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Ein Stück Afrika wird einmal jährlich im gelungenen Festival Kasumama in Harbach im niederösterreichischen Waldviertel präsentiert. An fünf Tagen erleben die Festivalbesucher/innen dabei ein breites Spektrum kultureller Aktivitäten abseits von touristischer Folklore und etwaigen Klischees. Trommel- und Tanzworkshops stehen ebenso am Programm wie die Herstellung von Kunsthandwerk für die Kleinsten, Kochworkshops und Diskussionen. Dementsprechend auch der rege Zulauf: Noch nie kamen nämlich so viele Menschen zu Kasumama. In Zahlen ausgedrückt liest es sich wie folgt: Am Freitag besuchten 800 Leute das Konzert, am Samstag kamen 1.300, am ausklingenden Festival-Sonntag blieben noch an die 300 Leute. Mittwoch, Donnerstag, und den Nachmittagsbesuchern inklusive, kamen insgesamt rund 3.500 Besucher zum 7. Kasumama Afrika Festival. Das Festivalgelände teilt sich dabei in drei Teilen – dem Festivalzelt als Veranstaltungsort für die Abendkonzerte, das eigens errichtete Afrikadorf, und das Workshop-Zelt. Für all jene, die Kasumama 2007 verpasst haben, und dennoch die Konzertstimmungen nachträglich abhören wollen: Das in Wien ansässige Internet-Radio Emap.FM war ebenfalls vor Ort und streamte drei Konzerte (siehe Link-Tipps).

Ein Festival mit viel Charme

Anders als der Publikumsrenner „Afrika! Afrika!“ von André Heller, das schaubudenmäßig in Klischees, Perfektion und Sterilität zu ersticken droht, bietet das Kasumama Afrika Festival ein weitestgehend authentisches Bild des Kontinents, auch, weil das Veranstaltungsteam auf Glanz und Pomp verzichtet, auch, weil das Festival mit viel natürlichem Charme so manche Mängel in den Hintergrund drängen kann. Man sollte sich schon sehr viel Zeit nehmen, und nach Möglichkeit zumindest zwei volle Tage beim Festival sein, um dem Zauber zu begegnen. Im Afrikadorf z.B. ging es sehr lässig und überaus entspannt zu – „Afrika erleben“ war weitestgehend das Motto – es tat sich nicht sehr viel, das dafür umso intensiver. Eine herrlich friedliche Stimmung ging von diesem Afrikadorf aus, quasi ein Magnetpunkt des Festivals. Kinder konnten T-Shirts bedrucken, konnten töpfern, oder ganz einfach die im Waldviertel legendären überdimensionalen Steine besteigen. Konträr die Workshop-Leiter: der gute Mann, verantwortlich für T-Shirt-Bedruckung mit Kindern, war ob des regen Zulaufs der Kinder leider ziemlich überfordert. Workshop war das jedenfalls keiner. Ganz anders Patrick Edwards aus Zimbabwe, der mit den Kindern Batik-Arbeiten machte und mit den Kindern töpferte. Hier merkte man die Arbeitserfahrungen sehr deutlich und auch seinen ungespielten Zugang Kindern gegenüber. Er zeigte vor, erklärte, half den Kindern und ließ ihnen gleichzeitig ihre künstlerische Freiheit. Schade nur, dass man nie genau wusste, wann welcher Workshop begann.

Auf der anderen Seite des Afrikadorfes fand man hingegen das Workshop-Zelt für Musik- und Tanzinteressierte. Dort wurden für Kinder wie für Erwachsene diverse Trommelworkshops angeboten, bzw. (neben dem Zelt) Afro-Tanz zelebriert. Kinder unterschiedlichen Alters wurden zusammengetrommelt um mitzutrommeln und so gewissermaßen die Basics zu lernen (was aber erst Sinn für Kinder ab 5 macht). Zwischen Workshop-Zelt und Afrikadorf liegt das freie Festivalgelände, durchsät mit einigen Verkaufsständen, bei denen es immer wieder mal auch zu (mehr oder weniger) spontanen Trommel-Sessions kam. Das größte Klischee während der Festivaltage lag im Wetter begründet. Saukalt, verregnet, heftige Winde. Aber auch: Sonnenschein, Badewetter. Waldviertel eben.

Kulinarische Sünden

Die Hauptattraktionen fanden freilich im großen Festivalzelt statt, beginnend am frühen Abend, endend am frühen Morgen. Das Zelt selbst, aufgrund des Besucherrekords seit Festivalbestehen, ging, wie man so schön sagt, fast über, auch, weil sich im Hauptzelt die diversen Essens- und Getränkestände befinden. Dementsprechend auch die Luftbelastung, vor allem, je näher man bei den Ständen saß. Einerseits. Andererseits – dies das wohl größte Manko des Festivals die Qualität der Essensangebote. So war z.B. vor Ort das afrikanische Restaurant Sagya aus der Liechtensteinstr. 130A in Wien 9, deren Falafel und Humus schlichtweg ungenießbar waren (die Beanstandung blieb leider ohne Erfolg) – und auch die Hauptspeisen ließen zu wünschen übrig: Weder Bamia mit Reis (Okraschoten auf sudanesische Art) noch die Hühnerkeulen in Erdnussbuttersauce entsprachen den Erwartungen. Eine Spur besser das Restaurant Makuti aus der Nußdorferstr. 75 in Wien 9, deren Faschiertes mit diversem Gemüse eine erfrischende Würze aufwies und durchaus mundete, zudem war der Betreiber von Makuti so fair, die zuvor beanstandeten (nach Vortag schmeckenden) Pommes Frittes mit großem Bedauern zurückzunehmen, und auch eine frische Portion nachreichte. Im Wesentlichen hielt man sich daher an die delikaten Köstlichkeiten, die im Gasthaus Holzmühle in Moorbad/Harbach, zubereitet werden. Besonders lecker: deren selbst gemachte Germknödel.

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Africa Yewul: Afrika, wach auf!

Am kalten Donnerstag erwärmte die Afro-Dance Company Tily-Boo mit einem rasanten Percussion-, Tanz- und Feuerspektakel, und Wärme hatte man tatsächlich nötig, denn die Frostbären waren unerbittlich an diesem Abend. Die Company bot eine kurzweilige Performance, ließ das Feuer auf der Haut und auf der Zunge tanzen, was immer wieder faszinierend ist. Lamine Camara & Afro Mandeng hielt nicht ganz das hohe Level von Tily-Boo, ihre Mischung aus Afro-Pop und Reggae war viel zu durchschaubar. Dafür ging es danach in höchste Gefilde. Mit Magou & Dakar Transit aus Senegal betrat ein Liedermacher die Bühne, der alles was davor ablief und alles was noch kommen sollte mit seinem mehr als zweistündigen Set weit in den Schatten stellte. Ausgangsbasis seines Auftritts war die hervorragende CD „Africa Yewul“ (Network Medien/Lotus Records; 2006), das mit unglaublichen Melodien und politisch motivierten Texten aufwartet. Magou begab sich mit seiner Band ins freie Feld der Improvisation, zog die einzelnen Lieder mitunter in den Viertelstundenbereich, spielte sich und uns also in Trance, mit einer Intensität, die mit der Zeit sehr anstrengend wurde, weil Magou das intellektuelle Niveau kompromisslos durchzog – sich auf das einzulassen war freilich eine Herausforderung, eine Herausforderung aber, die letztendlich eines der schönsten Konzerte bescherte, die ich jemals sah, und den Auftritten von King Sunny Áde in den frühen 1980er Jahren zumindest nahe kam. Sehr wirkungsvoll sein Gitarrenspiel, mit dem er die Band in jedes Lied richtiggehend reinzog. Eines der Herzstücke des Albums und des Konzerts ist sein „Mama Africa“, in dem Magou über die Geschichte des Kontinents singt. „Sie waren schon da, um dich auszubeuten“, heißt es darin, „auszuplündern, dich zu zerstören/Sie nahmen auch die Bibliothek von Alexandria/Sie haben deine Söhne und Töchter angekettet, um sie als Sklaven zu verkaufen/Sie kamen zurück, um dich zu kolonisieren/Jetzt kommen sie und sagen, du seist verschuldet.“ Um gleich darauf unmissverständlich hinzuweisen: „Sag mal, was soll Afrika noch alles zahlen?/Afrika, Mutter dieser Welt, Wiege des Wissens und der Zivilisation/Afrika ist nicht verschuldet.“ Seine tiefe und raue Stimme erzeugt unmittelbar Aufmerksamkeit, und ist Nährboden für seine mit Kanten beladene Musik. Folk-Musik der Extraklasse. Selten war Musik aus Afrika ereignisreicher, spannender, tiefgründiger und archaischer. Und dazu eben auch noch die brisanten Texte, wie z.B. im Titellied des Albums: „Ich drehe mich um und ich betrachte die Vergangenheit/Gestern die Schrecken in Somalia und Burundi/vorgestern in Äthiopien/Heute stehe ich vor einer anderen Tragödie: Elfenbeinküste./Wann wird das alles aufhören?/Kinder, die sterben; Kinder, die weinen/und ein System, das nur darüber lacht/Ich bin entsetzt, sprachlos, fühle mich/verraten von so viel Gewalt/Afrika! Wach auf! Du hast so viel gegeben/Wach auf für deine Kinder, für die/Zukunft der Menschheit/Afrika, du bist die Hoffnung.“

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Balafon aus Burkina Faso & Pop aus Kamerun

Getoppt werden konnte der Auftritt von Magou – es wurde bereits angedeutet – nicht mehr, obwohl der eigentliche Star des Festivals am Samstag den großen Auftritt hatte: Sally Nyolo. Im ersten Teil des Konzertabends spielte sich der in Wien lebende Mamadou Diabate & Percussion Mania feat. Aisha Sanou durch ein mittelprächiges Set, das leider nur allzu rasch Ermüdungserscheinungen und eine gewisse Ideenlosigkeit zeitigte. Sally Nyolo hatte es daher sehr leicht ein Balafon-müdes Publikum wiederzubeleben. Ihre Bühnenpräsenz alleine ist bereits derartig von Charisma und ungebremsten Elan geprägt, dass sie automatisch volle Aufmerksamkeit erhielt. Musikalisch drang ihre sehr gute Band tief in die Popgeschichte ein, würzte dies gekonnt mit Reggae und leicht Jazz genährten Polyrhythmen bis hin zum guten alten 12-Takter namens Blues. Ihre Gesangsstimme ist impulsiv und leidenschaftlich, immer voll auf der Höhe und im Einklang mit der Band. Die Frau weiß was sie tut und sie macht es wahrlich gut, mehr noch, hervorragend. (Text: Manfred Horak; Fotostrecke 1: Wolfgang Hancl, Manfred Horak; Fotostrecke 2: Wilfried Scherzer)

Emap.FM präsentiert:
Live in Concert Lamine Camara & Afro Mandeng
Live in Concert Magou & Dakar Transit
Live in Concert Mamadou Diabate & Percussion Mania feat. Aisha Sanou
Live in Concert Sally Nyolo

Link-Tipps:
Interview mit Sally Nyolo
CD-Kritik "Meisterwerke": King Sunny Adé - JuJu Music
HP von Kasumama Afrika Festival
HP von Emap.FM