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Herman Lee oder aber auch Herman "Sonny" Blount wurde am 22. Mai 1914 in Birmingham, Alabama geboren und starb am 30. Mai 1993. Als Musiker nannte sich Herman Blount Sun Ra, und als Sun Ra ging er in die Musikgeschichte als einer der genialsten Innovatoren und als Wegbereiter des Free Jazz ein, unumstritten ist er aber auch 14 Jahre nach seinem Ableben nicht, viele sehen in ihm einen schillernden Scharlatan und Blender. Von Alfred Krondraf.



sunra_spaceistheplace Der Außerirdische Sun Ra, der Name ist eine Hommage an den altägyptischen Sonnengott, erbaute für sich eine bizarre Welt, eine Welt in der er vollkommen abgehobene astrologische Predigten genauso ablieferte wie bahnbrechende musikalische Kompositionen. Er sah sich selbst als Außerirdischen, bot auf den Bühnen grelle Inszenierungen und wäre da nicht seine extrem intensive Musik gewesen hätte man alles als wohl lustige aber vollkommen sinnleere Selbstinszenierung eines Abgehobenen abtun können.
In der Kombination mit der Musik aber gab alles einen Sinn. In seinen "Predigten", eine obskure Mischung aus eigenen Gedanken und Bruchstücken von diversen Philosophien sprach er immer von Liebe und wandte sich gegen Rassendiskriminierung unter der er selbst oft zu leiden hatte. Bei den Konzerten liebte Sun Ra es, seine Band, das Arkestra (die Bezeichnung Arkestra war für Sun Ra eine Kombination der Worte Orchester und Arche)  in bunten Fantasiekostümen einmarschieren und seinen Namen skandieren zu lassen. Erst dann erschien der Meister persönlich wie eine strahlende Lichtfigur von einem, ja eben, von einem anderen Stern. Er selbst behauptete immer wieder er stamme nicht von der Erde sondern vom Saturn.
Die Besetzung des Arkestra wechselte ständig und aus dem Pool gingen so bemerkenswerte Musiker wie der Saxofonist John Gilmore und Marshall Allen hervor.

sunra_angelsanddemonsatplaysunra_visitsplanetearthDie Musik des Sonnengottes

Begonnen hat Sun Ra mit Einspielungen unter eigenem Namen in den 1950er Jahren, seine Musik war nahe Chicagoer Hard-Bop angesiedelt und zeichnete sich durch angenehm individualistische Kompositionen aus. Daraus entwickelte sich dann eine perkussivere und impressionistischere Musikform die für die unterschiedlichsten Einflüsse offen war. Zu dieser Zeit begann für Sun Ra auch sunra_jazzinsilhouettesunra_wetravelthespacewaysdie Auseinandersetzung mit der Musik von Ornette Coleman und Cecil Taylor. Sun Ra verzichtete immer mehr auf kompositorische Formen und erläuterte seinen Musikern nur, welche Stimmungen erzeugt werden sollten. Die entwickelten sich dann aus Solo – und Gruppenimprovisationen. Mit dieser neuartigen Form von Musik gelang es ihm, ein größeres Publikum anzusprechen und er konnte sein Arkestra in den Folgejahren immer wieder vergrößern.
Sun Ra war auf der Bühne immer am Klavier zu finden und die Fachwelt streitet heute noch ob er nun ein guter oder ein schlechter Pianist war. Ungeachtet der Technik war sein Spiel aber immer beeindruckend, er konnte blitzschnell die Stile wechseln und hörte man eben noch Earl Hines so erklang im nächsten Moment Cecil Taylor aus dem Instrument wenn Sun Ra es bearbeitete. Er entwickelte auch eigene Instrumente für seine Klangkaskaden, wie das von ihm so benannte Rocksichord, er spielte am Streichklavier und stand auch der ersten Generation von Synthesizern sehr interessiert gegenüber.
Der auch als strenger Zuchtmeister bekannte Sun Ra bemerkte einmal: "Ich sage meinem Arkestra, dass jegliche Menschlichkeit nur von strengen Regeln begrenzt stattfindet, dass sie dafür aber im Ra-Knast sitzen und das ist das beste der Welt."
Aus seinem großartigen und umfangreichen Schaffen sind vor allem Sun Ra Visits Planet Earth, Interstellar Low Ways, Angels And Demons At Play, We Travel The Spaceways und Jazz In Silhouette hervorzuheben. Sun Ra und sein Arkestra waren Gegenstand des Dokumentarfilms "A joyful Noise" und im Jahre 1972 des Blaxploitationfilm Space Is The Place. Der Soundtrack zu diesem Film, auch von Sun Ra, ist auf CD erhältlich und zählt ebenfalls zu seinen spannendsten Werken. (akro)