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Glatt & Verkehrt, eines der stimmigsten Musikfestivals Österreichs, startete am 25. Juli mit einem Wechselbad der Gefühle ins Festivaljahr 2007. Begonnen hat der lange Konzertabend mit einem kuriosen Auftritt von Willi Resetarits, Tini Kainrath und dem Streichquartett String Fizz, die sich an Neuadaptionen von Gershwin-Klassikern ranmachten und dabei furios scheiterten. Anlass gebend für das Projekt „Gershwin on a String“ war dabei der 70. Todestag von George Gershwin am 11. Juli 2007.

 

A Riddle: Tini is not Ella – and Willi?

stringfizz_guv03Die in erster Linie für Glatt & Verkehrt zusammengekommene Formation irrte gespenstisch und oft planlos durch das übermächtige Liedwerk der Gershwin-Brüder, noch dazu blieb die kraftvolle Stimme von Tini Kainrath tontechnisch hinter jener von Willi Resetarits, was sich vor allem in den Duett-Gesängen eigenartig anhörte. Abgesehen davon stellte man sich während des Auftritts oft die Frage, warum sich Willi Resetarits derartiges antut. Er ist und war immer schon zwar auch ein kongenialer Entertainer und kennt sich auch mit Kunstfiguren bestens aus, und er wusste auch immer schon mit Fremdmaterial umzugehen, aber Gershwin, das ist sozusagen eine andere Baustelle – ein Repertoire, mit stringfizz_guv01dem er nicht wirklich umzugehen weiß, und vor allem, bei der seine Stimme nicht so kann, wie sie sollte und wie er vielleicht auch wollte. String Fizz agierte brav und versuchte zu melangieren und konterkarieren wie es nur ging – nur: es half halt alles nix. Umso heftiger wurden die Mängel offenbar, wenn man z.B. jene Aufnahmen mit Ella Fitzgerald & Nelson Riddle aus dem Jahr 1959 kennt.

Verkopft & Aufgerissen

Von einem ganz anderen Kaliber war der zweite Programmpunkt des Festivalauftakts von Glatt & Verkehrt geprägt. Mit Marc Ribot und Wolfgang Muthspiel betraten ribot_muthspiel_guv03zwei der weltweit meist arrivierten Gitarristen unserer Zeit die Bühne. Ja, und beide packten es ordentlich an. Verzichtet wurde auf Virtuosität, was aber keine Überraschung war, dafür bogen sie in diverse Abgründe ab, die dunkles zum Leuchten brachte, und sie verzwirbelten etwaige gefällige Gitarrenläufe (bzw. die ursprüngliche Idee davon) so lange bis davon nur noch archaische Fragmente überblieben und den Intellekt des Publikums forderten. Aber hallo. Wie auch noch. Überwältigt von diesen und anderen Gefühlen und motiviert vom überzeugten Publikum rangen sie sich letztendlich doch zur Glätte hin. Rock & Roll! Zelebriert von zwei Gitarrengiganten.

Aufgehellert & Niedergeschubert

Mitten in den hellen Mondenschein, in die klare Nacht von Krems, platzierte sich der dritte Teil des Abends - die sprichwörtliche Umsetzung des Festivalnamens, textlich basierend als Hommage auf loeschel_guv02den 850-Jahr-Jubilar Richard Löwenherz, den Bogen spannend bis in die jüngere Vergangenheit, Stichwort Franz Schubert und die CD „Herz.Bruch.Stück“. Peter Ahorner und Hannes Löschel waren zum Großteil für Text und Musik zuständig, wobei vor allem in den Anfangspassagen die thematische Auseinandersetzung mit Richard Löwenherz nur mäßig gelang. Text war gut, Musik war gut, inhaltlich jedoch verschwamm das Ganze doch sehr deutlich und ein und ein inhaltlicher Zusammenhang zwischen Text und Musik war nicht klar erkennbar. Die Reibungsflächen Text und Musik verschmolzen erst im Spielen der Herz.Bruch.Stücke mit Klarheit und in Sinnhaftigkeit. Wie dem auch sei: Musikalisch umgesetzt wurde das Konzert loeschel_guv01von einer Riege an feinen Musikanten, von Walther Soyka an der Harmonika bis Bernd Satzinger am Bass, von Thomas Berghammer und Martin Eberle an Trompete und Flügelhorn bis hin zu Karl Stirner an der Zither, von Mathias Koch am Schlagzeug bis Michael Bruckner an der Gitarre, und vom Sänger Klemens Lendl bis hin natürlich zu Hannes Löschel am Piano. Herausragend an den Bruchstellen zwischen Abstraktheit und Konkretisierung die zwei Bläser, die unglaubliche Sätze hervorbrachten, und im Laufe des Konzerts zunehmend an Stärke und Einfluss gewann. Witzig freilich Gestus und Ausdruck von Klemens Lendl - Franz Schubert und André Heller in Personalunion. Genial die radikale Neuinterpretation bekannter Gstanzln. Ein Stück, in dem das Konzept voll aufging und zeigte was alles möglich ist wenn man die richtigen Musiker um sich schart. Erhellend. (Text: Manfred Horak; Fotos: Lukas Beck)

Link-Tipps:
Glatt & Verkehrt 2007 (Tag 3) – die Kritik
HP von Glatt & Verkehrt
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Interview mit Hannes Löschel und Michael Bruckner
Interview mit Wolfgang Muthspiel