Ein Stück über Freundschaft und Eifersucht, übers Streiten und Wiederversöhnen.
Eine Wanderzirkustruppe im Alltag, zwei Männer, zwei Frauen, Freunde die sich motivieren, die aufeinander eifersüchtig sind, die miteinander streiten und die sich wieder versöhnen können. Auf der Bühne steht allerhand Kramuri: Kleiderständer, Spielkarten die so groß wie Türen sind, Spiegeln, bunte Tonnen, eine Leiter, einige Stühle - was ein Zirkus eben so braucht. Erzählt wird in erster Linie durch Tanz, der wenige Text ist nur teilweise auf deutsch, zum Verstehen des Stücks ist die Sprache aber eindeutig Nebensache. Geleitet und begleitet wird der Zuschauer durch die Musik (Wiebe Gotink). Zu sehen ist eigentlich ein Stück im Stück, oder besser gesagt, viele kleine Stücke. Eva Vrieling muss etwas Neues einstudieren, Monika Haasova ist ganz unbarmherzig in ihrer Kritik und verlangt immer noch ein bisschen mehr. Andreas Denk (Andy) zieht öfter mal den Kürzeren und steht mit Woedy Woet, der mit seinen Zaubertricks ununterbrochen angibt, in ständigem Konkurrenzkampf. Die Truppe übt und probt, lernt neue Kunststücke und perfektioniert bereits gelernte, scheitert mitunter und ist manchmal erfolgreich. Die Kostüme unterstreichen den Probencharakter der Inszenierung (Regie: Dirk Groeneveld); Monika und Eva wechseln ständig die Kleidung, Andy trägt gelbe Hosen mit einem schwarzen Glitzershirt und Woedy einen weißen Anzug mit pinkem Hemd und - besonders genial - einen bodenlangen weißen Mantel mit Leopardenfellimitat-Kragen. "Sante Sangre" ist ein Spiel mit Illusion und Wirklichkeit ohne Anspruch auf Perfektionismus [im Vergleich z.B. zu Corteo von Cirque du Soleil; Anm.]. Die Kunststücke sind klassisch, vom Jonglieren bis zum Balanceakt. Die Clowneinlagen setzen auf Altbewährtes und sind trotzdem lustig, und auch die Zaubertricks hat man alle schon mal irgendwo gesehen, und man ist trotzdem verblüfft. Besonders beeindruckend ist das Nudel-Duell zwischen Woedy und Andy: nach offen ausgetragener Feindschaft (Woedy deckt den Tisch zum Abendessen und zaubert für Andy Schneidbrett und Hacke statt Teller und Besteck) treten sie zum Zweikampf an - wer schafft es schneller die Spaghetti-Nudel Länge XXL ohne Zuhilfenahme der Hände zu essen? (Da bekommt das Wort Spaghetti-Western neue Bedeutung). "Santa Sangre" nimmt den Zuschauer mit auf eine bezaubernde und auch nachdenkliche Reise in die Zirkuswelt und lässt ihn dabei ganz alltägliche Situationen in anderem Kontext neu entdecken und vielleicht auch neu verstehen. Und für die, die unbedingt einen Skandal brauchen: die beiden Männer tanzen auch gemeinsam ... (Text: Anne Aschenbrenner; Foto: Plan D)
Kurz-Infos:
Santa Sangre
Bewertung: @@@@@
Kritik zur Premiere am 24.2.2011 im Rahmen von Szene Bunte Wähne Tanzfestival im Dschungel Wien
Idee & Choreografie: Andreas Denk
Regie: Dirk Groeneveld
Dramaturgie: Dagmar Schmidt
Musik: Wiebe Gotink
Spiel, Zaubertraining: Woedy Woet
Lichtdesign: Andre Pronk
Tanz, Spiel: Andreas Denk, Monika Haasova & Eva Vrieling