Jaione Zabala über ihre Choreographie Path
Kulturwoche.at: Ihre Choreographie heißt "Path". War sein Weg "wunderlich"?
Jaione Zabala: Es gibt dieses Sprichwort "Wege entstehen dadurch, dass man sie geht". Mich hat also vor allem der Weg interessiert, den Fritz Wunderlich gegangen ist und diesen als Ausgangspunkt genommen, um von dort aus weiterzugehen, zu persönlichen Erinnerungen und Bildern. Ich fotografiere viel, und wenn ich an die Vergangenheit denke, erinnere ich mich in Momenten, in Augenblicken. Mein Stück hat daher nicht drei, sondern sieben Teile und ich wählte kürzere Musik, um Momente zu zeigen, so wie wir eben auf das Leben zurückblicken. So wählte ich letztendlich auch vor allem Musik wie Liszt und Chopin, die mich persönlich lange begleiteten. Einer dieser Momente ist z.B. der, am Anfang, wenn der Mann geht und die Frau alleine zurückbleibt. Sie bleibt alleine, aber es ist gleichzeitig auch ein Neubeginn. Ich dachte an Wunderlichs Mutter, die alleine blieb, nachdem sich ihr Mann das Leben genommen hatte. Oder auch Wunderlichs Frau, die nach seinem Tod übrigblieb. Und ich denke dabei zugleich auch an meine Mutter, denn mein Vater ist 2017 gestorben. Die Situationen sind unterschiedlich, aber wir Menschen haben dieselben Gefühle.
Fritz Wunderlich hätte ja, kurz vor Kriegsende, als Jugendlicher, noch einrücken müssen. Seine Mutter hatte ihn aber, sehr mutig, wieder aus dem Zug geholt. Es gibt daher auch einige Stellen, die auf den Zweiten Weltkrieg Bezug nehmen...
Ja, ich dachte an Wunderlichs Kindheit, die er in der Zeit des Krieges erlebte. Ich nahm Bäume auf, die projiziert werden, davor gehen Männer in einer Reihe. Sie sind wie Soldaten. Zuerst sind sie noch spielerisch, so wie junge Männer unter sich eben auch Spaß haben wenn sie von zu Hause fortfahren und es noch nicht ernst ist. Dann ersetzt langsam einer den anderen - und am Ende der sanften Musik bleiben nur zwei übrig. Für mich war das ein sehr starker Moment. Und dann fiel mir das Lied "Lilly Marleen" ein, das ich selbst oft gehört habe und damals ein Lied war, das alle gesungen haben. Alle, sowohl die Deutschen als auch die Alliierten. Und danach folgt eine fröhliche Jazz-Nummer, denn Wunderlich hatte eine Band, um Geld zu verdienen. Und es ist auch die Lebensfreude und der Erfolg, der Höhepunkt in seinem Leben, an dem es endete. Ich wählte hier moderne Menschen als Bezug zu uns heute. Man muss nicht alles verstehen. Ich möchte den Zusehern nicht sagen, was sie denken sollen, denn jeder Mensch ist und denkt anders und das ist sehr schön. Es genügt, die Schönheit darin zu sehen und es ist mehr eine Referenz wie der Gang durch das Leben.