Der österreichische Blues-Man stellt die Welt nach.
Vom 12 Takter bis zum Maßstab 1:72. Erik Trauners Talente beschränken sich nicht nur auf den Blues, sondern er ist ein wahrer Künstler im Bauen von originalgetreuen Landschaften. "Früher habe ich meinen Stress, den ich als Musiker hatte mit den Dioramen abgebaut, heute ist es umgekehrt", erklärt der Gründer und Leader der Mojo Blues Band, Erik Trauner.
In Erik Trauners Wohnung kann man eine Zeitreise machen: Das Attentat auf den Thronfolger Franz Ferdinand in Sarajevo, eine k. u. k. Kaserne, Indianer am Fluss oder sein letztes Werk, eine Stadt aus dem alten römischen Reich verleiten einem in die "kleine" Welt des Modellbaus einzutauchen. Die Werkstatt ist das Wohnzimmer und das prall gefüllte Lager Zimmer, Küche, Kabinett. Jede Lade, jedes Fach mit penibler Ordnung ausgestattet. Jeder Handgriff sitzt, ob Trauner nach Streumaterial, Figuren oder Werkzeug greift.
Von der Josefstadt bis zum Nordpol
Ausgereift und ausgefeilt ist nicht nur das Ordnungssystem sondern auch die Technik, die Trauner für das Bauen von Dioramen verwendet. Größtenteils selbst erfunden, entwickelt und perfektioniert. Die Technik eignete er sich vor allem mit "Learning By Doing" an, aber auch Tipps von anderen Modellbauern sind in seine Arbeiten eingeflossen. "Ich habe vor einigen Jahren mit einer Kleinserie von Eskimos gestartet. Mit dieser kann man das Leben am Nordpol in verschiedenen Szenen darstellen. Mich haben immer schon besonders ethnologische und archäologische Themen interessiert. Im Modellbau dominiert zwar, für mich unverständlich, das Thema 2. Weltkrieg, ich finde jedoch die Welt ist viel reicher. Ich mache beispielsweise auch viele Tiere," so Trauner. Seine Ideen zu einem Diorama bekommt der Modellbaukünstler oft spontan, aber auch die österreichische Geschichte hat ihn inspiriert oder ein Bild, wie zum Beispiel ein Gemälde, das seine Vorlage zum Modell "Napoleon in Ägypten" war. Langwierige Recherchearbeiten gehen jeder dargestellten Szene voraus.
Wie ein Kümmelkorn zur Banane wird
Am Beginn eines jeden Dioramas steht meist das Figurenkonzept. Anschließend wird das Bild, die Szene, grob komponiert. Die Figuren werden mit einem selbst entwickelten Verfahren hergestellt. So kommt in einen Zweikomponenten-Kautschuk (Die Form) Resin (Harz), das mittels einer Vakuum-Maschine eine perfekte Figur entstehen lässt. Zuerst wird der Rahmen aus im Handel erhältlichen Sesselleisten gebaut. Dieser mit PU-Schaum ausgeschäumt. Diese "Mondlandschaft" erhält durch ausschneiden von Teilen - Flüsse oder Straßen - ihre erste Gestalt. Darüber wird Gips aufgetragen, der im feuchten Zustand mit Sand bestreut wird oder Steine, die dann die Felsen sind, werden platziert. Meist wird dann mit Braun grundiert. Anschließend folgt die Vegetation, die aus vielen verschiedenen Materialen, meist aus der Natur, besteht. "Man geht wie ein Trüffelschwein durch die Welt. Ich studiere nicht nur die Übergänge vom Wald in die Wiese, sondern bin immer auf der Suche nach geeignetem Material. Ein Blatt, ein Stück Holz oder Gräser - nichts ist sicher, selbst im Restaurant wird so manches Trockengesteck geplündert. Und als ich mal ein Kümmelkorn näher betrachtet habe, schoss mir ein, das ist eine Banane im Maßstab 1:72. So entstand meine Bananenplantage. Ich habe aus Kümmelkörnern einen Bananenbaum gebaut, der als Prototyp anschließend in Harz gegossen wurde," erläutert der H0-Spezialist.
Eine selbstgebaute Blätterstanzmaschine für maßstabsgetreues Laub
Erik Trauner hat eine große Sammlung aus Gewürzen, Tees, und selbst eine Blätterstanzmaschine hat er konstruiert, um aus echten Blättern maßstabsgetreues Laub zu produzieren. Der Anteil von zugekauftem Material liegt bei höchstens 10 Prozent. Ganz zum Schluss kommt das Wasser für das er als Spezialist weit über die Grenzen hinaus bekannt ist. Denn Wasser ist das schwierigste, was es im Modellbau nachzubilden gilt. Auch bei Erik Trauner landet so manch mühsam gebautes Diorama am Mist, weil das Harz, das für das Wasser verwendet wurde im Laufe der Zeit vergilbte, aber jetzt dürfte er das Richtige gefunden haben.
Den letzten Schliff bekommt das fertige Diorama durch die Fixierung, denn es sollten sich ja auch noch die nachfolgenden Generationen an seiner Kunst erfreuen können. Es wird Weiß- (Holz) Leim verdünnt mit Wasser mittels eines "Blumenspritzerls" gleichmäßig verteilt.
Experimentiert wird ständig. An einem Wasserfall (die größte Herausforderung im Modellbau überhaupt) oder an einem Maisfeld, wo gerade Pflanzenteile, die bei einem Spaziergang in Zakynthos gefunden wurden, verarbeitet werden. "Manischen Perfektionismus" nennt Trauner seine Leidenschaft, die ihm schon über schwierige Zeiten in seinem Leben hinweggeholfen hat - bis ins kleinste Detail alles originalgetreu, authentisch, so naturgetreu wie möglich nachzubilden.
Die Tradition des Modellbaus reicht bis ins Mittelalter zurück und die Zukunft wird Trauner als Meister seines Faches entscheidend mitprägen. Demnächst wird nicht nur in der Zinnfigurenwelt in Katzelsdorf/Leitha eine umfangreiche Sonderausstellung seiner Werke zu bewundern sein, sondern Erik Trauner wird auch Workshops veranstalten, um sein breit gefächertes Wissen und seine vielfältigen Fähigkeiten auf dem Gebiet des Modellbaus auch weiterzugeben. (Text: ehr; Fotos: Wolfram Bradac)