Die Textbearbeitung von "Der Bürger als Edelmann" nach der Ballettkomödie von Molière (1670), gesprochen von Eberhard Esche und Dieter Mann mit der Musik von Richard Strauss (Orchestersuite op.60, 1920), gespielt von der Kammersymphonie Berlin, darf mit ins Auto. Literatur als Hörbuch zur Unfallprävention.
Ich habe ja nie genau verstanden, warum es Hörbücher gibt, aber das mag ja auch daran liegen, dass ich so gut wie nie mit dem Auto fahre. Menschen aber, die große Teile ihres termingehetzten Lebens in Automobilen verbringen, haben mir jedoch versichert, dass Hörbücher eine echte Erweiterung ihres sonst verkehrsfunkgeschädigten Hörhorizontes in sich bergen. Also traute ich mich jetzt einmal über "Der Bürger als Edelmann" in der Fassung auf CD. Und habe mich köstlich dabei unterhalten. Es ist absolut hörenswert, wie die beiden Altmeister Eberhard Esche und Dieter Mann souverän und mit einer großen Portion bösen Humors die alte "Ballettkomödie souverän in sechs Zwischenspielen erzählen und hörbar enthusiastisch spielen", in der Bildungsdünkel und Standesdenken gleichermaßen zerpflückt werden. In diesem Live-Mitschnitt treffen Molière auf Loriot, Pseudoweisheiten auf Berufseitelkeiten und zwei virtuose Schauspieler aufeinander. Obwohl sie in der originalen Aufführung Perücken als optisches Hilfsmittel zur Verfügung hatten, werden auch im Hörbuch die einzelnen Charaktere transparent und lachend miterlebbar. Der Möchtegern Aufsteiger, Bürger Jourdain, kommt tumb und eifrig zu seinen Stunden, die Halbgenies aus Musik und Tanz geben für den Mammon fast alles und der Philosoph offenbart in seiner betulichen Weisheit die Jämmerlichkeit menschlichen Erkenntnisstrebens. Und das alles kommt leichtfüßig einher, köstlich pointiert und in Portionen, die es sogar gestressten Spurwechslern auf der Südost-Tangente gestatten, in lächelnde Leichtigkeit zu geraten und Tempo mit Freude zurückzunehmen. Die Musik, von Richard Strauss 1920 komponiert, ist spätromantisch geprägt, und nur vereinzelt mit ein paar zaghaften Ausritten in die Moderne geschmückt. Auch das wohl ein milieuangepasstes Zugeständnis an das hörende, meist fahrende Zielpublikum. Aber sie ist das, was gemeinhin "klassisch hübsch" genannt wird. Und sie wird von der Kammersymphonie Berlin ebenfalls leicht und schwingend dargebracht, auch hier Hörgenuss mit einem Lächeln auf den Lippen. Ich werde wohl auch in Zukunft die papierenen, gebundenen Begleiter der Silberscheibe vorziehen, aber bei dieser Produktion konnte ich mich wunderbar unterhalten und mich offenen Herzens auf die gefällige Musik einlassen. Man kann der geballten Stauaggressivität auf unseren Straßen nur wünschen, dass doch möglichst viele mit dieser CD im Auto fahren. Ein bisschen Molière'sches Lachen würde sich da schon vereinzelt in die verspannten Gesichter schmuggeln. Und das wäre gut. (Tristan Jorde) Hörbuch-Tipp: |
|