Giorgio Faletti, der mit diesem episch angelegten Kriminalroman in Italien weit über 400.000 Stück verkaufen konnte, weiß durchaus wie er die Spannung über 670 Seiten halten kann, obwohl sicherlich auch 500 Seiten gereicht hätten, um in seinem Debütroman alles zu erzählen.
"Erst hast du mich von meinen Leiden erlöst, und dann hast du mir noch ... hast du mir das geschenkt, ein neues Gesicht, ein wunderschönes Gesicht. Wie kann ich diese Schuld jemals abtragen?"
Ein Serienmörder geht um, und zwar in Monte Carlo, und tötet junge, wohlhabende, gutaussehende Männer. Die Morde kündigt der Täter in einer Radiosendung an und spielt jeweils kurz ein Musikstück an, das, verrätselt aber doch, andeutet wer das nächste Opfer sein wird. Als erstes ermordet er allerdings ein Pärchen, der Vater der Ermordeten wiederum, ein einflussreicher Militarist aus den USA, kommt daraufhin nach Monte Carlo, um sie zu rächen. Ein weiterer Amerikaner, ein beurlaubter FBI-Agent schaltet sich auf Bitte seines Polizistenfreundes aus Monte Carlo in die Ermittlungen ein, löst letzten Endes auch den Fall und wird von Beginn an nicht nur der große Jäger des Serienmörders sondern auch der Widersacher des durchgeknallten Militaristen, der auch nicht gerade wenig Dreck am Stecken hat. Giorgio Faletti, der mit diesem episch angelegten Kriminalroman in Italien weit über 400.000 Stück verkaufen konnte, weiß durchaus wie er die Spannung über 670 Seiten halten kann, obwohl sicherlich auch 500 Seiten gereicht hätten, um in seinem Debütroman alles zu erzählen. Dass "Ich töte" derart umfangreich geworden ist, liegt auch daran, dass der italienische Autor in seinen Beschreibungen gerne über die Stränge haut - allerdings zum Glück weniger in der minutiösen Beschreibung der furchtbaren Taten des Serienmörders, sondern vielmehr mit Fortdauer des Romans oft nervigen Wegbeschreibungen von Autofahrten und sonstigen Wegstrecken.
"Der Mann ist einer und keiner. Seit Jahren trägt er sein Gesicht
an den Kopf geklebt, und sein Schatten haftet an seinen Füßen,
und noch immer ist es ihm nicht gelungen herauszufinden, was
schwerer wiegt: das Gesicht oder der Schatten."
Dass Faletti auch sehr stark die psychologischen Aspekte der Protagonisten mit einbezieht macht den Roman eigentlich erst stark, auch wenn am Schluss, wie es in den letzten Jahren unnotwendiger weise in der Kriminalliteratur üblich geworden ist, all zu viele Zusammenführungen verschiedener Fälle (man kann auch schreiben zu viele oft an den Haaren herbeigezogenen Zufälle) in den einen großen Fall integrativ einwirken. "Ich töte" beschreibt daher nicht nur die Psyche des Täters (dies sehr ausführlich; ein Umstand, der bei vielen Krimiautoren in letzter Zeit leider ebenfalls sehr vernachlässigt wird), sondern, wie bereits angedeutet, auch jener der anderen Protagonisten. Alle in "Ich töte" haben ihren eigenen, zum Teil sehr eigenwilligen bis äußerst befremdenden Pinkel zu tragen und die deutlichen Kennzeichen von "Gut" und "Böse" verschwimmen bei Faletti deutlich, ebenfalls sehr zum Wohle des Romans. Ein weiteres interessantes Merkmal von "Ich töte" ist, wie eingangs erwähnt, die Wichtigkeit von Musik. Der Autor geht dabei sogar so weit, dass die Lieblingsmusik des Serienmörders von einem fiktiven Jazzmusiker namens Robert Fulton stammt. Von einem, der (ha! ha!) sehr berühmt war, aber nie Plattenaufnahmen machte. Es existieren von ihm allerdings dennoch nicht authorisierte Einspielungen auf Vinyl, von denen es noch zehn Stück gibt. Dies übrigens stellt auch einen Angelpunkt des Romans dar, das letzten Endes entlarvend wirkt. Faletti stellt Fiktionen der Wirklichkeit gegenüber, lässt beides gewissermaßen vermischen, und gewinnt. (Manfred Horak)
@@@@
Goldmann, 2005
672 S., Taschenbuch
ISBN 3 442 45758 0