Sie sollten die Vorlieben Ihrer Freundin, was Mineralwasser betrifft, genau kennen, sonst ergeht es Ihnen wie Aron, dem Protagonisten im 25-minütigen Spielfilm "Entschuldigung, ich suche den Tischtennisraum und meine Freundin", der erstmals bei der Diagonale 2018 gezeigt wurde.
Dieser Titel ist auch gleichzeitig die Kurzsynopsis des Films und die Reihenfolge kommt nicht von ungefähr.Passivität ist zunächst der Grundtenor, der sich durch den Film zieht, den der 24-jährige Regisseur Bernhard Wenger als architektonische Struktur aufbaut und dessen Thematik er vielschichtig abhandelt. Das beeindruckende, aber auch sterile Ambiente eines Luxus Resorts am Fuße des Großglockners liefert die geeignete Kulisse für die Skurrilität eines Wellnessurlaubs, "für den man vorher monatelang arbeiten muss, um dann zwei Wochen gar nichts zu tun", wie der Regisseur anmerkt. Es werden mit einem Augenzwinkern viele Klischees bedient, z.B. wenn man nackt neben wildfremden Menschen in der Sauna sitzt, wenn eine Familie sich beim Frühstück die Jause für den Tag einpackt, wenn der Google Übersetzer einspringen muss, um die richtige Auswahl zum Frühstück zu erhalten, oder wenn ein älterer Gast auf die Frage Arons "Haben Sie ein blondes Mädchen in meinem Alter gesehen?", antwortet: "Ich würde gern, aber leider nein!"
Entschuldigen Sie, ich suche mich selbst
Passivität ist zunächst auch das Verhängnis des Protagonisten, der nicht ohne Grund aus dem kühlen Skandinavien stammt. Er lässt sich eher durch die Reaktionen auf die Handlungen anderer treiben und auch seine starre Mimik als bloßer Beobachter drückt diese Distanz zur Realität aus.Fast könnte diese Atmosphäre in einen Horrorfilm abgleiten. Man meint auch manchmal Anklänge an den schwedischen Film "Höhere Gewalt" (Originaltitel: "Turist", 2014) des Regisseurs Ruben Östlund zu erkennen, doch Bernhard Wenger hat anderes vor: Die Versuchung für Aron kommt in Gestalt einer blonden Schönheit, deren knallrotes Handtuch die pastelligen und vom Kameramann beeindruckend in Szene gesetzten Farbtöne und Lichtspiele im Hotel konterkariert. Wird Aron es schaffen, am Ende auf die Frage "Entschuldigen Sie, ich suche mich selbst" eine adäquate Antwort zu finden und spielt die Natur, die zunächst auch nur passiv als Kulisse dient, schlussendlich eine Rolle? //
Text: Renate Melcher
Fotos: Bernhard Wenger
Diese Filmkritik entstand beim Workshop "Filmkritiken schreiben" im Rahmen der Diagonale 2018 unter der Leitung von Manfred Horak (Kulturwoche.at) in Kooperation mit Diagonale - Festival des österreichischen Films, Kleine Zeitung und Radio Helsinki. Bei Radio Helsinki entstand mit der Moderatorin Irene Meinitzer auch nachfolgende 60-minütige Live-Sendung .
Film-Infos:
Entschuldigung, ich suche den Tischtennisraum und meine Freundin
Bewertung: @@@@
Spielfilm kurz, AT/DE/SE 2018, 23 min, OmeU
Regie, Buch, Produzent: Bernhard Wenger
Darsteller/innen: Rasmus Luthander, Elli Tringou, Anna Åström, Carl Achleitner
Kamera: Albin Wildner
Montage: Rupert Höller
Musik: Mario Fartacek
Ton: Florian Rabl, Ken Rischard, Ines Vorreiter, Matthias Ermert
Ausstattung, Kostüm: Antonio Semeraro
Produktion: Filmakademie Wien