Im Theater an der Gumpendorfer Straße, kurz TAG genannt, kam mit "Flieger, grüß mir die Sonne..." - die Textbasis lieferte H.C. Artmann, selig, ab - ein Musikalisch-Literarisches-Kabarett auf höchstem Niveau zustande, ein quasi vergnüglicher Rundflug im Wäscheschaffel.
Wie allerorts kulturpolitisch von Crossover-Performance, Durchbrechen von Genre-Grenzen und Überschreiten traditioneller Kunstformen gefaselt wird, es könnt einem direkt schlecht werden dabei. An diesem Abend allerdings haben sich die vier Protagonist/innen ganz ohne peinlichen Szenesprech im Vorfeld über alle Vorgaben hinweggesetzt und einen funkensprühenden, witzigen Abend geschaffen, der spielerisch leicht über die mühsamen Kunstproduktionstheoriediskurse hinwegfliegt und dabei noch großartig unterhält.
Artmann nach feiner Art
Das Grundsubstrat dieser urkomischen Aufführung am 3. April 2009 im TAG ist der keineswegs in die Jahre gekommene, hemmungslos blitzende und lustvolle Text von H.C. Artmann, der Männlichkeitswahn wie aufgeplusterten Wortpopanz gleichermaßen entlarvt, ohne auch nur eine Sekunde den mahnenden Zeigefinger zu erheben oder belehrend zu wirken. Artmann konnte schreiben, hatte wirklich Humor ... und das manifestiert sich nicht nur in den tiefgründig-hochstapelnden "entlüfteten Gummiwaden" des Fliegerhelden.
Entfesselte Darstellungen
Johanna Orsini-Rosenberg spielt, nein, entäußert sich leidenschaftlich in Ihrem stolzierenden Reiterstiefel-Pathos, im Kampf mit den Gummizügen des Saalmikrophons und den Tücken des geklebten Moustache. Und ist doch in jeder Sekunde präzis, energetisch und im besten Sinne zum Lachen. Die 3 Musiker (eine unzulässige Vereinfachung) Skrepek, Wizlsperger und Zrost begleiten und beleben zusätzlich die schillernde Szenerie (feine Regie mit erlebbarem Spaß an der Sache von Elisabeth Gabriel). Perkussion mit Alufolie und Luftballon, ein Punk-Death-Metal-Massaker - oder soll es doch ein kleines atonales Chanson mit nahtlosem Übergang in die große Oper sein? Die drei bespielen das gesamte Spektrum meisterhaft und haben sichtlich Freude daran. Dass sie dabei auch darstellerisch strahlen, verleiht dem Abend ein Gefühl von rundum Spaß, Leidenschaft und Kraft. Und mit den verglühenden Sternspritzern auf dem Ozeandampfer und dem berührenden Abgesang im Wäscheschaffel wird klar: Musikalisch-Literarisches-Kabarett auf höchstem Niveau. Man kann dem Programm nur wünschen, dass es noch viele Aufführungsorte findet. Uneingeschränkte Empfehlung. //
Text: © Tristan Jorde
Fotos: © Alina Kunitsyna
Bewertung: @@@@@