fanfareBerauschende Bilder, ein Dorf hinter den Karpaten, das auf keiner Landkarte zu finden ist, keinen Bahnhof hat und jeder, der dort aussteigen will, im richtigen Moment vom Zug abspringen muss. Ein rasanter wie langsamer Film über das Suchen und Finden, von Musikern, die ausziehen um die Welt zu erobern. Ein Film, das die Begrifflichkeit Heimat gut erklärt.

Fanfare Ciocarlia, die Brassband aus dem Nordosten Rumäniens, hat anderen Brassbands aus Rumänien elementares voraus: Tempo. Da, so sagen es die Musiker stolz über ihr Orchester, kommt keiner mit: "Wir sind eine der letzten Tzigani-Kapellen dieser Art in Rumänien, mit alter Tradition, reichem Repertoire und - wir sind die Schnellsten...!" Was einem einfällt, wenn man die zwölf Roma brassen hört: Groove, Groove, Groove. Pure Lebensfreude. Überdosis Energie, und: die Musik geht durch den Bauch angesichts der gebündelten Kraft des Blechs. Dementsprechend gut verkaufen sich ihre CDs, die Nachfrage nach der Band ist zudem längst schon so groß, dass sogar eine inszenierte Filmdokumentation über Fanfare Ciocarlia in den (auch hiesigen) Kinos gezeigt wurde, die es nun auf DVD gibt. Die DVD „The Story of the Band“ beinhaltet ein Live-Konzert vom 4. April 2004 in Berlin, die erwähnte Fake-Doku „Iag Bari – Brass on Fire“ samt Trailer plus eine stattliche Anzahl an Extras, wie Bandbiografie und Videoclips. Alles in allem fast drei Stunden Spielzeit in schöner Digipack-Aufmachung. Humorig der auf 8 mm gedrehte Kurzfilm, das Interview über die Geschichte der Band, sowie die Videos, die im Menüpunkt „Extras“ zu finden sind. Nun zur Quasi-Doku mit den märchenhaften Zügen: Henry aus dem Osten Deutschlands hat einen Traum. Er will mit einer rumänischen Zigeuner-Blaskapelle den Westen erobern. Die 12-köpfige Band Fanfare Ciocarlia stammt aus dem Dorf "Zece Prajini" (dt. Zehn Felder), hinter den Karpaten, die auf keiner Landkarte zu finden ist. Es gibt dort nur einen Schlammweg und keinen Bahnhof. Wer es finden will, muss an der richtigen Stelle vom Zug abspringen. Dort leben etwa 80 Roma Familien und weil es aus allen Häusern tönt, scheppert und musiziert, nennt man "Zece Prajini" ein Musikerdorf. Jeder spielt irgendein Instrument, meistens ein Blasinstrument. Es gibt auch ein paar Akkordeonisten und Organisten. Kinder rennen mit Instrumenten herum. 80 Familien leben dort, zwischen 300 und 400 Menschen. Fanfare Ciocarlia vollbringt das Wunder und erobert mit der rasanten Mischung aus Tanzmusik und Folklore die Welt. Sie füllen Konzerthallen, Bühnen und Straßen von Frankfurt, Wien, San Remo, Mailand und Tokio. Eine märchenhafte Erfolgsgeschichte einer Band, die nie die eigene Herkunft vergisst. Immer wieder kehren sie zu ihren Familien ins Dorf zurück und bauen die erste Zigeunerkirche Rumäniens. Ein rasanter wie langsamer Film über das Suchen und Finden, von Musikern, die ausziehen um die Welt zu erobern. Ein Film, das die Begrifflichkeit Heimat gut erklärt. Das Repertoire von Fanfare Ciocarlia besteht aus einer schier endlosen Menge an Stücken, deren Wurzeln in der Volksmusik des Landes und der Region des Balkans liegen und gleichzeitig eine Musiktradition der Roma repräsentiert. Das Vibrato der Trompeten, die mächtige Bassektion, treibende Paukenschläge, die schreienden Saxophon- und wilden Klarinettenklänge prägen die Musik. Noten sind den Musikern im Alter zwischen 22 und 60 Jahren fremd, die Kunst des Musizieren wurde und wird seit ewigen Zeiten vom Vater zum Sohn weitergegeben. Sie spielen im enormen Tempo und mit einem unglaublichen Sinn für rasante Rhythmik traditionelle Tänze und Melodien, wie Sîrba, Hora und Brîu auf Blasinstrumenten, auf ihren CD-Produktionen fließen auch durchaus leichte Anleihen von Rap- und Reggae-Einflüsse mit ein, manche Stücke werden mit Dubeffekten versehen, deren ungewöhnliche Blasmusik erhält dadurch einen noch spezielleren Sound, der im Blasmusiksegment wohl seinesgleichen sucht. So gibt das Konzert auf der DVD die pulsierende Dynamik der Band wieder (was fehlt ist freilich die Hitze des Veranstaltungssaals). Als Film ist das Konzert nur minder interessant, tontechnisch wie musikalisch dafür besonders wertvoll, hört nur mal in „Summertime“ rein. Das DVD-Highlight ist dennoch definitiv das knapp einstündige Road-Movie „Iag Bari – Brass on Fire“. (Manfred Horak)

fanfare_cover_schattenLabel/Vertrieb: Asphalt Tango Rec./Ixthuluh
Musik: @@@@@
Klang: @@@@@
Film & Material: @@@@
Extras: @@@@

Dauer: ca. 150 Minuten
Bild: 4:3 / 16:9
Tonformat: Sound Dolby Digital 5.1
Ländercode: PAL
Kopierschutz: Nein
Untertitel: Englisch, Französisch, Deutsch