Ein Film über den man lange diskutieren kann feierte am 13.2.2014 im WUK seine Premiere: "An Object With A Sharp Beginning" von Fanni Futterknecht. Zuvor gab es ein feines Kurz-Konzert von Isabel Ettenauer am Toy Piano. Eine Reflexion von Manfred Horak.
Verwirrung stiften, Sinne täuschen, Perspektiven ändern, wissenschaftlich-philosophische Betrachtungen bis ins Absurde zerren - so oder so ähnlich könnte man den Film "An Object With A Sharp Beginning" von Fanni Futterknecht mit wenigen Worten beschreiben, dessen Premiere am 13.2.2014 im WUK statt fand. Das kommt aber sicherlich auch darauf an, ob man ein langjähriger Futterknecht-Follower ist oder ein Futterknecht-Neuling. Ich bin letzteres. Dass dieser Film eine Fortsetzung von einer Fortsetzung ist, ist auf jeden Fall eine Erwähnung wert, Vorkenntnisse jedweder Art sind allerdings nicht notwendig, um sich auf den Film einzulassen. Okay, das war jetzt ein eher sperriger denn scharfer Beginn, aber der Film ist ja auch kein Mainstream-Produkt. Während der Aufführung kam mir jedoch kurioserweise genau dieser Begriff immer wieder in den Sinn, aber das ist eine andere Geschichte und soll ein anderes Mal erzählt werden. Apropos Fantasie: In dem, was wir erschaffen, sind wir frei, könnte man eventuell noch als weitere Bemerkung hinzufügen, denn darum geht es nämlich, wenn auch vielleicht hintergründig und nicht so sehr vordergründig.
Echte Gesichter sieht man nicht
Zwei Personen sieht man in dem Film, wobei die weibliche Person in erster Linie die Sprechrolle einnimmt. Die echten Gesichter sieht man nicht, beide sind maskiert, beide tragen eine recht eigenartig und schrill anmutende Lack-Kleidung und auch die Stimmlage wird verändert. Anonymität als Stilmittel, bunte Plastizität als Eye-Catcher. Als Ausgangsmotivation für derlei nennt Fanni Futterknecht den Akt der Inszenierung. Und das gelingt ihr mit Akribie. Überspitzte Ästhetik als Spiegelbild. "Ich reflektiere soziale und philosophische Erscheinungen innerhalb der Gesellschaft", so Futterknecht, "welche ein Potenzial poetischer Ausdeutung besitzen." Dass sich dabei einiges, was das Publikum erklärt bekommt, wie Laurie Anderson in den frühen 1980er Jahren anhört - Anderson hat ebenfalls mit verfremdeter Sprechstimme, und so wie Futterknecht, mit feinem Humor, (u.a.) unsere Empfindungen angesprochen - ist bemerkenswert, vielleicht aber auch nur Zufall.
Fiktive Realität als farbenfrohe Spielerei
Der Raum, in dem sich die zwei Personen bewegen, ist weiß, kahl, zunächst gibt es nur einen Drehstuhl, dessen Emotionalität erörtert wird, zunehmend füllt sich der Raum mit grellen Farbgegenständen, mehren sich die Assoziationen, rücken Konfliktsituationen in den Vordergrund. "Es sind plastische Bilder", so Futterknecht, "welche sich mit ihrer eigenen Beständigkeit und Angreifbarkeit performativ auseinandersetzen. Sie sind oft metaphorisch und arbeiten mit Mitteln theatralischer Übertreibung, welche Situationen bis ins Absurde zerren können." Der Zuschauer wird dabei in verschiedene Gefühlslagen gedrängt, manchmal erscheint einem diese fiktive Realität als farbenfrohe Spielerei, manchmal beängstigt es, und zum Lachen gibt es, wie erwähnt, auch immer wieder was.
Unterhaltsam und surreal
Das Schauspiel ist Performance ist Lecture ist sinnlich ist naiv. Unterhaltsam und surreal - erstaunlich, wie sehr sich das immer wieder ausgeht. So. Jetzt habe ich eigentlich recht viel darüber geschrieben und doch (subjektiv gefühlt) nichts erklärt von diesem farbenprächtigen Film. Daher noch ein letzter Versuch: Der Film von Fanni Futterknecht handelt in einer von der Technik beherrschten, geistig arm gewordenen Welt den Zauber der Existenzen, der Existenz schlechthin neu zu entdecken. Wie auch immer, schaut euch den Film an, ihr werdet es nicht bereuen. Zu sehen ist "An Object With A Sharp Beginning" bis 16.2.2014 im WUK. Quasi als Bonus gibt es vor jeder Filmaufführung ein exquisites Toy-Piano-Kurzkonzert der bezaubernden Isabel Ettenauer, die kürzlich ihr (fast schon herausragend zu benennendes) Album "Whatever Shall Be" veröffentlichte, das zu Recht für den Preis der deutschen Schallplattenkritik nominiert wurde. (Text: Manfred Horak; Fotos: Fanni Futterknecht)