Ein Stück über das Überbehütetsein und das Problem, seinen eigenen Weg im Leben zu finden.

Parzival wächst, wohlbehütet und vor allem und allen beschützt, bei seiner Mutter im Wald auf. Ihr Mann, ein Ritter, hatte sie noch vor Parzivals Geburt verlassen. Doch trotz des geborgen Umfelds wächst in Parzival ein immer stärker werdender Drang, den sicheren Wald zu verlassen und wie sein Vater ein Ritter zu werden. Als er sich schließlich aufmacht, nimmt sich Gawan seiner an und bringt ihm bei, was es heißt ein Ritter zu sein: kämpfen, anderen Angst machen, keine unnötigen Fragen stellen... Parzival nimmt Gawans Lehren dankbar an und bemerkt dabei nicht, dass er dadurch immer abgestumpfter wird. Dies erkennt er erst, als er auf der Suche nach dem Gral - der letzten Prüfung eines Ritters - dem alten, kranken König Anfortas Mitleid zeigen soll. Parzival besinnt sich schließlich auf seinen eigenen Weg: Er will ein Ritter sein. Aber er will auch schwach sein dürfen oder Fragen stellen und nicht immer kämpfen müssen.

Eine Frage des Alters?

Das Stück von Raoul Biltgen wurde im Dschungel Wien unter der Regie von Paola Aguilera umgesetzt. Die Rolle des Parzival übernahm dabei Klaus Huhle. Obwohl der Altersunterschied zwischen Rolle und Schauspieler zunächst etwas merkwürdig wirken mag, verliert sich dieser Eindruck im Verlauf des Stückes. Huhle verkörpert den naiven, mit der Welt außerhalb des Waldes völlig überforderten Parzival überzeugend. Seine quirlige Spielweise lässt nur zu leicht Sympathie und Verständnis für seine Rolle aufkommen, auf der Suche nach dem Gral hilft ihm daher auch das Publikum. Gawan, und die übrigen kleineren Figuren, werden von Sven Kaschte gespielt. Jeder einzelnen Figur verleiht er eine Eigenart, die sich deutlich und leicht erkennbar von den anderen unterscheidet. Durch den Einsatz von verschiedenfarbigem Licht, Toneinspielungen sowie festen Positionierungen der Figuren werden diese Verwandlungen differenziert. Obwohl Identitätsfindung und Überbehütetsein eher ein kindliches Problem zu sein scheinen, hebt diese Inszenierung die Thematik gerade durch die Wahl der Schauspieler aus diesem Alterskontext heraus und wirft damit die Frage auf: Sind Identität und Eigenständigkeit wirklich nur für Heranwachsende ein Problem?

Komödiantischer Erziehungsratgeber

Die Sprache des Stückes ist eher umgangssprachlich und daher auch für das Alter ab 8 Jahren einfach verständlich. In den bildlichen und beschreibenden Ausdrücken wie "Zack Boom" (für zuschlagen) und familienalltäglichen Formulierungen wie "Ich will..." - "Du musst aber..." kann sich wohl jeder Zuschauer, egal welchen Alters, gut wiederfinden. Diese Parzival-Version ist ein gelungenes Stück, das komödiantisch einige Erziehungsregeln hinterfragt und dabei doch schlussendlich eines zeigt: Den eigenen Weg muss jeder selbst finden, ohne ermahnende oder bestimmende Worte; der Gral liegt in jedem selbst. //

Text: Melanie Vigelius
Fotos: Anna Stöcher

Kurz-Infos:

Parzival

Altersempfehlung: 8+

Kritik zur Aufführung am 11. März 2018 im Dschungel Wien und im Rahmen der Dschungel Academy (Workshop) unter der Leitung von Manfred Horak 



Autor: Raoul Biltgen 

Regie: Paola Aguilera 

Schauspiel: Klaus Huhle, Sven Kaschte

Dramaturgie: Guido Mentol

Bewegungscoach: Aleksandar Acev

Licht: Hannes Röbisch