Nach dem Erfolgsstück "Boys don't cry" im vorigen Jahr wagt sich die Regisseurin und Choreographin Corinne Eckenstein erneut mit ihrer Buben- und Männertruppe (die Boys) in eine Fortsetzung der - heftig körperlich ausgedrückten - Suche nach der männlichen Identität.
Die Zutaten - virtuose Tänzer, bestechende Choreographien und packende Musik in einem berauschenden Bilderbogen - sind dieselben, nur dass diesmal das Verhältnis der Söhne zu den Vätern im Mittelpunkt der Betrachtung steht. Und da wird einiges aufgeboten, um das Publikum in den Bann der Selbsterkundung von jungen Buben und Männern zu schlagen. Ein fulminanter Auftakt mit Gesang, Live-Gitarre und die ersten Kostproben des virtuosen tänzerischen Umgangs eröffnet einen Abend, der als Kaleidoskop der Suche - nach sich und nach dem Vater - in kurzen Sequenzen Packendes bietet.
Tanz der Vaterkrawatten
Techno- und Robotertänze wechseln da mit wunderbaren James Bond Parodien und einem sehr poetischen Video mit einer "Mindmap der Vatergedanken" auf einer lebenden, metamorphen Bildfläche. - Um plötzlich und ansatzlos in einer Alltagssituation der jungen Männer aufzutauchen, in der zwangloses Plaudern und klassisch männliche Sprechmuster bedient werden - inklusive Flaschendrehen mit die Beteiligten verunsicherndem Kusszwang. Die Darsteller sind meist in Sakkos mit Väterkrawatten gehüllt, was sie in keiner Situation dran hindert geradezu akrobatische Bewegungseinlagen zu liefern, mit und ohne verhüllten Gesicht. Sie schildern dann und wann ihren ureigensten persönlichen Zugang zum Thema Vater und da schaffen sie es, in ihrer flapsigen Alltagssprache trotzdem spannend zu bleiben, weil sie echt Erlebtes vermitteln.
Zack-Bumm-Tschoing
Dazwischen wird auch immer wieder die Erlebniswelt der Computerspiele aufgegriffen und in wunderbarer Weise unter höchsten körperlichen Einsatz gezeigt. Da wird geprügelt, geschossen, gestorben, Zombies tauchen auf und werden vernichtet, alles in schweißtreibender und hoch präziser Bewegungsfolge. Eine dieser synthetischen Kämpfe wird in beeindruckender Weise auch noch mit Beatbox akustisch witzig begleitet. Und wenn sich dann die Männergruppe zu einem schönen Popsong im quasi privaten Finale in Spiel und Blödeleien ergibt, ist es faszinierend, zuzusehen, wie gekonnt fließend die Übergänge zwischen präzisem Spiel und fast freier Improvisation der Situationen von den Darstellern bedient wird.
Das Rätsel Mann
Kurzfristig gibt es Einlagen, die eher als Tanz für den Tanz wirken und daher das sonst durchgehend wirksame Spannungsmuster verlassen, doch sind diese im Vergleich zu dem packenden Bilderbogen des gesamten Abends nur selten. In Summe ein schöner, heftiger, wilder Abend, der es schafft, dem Rätsel Mann - von jung bis Erwachsen - emotional einen guten Schritt näher zu kommen, es erlebbar zu machen. Das ausverkaufte Haus war hörbar begeistert. (Text: Tristan Jorde; Fotos: Rainer Berson)
Kurz-Infos:
The Boys are back in Town
Theater Foxfire & Dschungel Wien
Bewertung: @@@@@
Kritik von Tristan Jorde zur Aufführung im Dschungel Wien am 28.1.2014
Regie, Konzept, Choreographie:
Corinne Eckenstein
Bühne, Licht:
Andreas Pamperl
Kostüme:
Ulli Nö
Musik:
Sue-Alice Okukubo
Fotos, Video:
Rainer Berson
Produktion:
Alexandra Hutter