Die Expertin: Warum Martina Laab, die neue Musikdirektorin (Head of Music and Performance) des Österreichischen Kulturforums New York, so wichtig ist. Von Denise Riedlinger.
Als ich Martina Laab im Sommer 2009 in einem thailändischen Restaurant auf New York's Upper East Side zum ersten Mal begegnete, war noch alles anders. Über Curry und Wein erzählte sie mir, ihr Freund - Gustav-Tontechniker Oliver Brunbauer - sei für eine Mini-USA Tour hier und sie nutze nur die Gelegenheit ihr geliebtes New York, in dem sie nach dem Studium einige Zeit verbrachte, wieder zu sehen. Heute ist die gelernte Kommunikationswissenschaftlerin und ehemalige Bookerin von Joe Zawinul's Birdland als erste Nicht-Diplomatin überhaupt die neue Musikdirektorin am Österreichischen Kulturforum. World Music wird Rot-Weiß-Rot. Kulturwoche.at: Wie war denn ihre zweite Arbeitswoche? Martina Laab: Es war erst meine erste Arbeitswoche. Es ist gleich voll losgegangen: Wir haben im Januar eine Kooperation mit dem Konzerthaus laufen und starten 2010 mit Klassik. Was ist Ihre Rolle im ACF [Austrian Cultural Forum; Anm.] genau? Nennt sich der Posten immer noch Musical Director? Genau heißt das jetzt "Head of Music and Performance". Ich habe beide Bereiche über. Übrigens ist es der erste Versuch eines Kulturforums jemanden einzusetzen, der aus dem Musikbereich kommt. Ich hatte als Bookerin ja öfter mit den Kulturforen zu tun - die Art des Verständnisses war immer davon abhängig, ob sich die jeweiligen Diplomaten auch für den Bereich Musik interessieren. Ich finde es logischer jemanden einzusetzen, der in dem Bereich daheim ist. Was repräsentiert das Kulturforum New York für Sie? Was sollte es repräsentieren? Es gibt Hemmschwellen für mich: Das Haus ist extrem schön und edel, aber mit der Lage mitten im Businesdistrict sind wir für ein Kunsthaus am falschen Ort. Daher ist die Zusammenarbeit mit lokalen Klubs wie Le Poisson Rouge oder Joe's Pub so wichtig, denn die bringen ein neues Publikum. Direktor Andreas Stadler hat das sofort gesehen und mit den Veranstaltern hier Kontakte geknüpft. Mit der 10.000sten Bach Variation werden wir die Leute nicht anlocken. Es gibt auch viele österreichische Künstler hier, die wir im Rahmen der Jazz- und Elektronikfestivals mit amerikanischen Künstlern zusammen arbeiten lassen wollen. Wir wollen zeigen, was Österreich so drauf hat! Was hat Österreich denn so drauf? (Lacht) Gutes Essen? Schöne Natur! Wir sind in bestimmten Nischen sehr gut, wie etwa im Bereich experimentelle Musik. Künstler wie Franz Hautzinger oder die Band Radian sind da gute Beispiele: Diese Verbindung von Elektronik, zeitgenössischer Musik und Jazz ist bei uns stark vertreten. Im Elektronik-Pop-Bereich ist Soap & Skin totale Durchstarterin. Auch was Worldmusic angeht, vor allem aus der Richtung Balkan, sehe ich enormes Potenzial. Acts wie Adrian Gaspar, Saschko Wladigeroff, Fatima Spar, diese migrantische Musikkultur ist ebenfalls Teil von uns. Es gibt in Österreich so viele Menschen von überall her. Wir sollten auch im Ausland zeigen, dass wir ein Vielvölkerstaat waren. Wir mögen zwar jetzt ein kleines Land sein, aber wir tragen diesen Teil in uns. Ich möchte für 2011 auch unbedingt einen Frauen-Schwerpunkt ins Programm nehmen. Gerade wenn man etwa das vor kurzem erschienene Buch "frauen/musik österreich" in die Hand nimmt, sieht man wie viele österreichische Komponistinnen, Interpretinnen und Musikmanagerinnen es gibt. Da gibt es eindeutig Nachholbedarf. Ich bin natürlich eine Frau, aber wenn man zurück geht und sich auch die zeitgenössische Musikszene ansieht - nur Männer. Bereits diesen Juni bringen wir ein Komponistinnen-Portrait von Johanna Doderer. Für 2011 sind wir mit Eva Reiter im Gespräch, mit der wir ein Portrait im Rahmen des "Moving Sounds" Festivals planen. Olga Neuwirth wäre noch eine Wunschkandidatin für heuer. Das hört sich so an als ob es mehr Ideen gibt als das Jahr Tage hat... Das ist im Moment das Problem. (lacht) - Ich würde auch sehr gerne Künstlern die Rutsche nach Washington oder Chicago legen. Klar, wir können nur eine sehr kleine Anzahl von Leuten herholen, es werden sicher viele mit der Frage kommen: "Warum die und ich nicht", damit müssen wir rechnen. Man kann bei Künstlern aber schon feststellen ob Potenzial da ist. Es muss funken. Es muss auch spannend und neu sein. Was viele österreichische Künstler leider nicht machen ist, dass sie einfach dran bleiben. Gerade wenn man das mit New York vergleicht. Es ist harte Arbeit, Musiker zu sein. In Österreich gibt es schon so eine Attitüde, dass Leute sich erwarten, dass es funktioniert, und wenn es nicht funktioniert, dann motschkern sie. Es gibt andererseits aber auch zu wenig Unterstützung für Talent, und auch für Veranstaltungsorte. Es ist sehr tragisch, dass etwa der "Ost Klub" nicht genügend gefördert wird [Interview zu diesem Dilemma gibt es HIER; Anm.]. Auch um die alte "Szene Wien" [Interviews zu diesem Thema gibt es HIER und HIER; Anm.] habe ich sehr getrauert. Es kann der Bund aber auch nicht die einzige Antwort sein. Wir haben in Österreich zu wenig die professionelle, kämpferische Attitüde, die notwenig ist, die Wirtschaft auf die Seite der Kultur zu bringen, wie das hier in den USA üblich ist. Darum finde ich es gut, dass der Bund sagt, es ist uns wichtig in New York präsent zu sein. Doch. Find ich schon wichtig. Bei unserem letzten Treffen hatten sie noch eine ganz andere Zukunft, nämlich in Wien bei der Jeunesse vor ihnen. Ist die radikale Veränderung gut oder schlecht? Es war immer ein Wunschtraum von mir noch einige Zeit im Ausland zu arbeiten. Ich war 2002 als Praktikantin bei Jazz at Lincoln Center und war von der Energie der Stadt total angezogen. Man kommt hierher und fühlt sich als Teil des Ganzen. Es ist eine Stadt in der Kommen und Gehen dazu gehören, wie lange man bleibt, danach fragt keiner. Was in Wien auf mich wartet... schwer zu sagen. Da hab ich eigentlich schon alles gemacht, oder? Das Interview führte Denise Riedlinger.
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