte vieles selbständig machen, ohne dass mir ein Produzent viel hineingeredet hat. Im Gegensatz zu vielen, anderen Künstlern, die bei ihren eigenen CD´s nicht viel Mitspracherecht haben, ist das ein Luxus, den ich sehr schätze.

Es war ein sehr mutiger Schritt von dir, nach Irland bzw. England zu gehen, und deine musikalische Karriere von dort zu starten. Ich bin überzeugt, dass in England, dem "Mutterland der Popmusik" die Konkurrenz in Sachen Musik sehr groß ist - wie hast du es trotzdem geschafft, dich dort durchzusetzen?

pina_fischer_robertVielleicht war es einfach mein Schicksal… und das Weggehen aus Österreich auch ein Zeichen, das ich an mich und meine Vision glaube und nicht aufgebe. Ich hatte schon in Wien zwei Angebote für einen Plattenvertrag, aber es war einfach nicht das, was ich mir vorgestellt hatte. Ich hatte schon immer eine Vision für meine Musik, habe mir z.B. gewünscht, einmal in der Stadthalle zu spielen und habe dann in England dort weitergemacht, wo ich in Wien aufgehört habe. Ich habe weiter meine Demos verschickt, habe dann einfach Glück gehabt, dass sie in die richtigen Hände und über Umwege zu Peter Gabriel gekommen sind. Dann wurde einfach ein Traum wahr - an dem Tag, als ich die entscheidende Zusage bekam, war ich so fertig, das ich vor Angst versteinert in meinem Sofa lag - ich konnte einfach nicht glauben, es geschafft zu haben.

Du warst seit der Veröffentlichung deines Debüts viel auf Tour in ganz Europa und bist u.a. mit den Indigo Girls, Ani DiFranco oder Afro Celt Sound System aufgetreten. Welche drei Dinge nimmst du immer mit, wenn du auf Tour gehst?

Die Indigo Girls waren sehr nett zu mir, und haben die ganze Zeit mit meiner Tochter gespielt. Abgesehen von den "basics" wie Kalender mit allen wichtigen Adressen, Pass, Führerschein, Gewand, Zahnbürste, etc. habe ich immer ein kleines Maskottchen, auf dem "Pina" drauf steht, mit, dass ich von meiner Tante bekommen habe. Außerdem führe ich immer Nagellack für meine "abgespielten" Gitarren-Finger mit und trage einen Ring, der mir symbolisch Glück bringt. Ich lebe nach dem Motto, genieße jeden Tag und mache das Beste draus, denn man weiß nie, wie lange man noch Zeit dafür hat.

Das Gespräch führte Robert Fischer; 2005.

CD-Tipps:
Pina - Quick Look (2002; Real World/EMI)
Pina - Guess you got it (2005; Real World/EMI)