Bei der diesjährigen Hauptversammlung der Generation 40 plus in St. Pölten hatten sich die Mitglieder auch ein paar Musikanten eingeladen um mit ihnen zu feiern und Erinnerungen an die Jugend bei kühlem Bier unter knallheißer Sonne auszutauschen und für zwei Tage alte Mythen wiederzubeleben.
Daraus wurde aber nicht so richtig was, weil nämlich die (meisten) der auch nicht mehr ganz jungen Musikanten sich einen Deut um die glorifizierte Vergangenheit scherten sondern ganz einfach die große Bühne nützten um die Sau wieder mal richtig raus zu lassen. Ausnahmen betätigten die Regel.
Tag 1
Eine der Ausnahmen war Donovan, ja ganz genau der Donovan, der faserschmeichelnde Herr von Atlantis. Begleitet von Bass, Piano, Perkussion und seiner vielgeliebten grünen Gitarre zelebrierte er seine alten Hits in angemessener Art und Weise und schuf, ohne es zu wollen, einen neuen Mythos. Als er seine Stimme erhob und „Catch the Wind“ ins Mikro säuselte wurde er offenbar von dem Herren hoch über ihm erhört, denn urplötzlich blies eine sanfte Brise über die meist baren Häupter der Besucher und ein lustvolles Raunen ging durch die Menge – was aber bei gefühlten 45° auch nicht wirklich verwundert! Für das entzünden von Feuerzeugen war es noch zu hell als eine lange Version von „Atlantis“ von der Bühne klang und so hatte die Rettung nach wie vor nur Sonnenstiche und keine Brandblasen an den Daumen zu behandeln. Die waghalsigsten Senioren behalfen sich eben mit „Hände die Luft“ strecken und laut mitsingen. Aber schön war es trotzdem….
Plant Robert, schrille Kreissäge von Led Zeppelin, klang wie Led Zeppelin ohne Led Zeppelin aber eben mit Robert Plant. Auch wenn es die Stimme nicht mehr in die alten Höhen schafft ist sie doch noch immer einzigartig und druckvoll. Die erstklassig besetzte Band tat das Ihrige um es heftig rappeln zu lassen in der Kiste, die Nummern der letzten CDs dröhnten mit durchaus feiner Lautstärke aus den Boxen. Und weil es eben ganz einfach nicht wegzudenken ist, gab es als Zugabe eine lange, eine sehr lange Version von „Whol Lotta Love“, bei der die Band nochmals so richtige loslegte und Robert Plant noch einmal zeigen konnte, wie seine Stimme funktioniert, eben nicht mehr ganz so perfekt wie damals, aber schön war es trotzdem….
Nach den Krachrockern von Robert Plant beehrten dann die Herren Bryan Ferry, Phil Manzanera, Andy McCay und Paul Thompson, im musikalischen Verbund als die Artrocker von Roxy Music wohlbekannt, plus diverser musikalischer Begleiter die Bühne um als Hauptact die nun doch schon einigermaßen erschöpften Besucher (Alter und Uhrzeit schrieen schon nach den Betten!) noch ein wenig zu erfreuen und sie so richtig, aber auch ganz richtig, bettschwer zu machen. Bryan Ferry wirkte anfangs ein wenig lustlos und eher desinteressiert am Bühnengeschehen aber als er dann die ihm wohlbekannten Klänge hörte die Andy McCay seinem Saxofon zu entlocken im Stande ist besserte sich auch das Wohlbefinden des Dandys und mit seiner unverkennbaren und quengeligen Stimme zelebrierte er einen Hit nach dem Anderen. Phil Manzanera quälte qualitätsvoll die Saiten und Paul Thompson und der Rest der musizierenden Crew taten es auch nicht unter einem gewissen Label. Eine „Greatest Hits“ Show, aber schön war es trotzdem…..
Tag 2
Im Laufe des Tages nahm dann die Teilzeitmetamorphose von Willi Resetarits, der Herr Kurt Ostbahn mit seiner Extra Combo auf der extra für ihn mit einem Tischchen, „mit“ Tischtuch (!), verzierten Bühne Platz. Heimatliche und dialektale Töne wurden erwartet, Irrtum, der Herr Kurt tat es auf englisch, auf spanisch und auf kroatisch. Multikulti wie es im großen Buch der Gutmenschen geschrieben steht eben. Launige Zwischenansagen, gute Musik und ein Verweis auf das Adeptentum des Herrn Kurt wenn es um Van „The Man“ Morrison geht, unterhielten das aufgeheizte, von der Sonne wohlgemerkt aufgeheizte Publikum auf das Vorzüglichste. Auch wenn es keinen der großen Hits aus der Zeit der „Nichtextra“ sonder der „Nurnormalcombo“ zu höre gab es wohl Niemanden im Publikum der nicht gesagt hätte: Aber schön war es trotzdem….
Billy Idol, ewig semmelblonder Waschbrettbauchherzueiger machte den Knaller für die Damen und zeigte den eben erwähnten her, warf Papierteller mit seinem Autogramm in die Menge, verteilte großzügig Mineralwasser und Drumsticks seines mit artistischen Einlagen protzenden Schlagzeugers und bot so ganz nebenbei die beste Show des Abends. Kein Hit von ihm fehlte und das weibliche Publikum dankte es ihm mit heftigen Gekreische und die Waschmaschienenbauchträger im Publikum hatten nach diesem Konzert sicher keinen leichten Stand. „Wie kann der so ausschauen und warum schaust du so aus?“ Vor lauter Verzweiflung mussten sie ums nächste Bier gehen. Auch wenn die Herren der Schöpfung mit Billy Idol so ihre Probleme hatten, schön war es trotzdem…
Nach dem Augenschmaus für die Damenwelt kam dann der Kracher für die großen Buben. Wer? Na „The Who“ natürlich. Altes aus Zeiten von Quadrophenia, selbstredend aus der Rock Oper Thommy und neues vom im Oktober käuflich erwerbbaren Album brachten die zwei Überlebenden der Who mit Ringos Sohn Zak Starkey am Schlagzeug zu Gehör. Lautstärke und der Windemühlenflügel waren wie damals, auch wenn die Stimme von Roger Daltrey eben nicht mehr alles so derpackt wie damals. Die Who spielten ambitioniert, mit viel Freude am Krachmachen und auch wenn die Show gut war, Billy Idol konnten sie nicht toppen an diesem Abend. (akro)
CD Tipps:
Quadrophenia & Tommy Live (Warner Music)
Live At The Royal Albert Hall (SPV)
DVD Tipp:
Tommy Live with special Guests (Warner Music)