mohrle1Ein regelrechter Katzenjammer ist die Performance "Mohrle - eine Fabel" von Hendrik Quast im Rahmen des Freischwimmer Festivals im brut. Eine Kalauer-Kritik statt eines Klärungsversuchs von Anne Aschenbrenner.

Die Katze ist aus dem Sack: Tierpräparator ist ein langsames Gewerbe. Anderthalb Stunden dauert es eine Maus auszustopfen, dass Hendrik Quast dabei als Katze verkleidet ist, macht die Sache nicht besser.

Die Reduktion auf einen sehr banalen Inhalt

Was wie eine Koch-Show beginnt, endet in einem Theater der Peinlichkeit, man wähnt sich im falschen Stück. Wer sich die Performance von Hendrik Quast anschauen will, braucht ein dickes Fell. Dabei ist die Maus, die er coram publico ausstopft gar nicht das Schlimmste, es sind vielmehr die vielen ungenützten Chancen aus einem nicht alltäglichen Handwerk eine einmalige Lecture-Performance über Experten zu machen. So bleibt nur die Reduktion auf einen sehr banalen Inhalt: Katze stopft Maus aus, gibt währenddessen einem imaginären Gegenüber Tipps für eine mögliche Musicalkarriere mit - Überraschung! - Cats, und plaudert aus dem Nähkästchen.

Die Liebe und der Tod

mohrle3Dramaturgisch durchaus überlegt, setzt Hendrik Quast Textflächen in Korrelation mit den Bildflächen: während er vom Stimmtraining spricht, nimmt er die Maus auseinander, redet vom Spielen mit dem Kehlkopf im Gesangsunterricht und werkt am Mäusehals herum. Die Maus, der er buchstäblich das Fell über die Ohren gezogen hat liegt nackt auf einer Gut-Aiderbichl-Schlagzeile aus der Kronen Zeitung, später dann auf einer Seite der GALA, Titel: "Die Liebe und der Tod".

Der Hauch einer zweiten Ebene

Der handwerkliche Vorgang des Präparierens wird auf eine großformatige Videowall hinter Quast übertragen und es gelingt ein wirklich schön-schauriges Bild: aus der Vogelperspektive ist der Katzenkopf zu sehen und die schwarz behandschuhten Hände, die sorgfältig, fast liebevoll die Maus ausstopfen. Poetisch eigentlich. Für einen kurzen Augenblick gewinnt das Stück an Tiefe und bekommt den Hauch einer zweiten Ebene. Doch eine Katze macht noch keinen Sommer, durch die Präparation entstehen unglaubliche Längen, über die das Musical-Geplänkel nicht hinwegtäuschen kann. Einzig wirklich gut das Katzenklodings: ein Schelm wer da nicht an Helge Schneider denkt, der aber kommt gar nicht vor. Stattdessen: Musical. Oder vielmehr Grusical, wie böse Katzenzungen behaupten.

Unter jeder Maus

Man wünscht sich Hendrik Quast würde endlich mal Krallen zeigen, mehr Katzenpower! - oder er würde doch wenigstens die Katzenklappe halten. Aber es passiert: nichts. Möglichkeiten hätte es einige gegeben die Performance zu retten, sowohl zu kürzen als auch den Katzencontent griffiger zu machen: nicht nur einmal in der Literaturgeschichte wird über Erzählungen von Mäusen und Katzen Systemkritik ausgeübt, man denke nur an die Graphic Novel "Maus. Die Geschichte eines Überlebenden" von Art Spiegelman, in der Faschismus auf eine metaphorische Ebene transportiert und sichtbar gemacht wird. Warum vermausgabt sich der Quast da nicht mehr? Zu mehr als einer fabelhaften Anspielung im Untertitel reicht es nicht. Eine Fabel, richtig, kommt nicht vor. Mit Föhn und Katzbürste errichtet Quast ein Mausoleoum, bis das Publikum weiße Mäuse sieht. Die Performance ist in Teilen amüsant, bis die Maus jedoch endlich ausgestopft ist stirbt man tausend Tode. Unter jeder Maus. Oder anders gesagt: Katzastrophal. (Text: Anne Aschenbrenner; Fotos: Gerhard F. Ludwig)

mohrle2Kurz-Infos:
Mohrle - eine Fabel
Bewertung: @
Kritik zur Aufführung am 14.11.2014
brut im Künstlerhaus
Konzept, Text, Gesang: Hendrik Quast
Dramaturgie, Lichtdesign: Maika Knoblich
Kostüm- und Maskenbild: Christian Neuss
Regieassistenz: Phillip Urrutia