Und auf einmal ist er da, der Staubaufwirbler. Eine Dumpfbacke, die Lenis Leben komplett auf den Kopf stellt. Die sonst so ehrgeizige, junge Schülerin kann sich plötzlich nicht mehr auf ihre Lieblingsaktivitäten konzentrieren. Cello üben, Gedächtnispaläste bauen und sich für den Orientierungslauf vorzubereiten, standen bei ihr normalerweise an erster Stelle. Sogar Freunde in der neuen Schule zu finden, fällt ihr schwer. Ständig pfuscht ihr dieses Fantasiewesen mit seinem Schabernack dazwischen.

Lösungswege für Stresssituationen

"Dumpfbacke" (Franz Quitt) stellt im gleichnamigen Stück von Alexandra Ava Koch einen Teil von Lenis (Paula Fraunbaum) innerem Selbst dar, der versucht sie vom Leistungsdruck zu befreien, der vielen Kindern schon im Volksschulalter auferlegt ist. Das Schauspiel spricht insbesondere junge Leute an, die sich mit Leni identifizieren, und somit sehen, dass sie nicht allein mit ihren Sorgen sind. Jedoch soll auch den Eltern gezeigt werden, unter welchem Stress Schülerinnen und Schüler stehen können. Dem Publikum wird hier spielerisch dargestellte Lösungswege für dieses Dilemma geboten.

Dynamische Inszenierung und gekonnte Clownerie

Das sehr unterhaltsame Stück für Jung und Alt wird trotz beibehaltener Trennung von Bühne und Zuschauerraum zu einem nahezu greifbaren Erlebnis. Die Spielfreude der Darstellerinnen und Darsteller überträgt sich unmittelbar auf das Publikum. Zumeist bemerkbar durch das herzerwärmende Kindergelächter, welches insbesondere dann auftritt, wenn Franz Quitt seine gekonnte Clownerie zum Besten gibt. Die dynamische Inszenierung von Stephan Witzlinger schafft es immer wieder die Aufmerksamkeit junger Augen auf sich zu ziehen. Durch die einfach konstruierte Bühnenausstattung, die ausschließlich Requisiten beinhaltet, die szenenbedingt auch wirklich benötigt werden, wird nicht vom Wesentlichen abgelenkt.

Faxen der Dumpfbacke

Besondere Beachtung bekommen jene mit Spezialeffekten (Ton, Licht, Rauch) unterlegten Szenen, die eine traumartige Atmosphäre kreieren. Neben der Technik schafft auch das schauspielerische Können das Publikum in Lenis Gedankenwelt zu entführen. Hier spielt der Körper eine wichtige Rolle wenn stilisierte Bewegungen, Slow-Motion und Hebefiguren zum Einsatz kommen. Diese erstellen eine gegenständliche Realität, die das Stück daran hindert, sich in ein abstraktes psychologisches Drama zu verwandeln. Das ist zu erkennen, wenn Leni durch die Faxen der Dumpfbacke daran gehindert wird, in tiefere Verzweiflung zu entgleiten. Dadurch bleibt der anspruchsvolle Inhalt auch für ein sehr junges Publikum zugänglich.

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Der Makel

Es wäre jedoch wünschenswert, den Kindern hin und wieder eine etwas längere Reaktionszeit zu gönnen. Die schnelle szenische Abfolge kann nämlich dazu führen, dass Teile des Dialogs im Gelächter des Publikums untergehen. Ebenfalls verleitet sie die Akteure dazu, manche Gesten und Bewegungen nicht präzise genug zu akzentuieren, sodass das Publikum gewisse Pointen mitunter nicht erfassen kann.

Das Zufallsprinzip

Im Vorfeld jeder Vorstellung werden die jungen Leute gebeten sich Worte zu vorgegebenen Themen auszudenken und diese auf kleine Zettel zu schreiben, um sie dann auf demBühnenboden vor der ersten Reihe zu platzieren. Zur großen Freude der Kinder bauen die Darstellerinnen und Darsteller ihre Worte per Zufallsprinzip in den Text des Stückes ein. Dies bleibt jedoch leider das einzige interaktive Element der Aufführung. Es würde sich hier bestimmt noch mehr aktive Publikumspartizipation anbieten. Solch kleine Makel sollten aber niemanden davon abhalten dieses absolut empfehlenswerte Schauspiel zu besuchen. //

Text: Muriel Schano
Fotos: Rainer Berson

Dumpfbacke
Bewertung: @@@@
Altersempfehlung: 6 - 10 Jahre
Kritik zur Aufführungsreihe, die bis 7.4.2017 im Dschungel Wien zu sehen war
Autorin: Alexandra Ava Koch
Regie: Stephan Witzlinger
Bühne: Markus Schabbing
Kostüme: Afra Kirchdorfer
Musik/Sound: Roland Scheibenreif
Licht: Hannes Röbisch, Markus Schabbing
Assistenz: Sandra Feiertag
Es spielen: Johannes Brandweiner, Paula Fraunbaum, Alexandra Ava Koch, Franz Quitt, Richard Schmetterer, Iris Schmid