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nikiwitoszynskyj_selbstportraitAn der Schnittstelle zwischen analoger und digitaler Fotografie arbeitet der Musiker und Fotograf Niki Witoszynskyj auch Sparten übergreifend. Bei Eyes On: Monat der Fotografie Wien 2012 ist seine jüngste Foto-Porträtserie in der Mel-Factory (1140 Wien) zu sehen. Eine sattsam bekannte Phrase dient ihm dabei als Titel der zur Schau gestellten Werke und ist zugleich Ausgangslage des Interviews: "(es gilt die) Unschuldsvermutung".

Kulturwoche.at: Der Titel Deiner Foto-Porträtserie "(es gilt die) Unschuldsvermutung" ist gewissermaßen zum Standardsatz in der hiesigen Medienberichterstattung geworden. Welche Intention steckt für Dich dahinter, dieser Formulierung ein Bild zu geben und was willst Du damit erreichen?

Niki Witoszynskyj: Die 'Unschuldsvermutung' stellt einen Akt des 'Bloßstellens' dar. Ich wollte der immer hohler werdenden Phrase, von einer anderen Seite her, neu?, 'beleuchten'! Dafür 'kleiden' in meinen Bildern Verpackungsmaterialien und (Schutz-)Folien meine körperlichen Portraits dazu ein. Auch das Licht war mir nikiwitoszynskyj_unschuldsvermutungwichtig, und so leuchten ca. 70 (batteriebetriebene) Stirnlampen das 'Unschuldsvermutungs-Set' aus. Es war ein Experiment, und umso mehr hab' ich mich über das plastische Licht mit einer gewissen Organik gefreut: Die Lichtverhältnisse waren nie gleich!

Die Foto-Porträtserie geschieht an der Schnittstelle zwischen analoger und digitaler Fotografie, wie es in der Vorankündigung zur Ausstellung heißt. Wie stehst Du generell zur analogen Fotografie einerseits und digitaler Fotografie andererseits?

Ich hab' ja die Fotografie, rein analog noch an 'der Grafischen' gelernt. Damals [1989; Anm.] freute sich mein Physiklehrer, dass man Pixel nun verlustfrei kopieren konnte! Das muss wirklich was Außergewöhnliches gewesen sein, weil das Leuchten in seinen Augen hab' ich heute noch in Erinnerung - vielleicht auch, weil es ungewöhnlich war. Anfang der 90er lernte ich dann, was Pixel sind, per Photoshop 1.5., in den frühen Tagen der digitalen Bildbearbeitung. Erst später entwickelte sich die Fotografie wieder zu mir 'zurück' und wurde digital. Es gibt für beides Argumente dafür und dagegen. Letztendlich finde ich, ist es dem Bild egal, ob es digital oder analog gemacht ist - gut muss es sein! Ich finde die Ausgabequalität der heutigen Digitalkameras schon ein wenig zu übertrieben, die Kunst gibt es schon länger als 36 Megapixel-aufgelöste Bilder. Das freut eh nur die Festplatten(hersteller)!

Längst Einzug gehalten hat ja auch die iPhone-Fotografie mit all ihren leicht anwendbaren Apps. Ist das ein Element, mit dem Du Dich ebenfalls befasst? Falls ja, was ist daran das Spannende für Dich. Falls nein, warum nicht?

Ich stelle mir für meine Künste! die Frage: Produziere ich - oder reproduziere ich. Heute ist es ein Kinderspiel hochwertige Fotos zu schießen. Die Technik macht das möglich. Ganz allgemein gilt (leider!): Der Spielraum für Experimente wird immer kleiner. Dagegen kämpfe ich tapfer mit meinem Handy an. Das kann nur telefonieren. Zum Fotografieren verwende ich andere Apparate. Die Kunst ist es, diese Apps zu entwickeln, die machen mittlerweile echt tolle Sachen! Wenn's zur 'Geschichte' des Bildes passt, ist auch nichts dagegen einzuwenden. Allerdings sieht man sich an den 'Filtern' schnell satt.

Du bist auch Musiker in der Band Niki Solar International. Gibt es hier ebenfalls Schnittstellen zwischen Musik und Fotografie oder sind das für Dich zwei komplett unterschiedliche künstlerische Zugänge?

Ja, mich zum Beispiel! Ich mach' ja schon seit frühester Kindheit Musik, und mir waren die Schnittstellen lange nicht bewusst, bis ich Musikbearbeitungs-Programme kennengelernt habe, die eine ähnliche Logik wie die Bildbearbeitungs-Programme haben. Höhen und Tiefen gibt es sowohl in der Fotografie, als auch in der Musik. Während die Fotografie Rahmen braucht, ist die Musik als 'flüchtiges Medium raumergreifend. Für mich ist es 'das Schönste auf der ganzen Welt', beide Talente in einen Raum zu packen!

Welche Wünsche hast Du an den Sankt Nikolaus und welche an die österreichische Regierung bzw. an die Regierungen dieser Welt?

Ui, obwohl ich selber ein echter Nikolaus bin, muss ich da lange nachdenken, sonst wird die Liste Telefonbuchdick! Aber vielleicht geht das: Würde man den Reichtum abschaffen, gäbe es vielleicht auch keine Armut mehr! Weniger ist das neue Mehr. Würde kann man sich nicht kaufen! Trotzdem freu' ich mich über ein großes, sowie zahlreiches Publikum! Speziell für das Überraschungskonzert mit meiner Band 'Niki Solar International' am Fr. 9. Nov., 20Uhr! Denn die Gute Laune stirbt zuletzt!

Interview: Manfred Horak
Fotos: Niki Witoszynskyj

Ausstellungs-Tipp:
(es gilt die) Unschuldsvermutung im Rahmen von Eyes On: Monat der Fotografie Wien
Vernissage: 6.11.2012 (18 Uhr)
Ausstellungsdauer: 7. bis 13.11.2012 (tgl. 15 bis 20 Uhr)
Mel-Factory, Hägelingasse 7, 1140 Wien

nikisolarinternational_2012
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