Die legendären Neville Brothers aus New Orleans waren nach langjähriger Abstinenz wieder einmal auf Tour in Europa. Zu verdanken war dieses Ereignis der aktuellen CD "Walkin' In The Shadow Of Life", das bei EMI erschienen ist. Das Album überzeugt mit hartem Street-Funk und nicht zuletzt auch mit dem bereits als zerstört gegoltenen Song "Rivers Of Babylon", das die Neville Brothers in einer gültigen Version würdigen. Ihre Rückkehr wurde auch bei ihrem Konzert in München begeistert gefeiert. Von Robert Fischer.
CAN'T STOP THE FUNK!
"Bei euch ist es einfach immer so kalt", hatte Aaron Neville kürzlich in einem Interview
ironisch auf die Frage geantwortet, warum die Nevilles schon ca. 10 Jahre nicht mehr live auf den Konzertbühnen Europas zu erleben waren. Mit der Veröffentlichung der hervorragenden neuen CD "Walkin' In The Shadow Of Life" (EMI) gab es für die seit 1977 aktive Band aus der Stadt am Mississippi aber Grund genug, wieder einmal den Sprung über den großen Teich ins - so ein Zufall! - winterliche Europa zu wagen.
Durch fünf weitere Musiker unterstützt, bei denen u.a. schon die zweite Generation der Neville-Family vertreten ist, kamen die vier Gründungs-Mitglieder Art (der älteste der Geschwister und laut Keyboard-Aufkleber einfach nur "Poppa Funk"), Aaron, Cyril und Charles Neville in München auf die Bühne und schafften es in kurzer Zeit den typischen Groove aus New Orleans zu verbreiten, der die tief-winterlichen Bedingungen außerhalb der Halle schnell vergessen ließ. Geleitet von Zeremonienmeister Ivan Neville (u.a. mit der 2004er CD "Scrape" selbst sehr erfolgreicher Solo-Künstler und Aaron's Sohn) starteten die Nevilles eine Soul- und Funk House-Party der Extraklasse, und nur gelegentlich gab es durch eine von Aaron Neville gesungene Ballade eine kurze Atempause. So war der Sam Cooke-Klassiker "A Change Is Gonna Come" ein erster, ruhiger Höhepunkt, fantastisches Solo von Gitarrist Makuni Fukada inbegriffen.
Der Schwerpunkt des weiteren Sets bildeten die Tracks der neuen CD, doch als dann auch noch der eine oder andere Klassiker wie "Iko Iko" oder "Jambalaya" angestimmt wurde,
gab es für das Publikum in der gut gefüllten Muffat-Halle kein Halten mehr, alles tanzte ausgelassen zum Sound des "Mardi Gras".Angetrieben durch die erstklassige Rhythmus-Abteilung um Drummer Willie Green (u.a. auf Bob Dylan's Meisterwerk "Oh Mercy!" zu hören) und Bassist Nick Daniels wurden die Neville Brothers Ihrem Ruf als begnadete Live-Band voll und ganz gerecht. Nachdem die Zugaben mit einer sehr schönen Version von "Amazing Grace", nur begleitet von Ivan am Piano und "Poppa Funk" an der Orgel, geendeten hatten, und es leider trotz tosenden Applaus keine weitere Zugabe mehr gab, bleibt nur der Wunsch offen, dass nicht wieder Jahre vergehen bevor die "First Family of Funk" ihre tolle Groove-Party nach Europa bringt.
Eine gute Gelegenheit dazu böte ja das Jazz Fest Wien... (Text: Robert Fischer; Foto: Michael Meinheit, Berlin; 2005)