Mit dem Theaterstück "Contractions (Nachwehen)" von Mike Bartlett in der deutschen Übertragung von Lorenz Langenegger gelingt dem KosmosTheater in Koproduktion mit DAS GUT und großartigen Schauspielerinnen ein aufwühlender, ergreifender Theaterabend.
Eine bis auf zwei Sessel kahle Bühne, eine Leinwand. Mehr braucht das Bühnenbild nicht. Jedes mehr wäre schon zu viel, denn die beiden wunderbaren Schauspielerinnen Rita Dummer und Rachelle Nkou sind quasi das Bühnenbild. Sie verkörpern im wahrsten Sinn des Wortes zwei Prototypen der modernen Arbeitswelt. Dummer ist die Managerin, besessen von Zahlen, Profit, Verkaufsstatistiken und Effizienz. Nkou ist Emma, eine hoch qualifizierte und hoch erfolgreiche Angestellte. Zwei Leben, zwei Welten, die notgedrungen aufeinander treffen und schließlich zusammenkrachen. Es ist wohl nicht schwer zu erraten, welche Lebenswelt zusammenkracht.
Das Stück in der gelungenen Übersetzung von Lorenz Langenegger beginnt fast harmlos. Emma wird von ihrer Managerin zu sich gerufen, um sich zu erkundigen, wie es ihr in der Firma geht. Doch schon bald spürt das Publikum, dass diese vorerst belanglosen Fragen nur auf eines abzielen: jede potenzielle "Ablenkung" von Produktivität und Effizienz frühzeitig zu erkennen und wenn nur irgend möglich noch zu unterbinden. Dies bedeutet aber, dass die Firma auch im Privatleben der Angestellten herumschnüffelt und alle dazu anhält, jede Veränderung zu melden. Sämtliche Dystopien von Orwell über Huxley rufen sich ins Gedächtnis...
Emma scheint zu Beginn die Tragweite dessen gar nicht so recht zu bemerken, weil es in ihrem Privatleben nichts "zu melden" gibt. Die klassische Reaktion: Mich betrifft es ja nicht. Doch dies kann sich auf und weg von der Bühne ganz rasch ändern ... und ändert sich auch, denn Emma verliebt sich in einen Kollegen. Die Tragödie nimmt ihren Lauf. Die Managerin, richtigerweise namenlos, stellt immer schamlosere Fragen und Forderungen. Forderungen, die soweit gehen, die Beziehung zu beenden. Versetzung, der Tod des Babys - und immer noch quält die Managerin Emma mit Verpflichtungen. Als Zuschauer/in hat man oft das Gefühl, die Managerin entlädt ihre Wut über ihr eigenes Nicht-Gelebtes-Leben an Emma aus, mit der immer lähmenden Monotonie in der Stimme, die gegen Ende des Stücks auch Emmas Stimme ist. Es wäre wichtig, das Stück sämtlichen Firmenchefs und (leitenden) Angestellten zu empfehlen, als Spiegel und als Warnung. Oft würde man nämlich gerne mitten im Stück aufspringen und - ... - aber man ist so gebannt, gefesselt und ausgelaugt, in Sinne von gelähmt, dass man gar nicht die die Kraft dazu hat. Wenn Theater aber genau das schafft, dann sind es wirklich Nachwehen eines fantastischen Abends. (Text: Nadia Baha; Fotos: Judith Stehlik)
Kurz-Infos:
Contractions (Nachwehen)
Bewertung: @@@@@
Kritik zur Aufführung am 22.5.2014
KosmosTheater
Von: Mike Bartlett
Deutsch von Lorenz Langenegger
Mit: Rita Dummer, Rachelle Nkou
Koproduktion von DAS GUT und KosmosTheater