Der geneigte Leser wird erahnen, in welche Richtung Henryk M. Broder mit seiner "Kritik der reinen Toleranz" schlägt. Wer "Hurra, wir kapitulieren! Von der Lust am Einknicken" gelesen hat, den erwartet in Broders aktueller Polemik wenig Neues. Die Gedanken aus dem Vorgängerwerk werden fortgeführt und auch die Kritik am Islam bildet neuerlich ein zentrales Thema.
Geschmückt mit einer großen Portion Zynismus und Respektlosigkeit gegenüber allen, die seine Auffassung nicht teilen, zieht der Autor in den Kampf gegen die von ihm als Gutmenschen Bezeichneten, die er für die zu große Toleranz der Gesellschaft und deren verheerenden Folgen verantwortlich macht. Dabei bezieht er sich primär auf seine deutsche Heimat, doch das Problem der falsch verstandenen Toleranz ist auch anderswo bekannt. Toleranz gegenüber Intoleranten ist inakzeptabel - der Kernaussage des vorliegenden Werks stimmt man gerne zu. An Stelle einer konstruktiven Argumentation jedoch listet Broder willkürlich gewählte Beispiele auf, die ihm als Indizien für den Verfall der liberalen Gesellschaft gelten. Die grenzenlose Toleranz, kann man dem Buch entnehmen, dränge den Westen in eine passive Stellung gegenüber weniger oder gar nicht toleranten Gesellschaften und man muss dem Autor zustimmen, wenn er laut dazu aufruft, bei diesem Spiel nicht mitzumachen. "Die Welt" hat Recht, wenn sie schreibt: "Broder geht dorthin, wo es wehtut." Damit rüttelt er seine Leser auf. Selbst wenn man Broders zum Teil radikale Ansichten nicht teilt, bekommt man Denkanstöße und möchte am Ende nicht bestreiten, dass seine "Kritik der reinen Toleranz" einen interessanten Beitrag zur Diskussion um die Wertegemeinschaft des Westens liefert. Allerdings wäre ein von konstruktiven Argumenten getragener, seriöser Diskurs wünschenswerter gewesen als die zynische und spöttische Polemik, die Broder einmal mehr gewählt hat, um seine Meinung auszudrücken. (Denise Karnthaler) |
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