"Das erste Konzert, in dem ich mich sehr gelangweilt habe, und zwar so schlimm, dass ich ständig die Seiten im Programmheft zählte, die noch abzusingen waren, und beim Sitzen jenen Steißbeinschmerz verspürte, der typisch ist für wirkliche Langeweile, dieses Konzert bestand in einer Aufführung der Matthäus-Passion von Johann Sebastian Bach..."
"...Das wird viele Menschen entsetzen, handelt es sich bei diesem Werk doch um Große Kunst. Mir war das auch gesagt worden. Ich wusste also, dass ich Großer Kunst zuhörte, Schmerzen und Langeweile hatte ich aber trotzdem. So wusste ich es auch wieder nicht. Oder gehört Langeweile etwa zum Geschäft?" Bin ich normal, wenn ich mich im Konzert langweile? Diese Frage stellte sich Christiane Tewinkel und sie gab sich selbst gleich die Antwort. Konzerte müssen nicht fad sein, sie sind es dann nicht wenn man über so manche Hintergründe Bescheid weiß und wenn man dieses Wissen zielgerichtet, d. h. unterhaltsam einsetzt. Langweile liegt im Sinne des Zuhörers, postuliert Tewinkel, und verabreicht dem Leser das Patentrezept gegen eben diese. Sie erzählt von den Lebensumständen der Musiker und der Interpreten, sie schildert die Leiden und Wehwehchen eben dieser und sie verkneift sich auch nicht die Hinweise über die Liebeleien und Amouren der Künstler wenn es darum geht, der Langeweile etwas Griffiges gegenüberzustellen. So macht es doppeltes Vergnügen auch mal ein "fades" Konzert zu genießen. Bach, Stockhausen, Beethoven und Händel sind die Objekte ihrer Wissbegierde und Christiane Tewinkel erzählt abwechslungsreich und launig von den Spleens der musikalischen Gottheiten und lässt den Leser Einblick nehmen in die Leben und Lebensumstände. Das Buch kommt nicht mit dem erhobenen Zeigefinger daher, sondern ballt die Faust vor lachen. Amüsant und nicht ohne Wissensvermehrung zu lesen. (akro) Buch-Tipp: |
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