weihnachtsbaum kulturgeschichte foto: Manfred Horak

Es ist längst Tradition einen Nadelbaum zur Weihnachtszeit zu schmücken. Doch wie kam der Weihnachtsbaum ursprünglich in die Wohnzimmer?

Weihnachtsbaum Kulturgeschichte

Foto Manfred Horak weihnachtsbaum kulturgeschichte

Die Tradition des Weihnachtsbaumes gab es bereits als Lebensbaum oder Heiligen Baum in der Antike. Ihm wurde eine kosmische Kraft zugeschrieben, die durch seine Baumkrone den Himmel mit der Erde verbindet. Nicht zuletzt bedeutete auch die Frucht des Baumes, insbesondere der rote Apfel, Liebe und Fruchtbarkeit. So sollen während der römischen Neujahrsfeierlichkeiten Knaben durch die Straßen gelaufen sein und rote Äpfel angeboten haben. Man pflegte zur Jahreswende auch Bäume zu weihen und mit Kugeln, Bändern und Öllämpchen zu schmücken, die das Himmelskleid symbolisieren sollten. Dieser Kult kann sogar mit dem Kult der Athene bis ins zweite vorchristliche Jahrtausend zurückverfolgt werden. Doch nicht nur die Griechen und Römer kannten den Brauch des Lichterbaumes, auch die Germanen besteckten zu Neujahr Bäume mit Lichtern und schmückten ihre Häuser mit Reisig. In der christlichen Auslegung wird das grüne Kleid des Baumes, das Immergrün, zum Symbol für den Sieg des Lebens über den Tod durch Jesus Christus, der Kerzenschein zum Licht, das Gott durch die Geburt seines Sohnes in die Finsternis der Welt sandte.

weihnachtsbaum kulturgeschichte baum im netz foto manfred horak

Mit Papierrosen geschmückte Tannenbäume

Das Schmücken des Weihnachtsbaumes, wie wir ihn kennen, ist erst wieder ab dem 16. Jahrhundert für Europa belegt. Eine erste diesbezügliche Nachricht ist aus dem Jahr 1514 von Riga erhalten. Die heutige Hauptstadt von Lettland und „Reformationsstadt Europas“ stand in dieser Zeit unter dem Deutschen Orden. Am Weihnachtsabend trug die Gilde der Kaufleute zwei mit Papierrosen geschmückte Tannenbäume auf den Marktplatz. Von Weihnachtsbäumen, ähnlich den heute bekannten, berichtet 1605 ein Unbekannter in seiner „Reisechronik“ aus dem Elsass im Osten Frankreichs, damals noch zum „Heiligen Römischen Reich“ gehörend: „Auff Weihnachten richtt man Dannenbäume zu Straßburg in der Stubben auf, daran henckett man Rossen aus vielfarbigem Papier geschnitten, Äpfel, Oblaten, Zischgolt, Zucker […].“ Da vor dem 19. Jahrhundert vor allem Äpfel, Nüsse, Gebäck und Zuckerzeug an den Baum gehängt wurden, hieß der Weihnachtsbaum regional auch Zuckerbaum. So nennt ihn auch der Dichter Jean Paul in seinem 1797 erschienenen Roman „Der Jubelsenior“: „In einigen der nächsten Häuser waren schon die Frucht- oder Zuckerbäume angezündet und die (…) Kinder hüpften um die brennenden Zweige und um das versilberte Obst“. Bei E.T.A. Hoffmann heißt es 1816 in seinem Märchen „Nußknacker und Mausekönig“: „Der große Tannenbaum in der Mitte trug viele goldne und silberne Äpfel, und wie Knospen und Blüten keimten Zuckermandeln und bunte Bonbons und was es sonst noch für schönes Naschwerk gibt, aus allen Ästen“. Eine der ersten Erwähnungen des Weihnachtsbaums in der deutschen Literatur stammt allerdings - wie sollte es anders sein? - von Johann Wolfgang von Goethe. In dem Briefroman „Die Leiden des jungen Werthers“ (1774) besucht der Protagonist am Sonntag vor Weihnachten die von ihm verehrte Lotte und spricht von den Zeiten, da einen die unerwartete Öffnung der Türe und die Erscheinung eines „aufgeputzten Baumes“ mit Wachslichtern, Zuckerwerk und Äpfeln in paradiesisches Entzücken versetzte. Neben Süßigkeiten spielten sehr früh auch vergoldete und versilberte Elemente eine wichtige Rolle, vor allem Äpfel und Nüsse. Es gab zunächst keinen gewerblich hergestellten Christbaumschmuck, sondern er wurde vollständig von den Familien hergestellt, in der Regel für jedes Weihnachtsfest neu, auch wenn es auf den Weihnachtsmärkten (früher auch „Dezembermärkte“ genannt) bereits einige Schmuckelemente zu kaufen gab, sei es Christbaumschmuck aus Papier, Stroh und verwandte Materialien, sei es Glasschmuck. Um 1830 herum wurden bereits die ersten Christbaumkugeln geblasen. Überaus populär waren auch Bücher mit entsprechenden Bastelanleitungen und Dekorationsvorschlägen. Der Brauch des selbst gebastelten Weihnachtsschmucks hielt sich bis ins 20. Jahrhundert, wurde aber allmählich u.a. durch das industriell gefertigte Lametta, das Eiszapfen symbolisieren soll, weitgehend verdrängt.

weihnachtsbaum kulturgeschichte baum in stube foto manfred horak

Wien bekommt seinen ersten Weihnachtsbaum

Bis ins Jahr 1814 dauerte es, bis auch in Wien zum ersten Mal ein Christbaum aufgestellt wurde. Fanny von Arnstein stellte an jenem Weihnachtsabend den ersten Christbaum in Wien auf. Eine Tradition, die sie aus Berlin mitgebracht hatte. In der Arnstein-Biografie von Hilde Spiel (1962) heißt es: „Bei Arnsteins war vorgestern nach Berliner Sitte ein sehr zahlreiches Weihnachtsbaum- oder Christbaumfest. (…) Alle gebetenen, eingeladenen Personen erhielten Geschenke oder Souvenirs vom Christbaum. Es wurden nach Berliner Sitte komische Lieder gesungen…Fürst Hardenberg amüsierte sich unendlich.“ Ihrer Tochter Henriette Pereira-Arnstein ist es schließlich zu verdanken, dass ein Weihnachtsbaum in Österreichs Wohnzimmern zur Tradition wurde. Da Tannenbäume in Mitteleuropa selten waren, konnten sich diese zunächst nur die begüterten Schichten leisten, und die Stadtbevölkerung musste mit Zweigen und anfallendem Grün auskommen. Tannenbäume waren nämlich dermaßen rar, dass 1815 die niederösterreichische Landesregierung ein Verbot erließ vom „Abstämmeln und Ausgraben der Bäume zum Behuf der Fronleichnamsprozessionen, Kirchenfeste, Weihnachtsbäume und dergleichen“. Mit „dergleichen“ waren vermutlich die Nikolausbäumchen gemeint, die 1782 als „grüner Baum mit brennenden Kerzchen bestekket, auf welchem etwelche Pfunde candirtes Zuckerbacht ebenso glänzen wie der vom Reife candirte Kirschenbaum zur Winterszeit schimmert“ beschrieben wurden. Erst als ab der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts vermehrt Tannen- und Fichtenwälder angelegt wurden, konnte der städtische Bedarf gedeckt werden. Mittlerweile stehen in Österreich 2,78 Millionen Christbäume in den Wohnzimmern und Stuben. Am beliebtesten ist der „O Tannenbaum“, hier vor allem die Nordmannstanne mit ihren weichen Nadeln und der satten grünen Farbe. Der Durchschnittsbaum in Österreich ist übrigens 1,60 Meter groß und darf rund 30 Euro kosten. Erfreulich: 85 % der angebotenen Weihnachtsbäume stammen aus heimischen Wäldern. Von diesen kommt der Großteil wiederum aus Niederösterreich, das auch den Wiener Markt beliefert.

Text und Fotos: Manfred Horak

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