Da liegt ja scheinbar nichts näher, als einen kleinen praktischen Ratgeber zu publizieren, dem Zug der Zeit folgend mit einer netten Audio CD verpackt. Und dann frisch drauf los geübt und schon wandelt sich die gesprochene Welt zur guten. Wenn es denn so einfach wäre.

Wieso gut sprechen?

Das Vorwort zum Buch - das sich keck und durchaus unbescheiden in Anlehnung an ein großes altes Sprechtechnikwerk "Der kleine Martini" nennt - wird von einer Managerin eines Energiekonzerns verfasst und so liegt der Verdacht nahe, dass es sich um eine gedruckte Schnellsiedeversion für die Luxushotelnachtkastlablage gestresster Manager und Politiker handelt. Schon vom inhaltlichen Aufbau her geht es hier von der Atmung über die Artikulation (bei deren Beschreibung z.B. die zentrale Rolle der Kieferöffnung ausgeblendet wird) zur Stimme, was sowohl physiologisch als auch didaktisch zumindest suboptimal ist. Die sprechtechnisch zentrale Frage der Stimmbildung wird in einer analytischen Art abgehandelt (Checkliste zur Selbst- und Fremdeinschätzung), die für die meisten Anwender gar nicht in dieser Differenzierung wahrgenommen werden kann (42 Dimensionen der Sprechwirkung in jeweils 7 Ausprägungen – völlig praxisfremd!). Die Forderung nach einem "sachlichen" Tonfall beim Sprechen widerspricht allen gängigen Forschungsergebnissen, die den Wert und die Kommunikationsleistung von emotional beladenem Sprechen klar beweisen.

Ganz nützlich und brauchbar jedoch sind die Übungstexte im Buch, auch recht übersichtlich gegliedert in die Vokal- und Konsonantengruppen. Jede dieser Gruppen wird auch mit Kalauern oder "Zungenbrechern" unterfüttert, was durchaus gutes Trainingsmaterial bietet. Ein echtes Ärgernis hingegen ist die beigelegte Audio CD. Hier werden hörbar frei und nach Belieben Ausspracheregeln ignoriert (sowohl Siebs als auch Duden könnten hier sehr hilfreich sein!). Und dies ist gerade bei einem Buch, das sich an nicht professionelle Sprecher wendet, verwirrend und ausgesprochen kontraproduktiv. Daher: Bitte nicht so nachsprechen, denn auf der CD werden Endsilben verschluckt, stimmhafte "S" ignoriert, der Unterschied zwischen offenen und geschlossenen Vokalen schlicht beiseite gelassen. Richtig weh tut das hart und falsch gesprochene "ÜbunK" oder "AchtunK": Keine Ahnung, ob man sich in irgendwelchen Manageretagen zu solch wilder Artikulation versteigt. Dies in einem Lehrbuch zu präsentieren, ist zumindest tollkühn. Fazit: Ein paar nützliche Sprechübungen in einem sonst nicht allzu stringenten Kontext. (Tristan Jorde)