Man wird natürlich neugierig, wenn ein auf Ästhetik und Kunst getrimmter Zirkus weltweit für Begeisterung sorgt, der Zulauf dementsprechend gewaltig ist, trotz Eintrittspreisen zwischen 49 und 195 Euro. Mit der Österreich-Premiere von "Corteo" am 10. 2. 2011 ist Cirque du Soleil wieder einmal in Wien angekommen.
Ein imaginäres Begräbnis steht im Zentrum von "Corteo", das zwischen Zirkuskunststücken fröhliche Prozessionen zeigt. Mit viel Anmut und einem Quantum Ästhetik beginnt die Show. Die monumental zu nennende Bühne - mit einer Länge von 31,6 Metern, 2 Drehscheiben und mit 12,5 Meter Schienenstrecke - trennt das Publikum, ist also nach beiden Seiten hin offen, und vermittelt das Gefühl nicht nur die Vorstellung selbst, sondern auch das Publikum aus Sicht der Darsteller zu sehen. So wurden denn auch zu Beginn gleich mal die Kunststücke in gewissermaßen doppelter Ausführung zum Besten gegeben. Was ist echt, was ist spiegelverkehrt? Eine Doppelbödigkeit, die sich durch die gesamte Aufführung zog und die man auch in den Figuren selbst erkennen konnte. Groß und Klein, Stärke und Zerbrechlichkeit, Illusion und Realität, und nicht zuletzt Hightech-Perfektion und menschliche Unvollkommenheit brachten das Publikum zum Jubeln. Soweit so gut und schön, und dennoch blieb ein schaler Geschmack zurück, denn bei all dem technischen Aufwand und bewundernswerter Artistik blieb die ganze Show auf irritierende Weise seelenlos. Hinzu kamen dann noch eine seltsam glatt polierte Musik bzw. die laue musikalische Darbietung mit Kristallgläsern und tibetischen Schalen, sowie die generell erschreckend matten Witze und Clownesken. Anders die artistischen oder akrobatischen Posen. Wirklich gut und sehenswert das Bettentrampolin. Der Höhepunkt war allerdings sicherlich der Heliumtanz. Hier hing die kleine Clownin in den Seilen diverser Luftballons und schwebte über das Publikum hinweg. Augenblicke wie diese, erfüllt von Zärtlichkeit und Poesie, wünschte man sich häufiger an diesem Abend, nur leider überwogen halt klassische Zirkuskunststücke mit Hightech-Klimbim, oder, wie eine Kollegin flapsig meinte: "Wer so etwas mag und viel Kohle hat: nichts wie hin. Ansonsten: Popcorn zu Hause essen und selber Turnen." (Text: Manfred Horak; Fotos: Marie-Reine Mattera, Richard Termine © Cirque du Soleil, Inc. 2005; Costume credit: Dominique Lemieux)
Kurz-Infos:
Cirque du Soleil: Corteo
Bewertung: @@1/2
Kritik zur Wien-Premiere am 10. Februar 2011
Spielort: Grand Chapiteau, Neu Marx, 1030 Wien
cirquedusoleil.com