Günter Brus war einer der wichtigsten Vertreter des Wiener Aktionismus, er war einer der "Uniferkel" (*), wurde polizeilich verfolgt, gerichtlich verurteilt und inhaftiert. Heute gilt Günter Brus als einer der wichtigsten Künstler der neueren österreichischen Kunstgeschichte und ist oftmals ausgezeichnet und geehrt worden. Der einstmals verfemte Künstler lebt nun in Wien und Graz und präsentiert mit "Das gute alte Wien" den zweiten Teil seiner Erinnerungen.
Günter Brus geht es nicht böse an, es sind keine zornerfüllten Erinnerungen mit denen Brus den Leser konfrontiert, es sind die durch die milde stimmende Brille des Alters gefilterte Momentaufnahmen eines Lebens an der Grenze zwischen Künstler und Aufbegehren, er kalauert sich durch seine Vergangenheit, die Weggefährten von damals werden zu Otto Sperrmüll, Hermann Schlacht und zu Oswald Wienerwald, die Orte des Geschehens sind feuchte Keller, Wohnungen jenseits des Ganges und schrägen, vom Bierdunst und der nicht verarbeiteten Vergangenheit verseuchten Beiseln am Wiener Gürtel. Humorvoll und sich seiner Stellung im Kunstbetrieb bewusst schreibt sich Günter Brus durch eine Vergangenheit die längst vorbei ist, die aber notwendig war um Österreich zu dem zu machen was es heute ist. Einen sehr gelungenen Überblick aus dieser Zeit liefert übrigens auch die heute wahrscheinlich nur mehr (wenn überhaupt) antiquarisch zu erhaltende Sonderausgabe der Zeitschrift "Wiener" (ja, genau: diese Zeitschrift war wirklich mal super gut, und jetzt? Gnade!) aus dem Jahr 1982. (akro) (*) Uniferkel war der Ausdruck mit dem eben auch Günter Brus in der Presse belegt wurde als er im Rahmen einer Aktion, zu einer Zeit als es ihm nach eigenen Worten nicht mehr um die Kunst sondern nur mehr um die Provokation und den Abbau seines persönlichen Widerwillens gegen das herrschende Establishment ging, vor Publikum in der Uni Wien seinen Köperflüssigkeiten, des wässrigen und den komprimierten, freien Lauf ließ, dazu die Bundeshymne intonierte und Onanierbewegungen machte. Für diese Aktion wurde Günter Brus postwendend verurteilt und inhaftiert.
Verlag Jung und Jung (2007) 164 Seiten Gebunden |
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