Das Wollschaf trotzt dem Schicksal und überlässt es anderen, sich darin zu verstricken. Auch Lorenz Mohn würde das Stricken an der Zukunft lieber seinen Kundinnen im frisch eröffneten Kurzwarenladen überlassen. Dort hat der ehemalige Märchenonkel der Sexualität sein Leben auf eine seriöse handwerkliche Basis gestellt und die Liebe seines Lebens in Gestalt der wasserblauen Sera Bilten gefunden. Ein kleines Idyll unter dem lautverschobenen Pluto Mond "Nix". Hätte man Lorenz nicht eine Leiche unters Bett geschoben. Und hätte er für das Gründungsdarlehen nicht versprochen ein Leben zu retten.
Wir werden Weihnachten nach meinen Regeln feiern oder gar nicht. Diese Wiener-Dreifachkombination mit Stavros Stirling (bekannt aus "Lilli Steinbeck") als Gastermittler ist nur der Auftakt. Denn im Stuttgart'schen Idyll Botnang wird ein Agent erster Klasse aus seinem Schläferdasein gerissen. Klaus Soonwald, der lieber als Herausgeber des Bürgerblatts für Verstand, Herz und gute Laune bei seiner Frau Maritta bleiben würde, soll einen Archaeopterix beschaffen, einen Picasso einsammeln und dann über Timberland-Lodge nach Hause fliegen. Nach "X", der hinter dem Zwergplaneten Pluto kreist. So löst ein Tropfen im Wasserglas eine Erschütterung nach der anderen aus. Hinter dem Tisch eine Frau, wie man sagt: Am Ende der Straße wurde es doch noch gefährlich. Hinter all dem steht eine höhere Macht, die von Claire Montbard, der Grande Dame der Wiener Unterwelt, verkörpert wird. Ganz in der Art einer höheren Macht hält sie sich stets im Hintergrund und ist präsent zugleich wie das Grinsen der Chesire-Katze in "Alice im Wunderland". Es wäre durchaus denkbar, dass sie ans andere Ende des Universums geschickt wurde, weil man ihr Potenzial erkannt hatte und so jemanden lieber nicht im näheren Umkreis haben wollte. Der Einwand, für Alkohol sei es um zehn am Vormittag ein wenig früh, war in Wien eher ungebräuchlich. Zwischen präzise geschliffenen Bemerkungen zu Wien und anderen Teilen der Welt macht Heinrich Steinfest einen großen Sprung in die Zukunft und steigert sich in einen schnellen, finalen Schritt- und Schusswechsel. Das Darlehen muss schließlich irgendwann fällig werden. Und das ist ja nur dann interessant, wenn der Schuldner ein Leben retten muss. Was ihm in einer perfekten Schlusspirouette auch gelingt. Und alles wird gut. Zumindest für den Moment. Es zwingt Sie niemand Epilog und Anhang zu lesen. Nachdem sich der Autor als Chronist des Geschehen bezeichnet, hier die darin unerwähnte versteckte gute Nachricht: Die Welt wird 2012 nicht untergehen, egal was die Mayas oder Herr Emmerich behaupten. Sie finden, darin liegt ein Widerspruch? Dann werden Sie auch über das viele Kokettieren mit der Romanform unken. Wenn Sie jedoch punktgenaue Formulierungen schätzen und sich ohne vertriebsbedingte Schranken in eine gute Geschichte entführen lassen wollen, werden Sie mit "Gewitter über Pluto" viel Freude haben. Zur Präsentation seines Romans kommt der Stuttgarter Autor Heinrich Steinfest dieser Tage in seine alte Heimatstadt Wien. Es gibt insgesamt drei Termine, also keine Ausreden, am 2. Dezember 2009 zusätzlich mit einer Einführung von Stefan Slupetzky in der Hauptbücherei. (Christine Koblitz)
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