Mit "Rewind That" und "Anthem" legte der junge Trompeter Christian Scott zwei auffällige Studio-Alben vor, nun folgt mit "Live at Newport" der dritte gelungene Streich.
"Alles was wir an Miles Davis so liebten verkörpert Christian Scott", schwärmte vor nicht allzu langer Zeit Randy Jackson, womit man gleich bei der Grundsatzfrage ist, ob man sich einen Scott antun muss wenn es doch eh einen Davis gab. Ja, man sollte, auch wenn sich die Band nicht in waghalsige Experimente stürzt und verglichen mit Erik Truffaz, Nils Petter Molvaer oder Bugge Wesseltoft somit weniger zeitgeistig klingt. Nein, diese (europäischen) Ansätze finden bei Scott nicht statt, vielmehr zählt er zur jüngsten Trompetergeneration in New Orleans. Verwechslungsmöglichkeiten mit einem Terence Blanchard oder Nicholas Payton sind allerdings keine vorhanden, dies liegt vor allem am Drive seiner gut eingestellten Band und letzten Endes natürlich auch an seinem bisweilen sehr fülligen Trompetensound, der mehr an Ben Webster denn an Miles Davis erinnert. "Live at Newport" besticht mit durchwegs eigenen Kompositionen und setzt das Live-Konzept seiner zwei Studio-Alben sehr geschickt um. Scott erzählt in aller Ausführlichkeit seine Geschichten, sei es in "Died in Love" oder in seiner 11-minütigen "Litanei gegen die Angst", inklusive Walter Smith III am Tenor Saxofon, dem flirrend-perlenden Piano-Spiel von Aaron Parks und den semi-rockenden Zentrifugalkräften in der E-Gitarre von Matt Stevens. Als hintergründig und nur ganz selten oberflächlich präsentiert sich das Rhythmusgeflecht der Herren Joe Sanders (bass) und Jamire Williams (drums), die sich atmosphärisch bis exaltiert funky sehr gut einzubringen wissen. Einen eigenen Stil zu finden nehme er sich vor, sagte Christian Scott einmal. Möge sich sein Wunsch erfüllen, der Weg ist nach seinen Studio-Alben "Rewind That" und Anthem, und vor allem, was man auf dem vorliegenden CD-DVD-Doppelpack alles so hört und sieht vielleicht gar nicht mal mehr so weit. (Manfred Horak)
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