Nach welchen Gesichtspunkten die Musiker ausgewählt werden, ist jedoch (noch) nicht ganz ersichtlich, vertreten sind nämlich Musiker, die bereits vor dem 2. Weltkrieg wirkten ebenso wie auch die Generation danach. Jede CD kommt im schmucken und ökologisch wertvollen aufklappbaren Pappschuber daher. Im Innenteil gibt es in Essayform ausführliche Informationen zum jeweiligen Künstler. Trotz der hohen Qualität an Musik und Ausstattung erhält man jede CD aus dieser Serie um 6, - bis 7,- Euro. Für Einsteiger in die Welt alter Blues-Aufnahmen ist diese Serie also geradezu essenziell. Von Manfred Horak.
Lonnie Johnson – Why Should I Cry {sus_amazon id=B000RT34WK&pid=kulturwoche-21} Musik: @@@@@@ Klang: @@@@ Label/Vertrieb: SPV (2007) Der neben Blind Lemon Jefferson populärste Blues-Sänger der 1920er Jahre erhält mit der CD Why Should I Cry einen würdigen Querschnitt seines reichhaltigen Schaffens. Alonzo 'Lonnie' Johnson wurde 1889 in New Orleans geboren und starb 1970 im kanadischen Toronto. Seine Lieder waren mal kritisch, mal prahlerisch zweideutig, und neben seiner einprägsamen Gitarrentechnik besaß er eine sanfte Stimme mit dem typischen Louisiana-Vibrato. Auf dieser Kompilation ist auch sein "Tomorrow Night" zu hören, ein Lied, bei dem man den Einfluss, den er auf Bob Dylan ausübte [Dylan spielte dieses Lied auf dem Album Good As I Been To You aus dem Jahr 1992 ein; Anm.], sehr gut nachhören kann. Dieses Lied kommt auf der CD übrigens gleich zweimal vor, das zweite Mal unter dem Titel "Will You Remember" im Bandarrangement. Insgesamt sind 20 Tracks auf dem Album vertreten, als weitere Höhepunkte sind der "Lazy Woman Blues", "Stick with it, Baby", "Why Should I Cry", "I'm Guilty" und "It Was All In Vain" anzuführen. Lonnie Johnson war übrigens auch Teil jener Blues-Musiker, die 1963 auf Europa-Tour geschickt wurden, das unter dem Titel American-Folk-Blues-Festival längst zur Legende wurde - sicherlich mit ein Grund, dass Lonnie Johnson zu den kreativsten und einflussreichsten Blues-Sängern gilt. (mh) Guitar Slim – The Story of my Life Der schlanke Gitarrist und Sänger zählt zu jenen Nachkriegs-Blues-Musikern, die einen eigenen Stil – den Texas Blues – prägten, bereits im Alter von 32 Jahren an Lungenentzündung starb, und gegenwärtig weitestgehend in Vergessenheit geriet. Das war freilich nicht immer so, denn 1950 galt Eddie 'Guitar Slim' Jones noch als "DAS" Phänomen in der Blues-Szene. Sein Markenzeichen bei Live-Auftritten war im wahrsten Sinne des Wortes seine Erscheinung: blau gefärbtes Haar, blauer Anzug, blaue Schuhe. Seine E-Gitarre schloss er an ein 100 Meter langes Kabel an, damit er sich dementsprechend frei bewegen konnte. Sein geniales Gitarrenspiel ließen auch zwei spätere Gitarrenhelden aufhorchen und nannten ihn als größten Einfluss: Jimi Hendrix und Frank Zappa. Letzterer hörte angeblich noch knapp vor seinem Tod Aufnahmen von Guitar Slim. Wie auch immer: Auf dem Album The Story of my Life befinden sich 20 Tracks, die ihn einerseits als sehr versierten Songwriter darstellen und andererseits aufzeigen, wie weit er sich in den zum Teil exzessiven Soli bereits als Rockmusiker vortraute. Hört nur mal in seinen "Bad Luck Blues" rein. Neben Up-Tempo-Songs sind auch Slow-Tempo-Lieder vertreten, allen voran zu erwähnen ist das unglaubliche "Sufferin' Mind". Entdeckenswert! (mh) Leadbelly – Diggin’ My Potatoes "Alle Schwarzen stehen auf Blues. Weshalb? Weil sie ganz einfach mit dem Blues geboren wurden", sagte einst Huddie 'Leadbelly' Ledbetter, einer der Schlüsselfiguren der Musikgeschichte. 1889 in der Nähe von Mooringsport/Caddo Parish, Louisiana, etwa dreißig Meilen von Shreveport entfernt, geboren, stieß Leadbelly im Jahr 1915 auf Blind Lemon Jefferson, von dem er den Blues lernte, und mit dem er auf den Straßen oder in Clubs in Dallas unter Pseudonymen wie Walter Boyd zusammen musizierte. Zunächst lebte er allerdings nicht von Musik, sondern arbeitete als Baumwollpflücker, Pferdeknecht oder nahm irgendwelche andere Hilfsarbeiten an – bis er im Jahr 1918 wegen Mordes und versuchten Totschlags vor Gericht stand und zu dreißig Jahren Zuchthaus verurteilt wurde, und dort, im "Louisiana State" wurde er auch von den Forschern John A. Lomax und Alan Lomax, die auf der Suche nach unverfälschter Folkmusik für die Library of Congress waren, entdeckt. Der Rest – stark verkürzt – ist Legende, Stichwort sein Lied "Gouverneur O. K. Allen" [dieses Lied ist auf vorliegender Kompilation allerdings nicht vertreten; Anm.]. Der Begnadigung folgten Aufnahmen für die Library of Congress, aber auch die Loslösung von den Lomaxes. Unzählige Aufnahmen bis zu seinem Tod im Jahr 1949 – darunter auf Diggin' My Potatoes versammelte Klassiker wie u. a. "Irene (Goodnight Irene)", "C.C.Rider", "Alberta", "Matchbox Blues", "The Bourgeois Blues", "Rock Island Line", "Take this Hammer" – machten ihn bereits zu Lebzeiten zur Legende. Lieder, die für sich stehen. Richtung weisend für die Folk-Musik, für den englischen Skiffle der 1950er Jahre, und starken Einfluss ausübend bis hin zum "Unplugged"-Grunge von Nirvana. Die Aufnahmen von "Diggin' My Potatoes" stammen zum Teil von Sessions in Hollywood aus dem Jahr 1944 gemeinsam mit dem Zither-Spieler (!) Paul Howard, sowie aus dem Jahr 1946 mit Sonny Terry, Brownie McGhee und Willie 'The Lion' Smith. Macht insgesamt eine Stunde Musik aus einer eigenen Liga. (mh) Fortsetzung folgt. Link-Tipps: |
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