Im Werkraumtheater Graz wurde am 1. November 2009 den Toten auf literarische Weise gedacht. In der Lesung "reden an die toten" von Mathias Grilj lauschte man in intimem, stillem Rahmen sieben Nekrologen und einem tröstenden Abschlusstext, musikalisch untermalt vom Sohn des Autors, Paul Grilj.
Mit seiner tiefen sonoren Stimme las der renommierte Grazer Autor aus seinem Werk "So geht Leben" Nachrufe auf Freunde, Verwandte und Bekannte und rührte sein Publikum zu leisem Schniefen. Seine durchdachten Texte berühren zwar nicht immer, da sie doch oft mit versteckten Bedeutungen aufgeladen sind, beeindrucken aber dennoch durch Prägnanz und viel Gefühl. Dass dann der eine oder andere Nekrolog ein eher schales Bild von dem Toten zeichnet, sehr persönlich und demnach für Unbekannte unverständlich bleibt, mag man in Anbetracht des Genres verzeihen. "Reden an die Toten" bleiben sehr subjektive Geschichten, sind sie doch stets mit lieben Erinnerungen verbunden. Diese sehr menschlichen und feinfühligen Schriften von Grilj regten jedoch nicht nur den Verfasser selbst, sondern auch seine Zuhörer zu einigen zerdrückten Tränen. Immer "schön" formuliert und keineswegs verherrlichend, sondern ehrlich gedenkt Grilj seiner Toten und wie bei Franz Innerhofer auch etwas verärgert. Verärgert darüber, dass dieser österreichische Literat, der im Leben so sehr mit sich selbst kämpfen musste und schrieb, um sich zu befreien, dennoch keine helfenden Worte für sich selbst fand. Dass er seine Ängste, seinen Schmerz und seine Selbstzerstörung nicht in Text umwandeln und auflösen konnte, sondern für ihn "Dichten ist sich selber richten" bedeutete, das wirft Grilj ihm hier vor. Der musikalische Einschub von Paul Grilj der darauf folgt, passt insofern in diese trauerliche Umgebung, als er fast wie ein Aufheulen, ein Klagen und Weinen klingt. Und trotzdem wühlt er das Publikum nicht auf, sondern besänftigt. Die stimmigen Übergänge dieser dunklen elektronischen Klänge wirken wie ein tröstendes Streicheln. Der Schriftsteller ist einige Male sichtlich ergriffen und mit seinem letzten Nachruf über die Schwiegermutter bewirkt er dies letztendlich auch bei all seinen Zuhörern im Werkraumtheater Graz. Waren schon davor tiefe, dezente Seufzer hörbar, verursachte dieser Text wirklich Gänsehaut. Denn er erzählt nicht nur von einer starken, beeindruckenden Frau, sondern über ihr (und ein) erfülltes Leben an sich. Und man möchte sich ein Vorbild an ihr nehmen, an ihr die in einem so kurzen Text, so eindringlich beschrieben wird, dass man Mühe hat den Kloß im Hals hinunterzuschlucken. Mit einer zwischen Witz und Melancholie pendelnden Ironie beschreibt Grilj eine bodenständige Frau ganz greifbar nah, voller Liebe und Respekt. Eine Frau, die vielen harten Zeiten ausgesetzt war und dennoch ihren Frohsinn und ihren Lebensmut nie verloren hat und ihrer Familie stets mit Halt, Zuwendung und Güte gerne zur Seite stand. Es ist eine Mischung aus Heiterkeit und unglaublichem Schmerz um den Verlust einer Person, in diesen Texten und an diesem Abend. Man gedenkt ihr und all den nahestehenden Toten im besten Sinne und man ruft sich im Leben lustige Szenen ins Gedächtnis und man lächelt. Man lächelt, weil man sich daran erinnert und man weint, weil es sie nicht mehr geben wird. (Daniela Unfried) |
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