Der Traum vom Urlaub gilt immer der nächsten Reise. Ganz egal, wie die Traumreise im Detail aussieht, sie soll zur Entspannung dienen und neue Eindrücke bringen.
Der Traum vom Urlaub
Heute ist ein bezahlter Urlaub mehr oder weniger selbstverständlich, das war natürlich nicht immer so. Der Begriff Urlaub selbst geht bis ins 8. Jahrhundert auf das Mittelhochdeutsche Wort "urloup" zurück, auf Neudeutsch "Erlaubnis", denn ein König musste zustimmen, wenn ein Ritter in den Kreuzzug ziehen wollte. Um zum Pionier des Reisens zu gelangen, müssen ein paar Jahrhunderte übersprungen werden, denn erst 1841 organisierte Thomas Cook in England einen Eisenbahnausflug von Leicester nach Loughborough, bei dem es für rund 500 Passagiere um den stattlichen Preis von je 1 Schilling neben der Zugfahrt Sandwich, Tee und Musik gab. Es war dies die Geburtsstunde des Massentourismus. Thomas Cook organisierte ein paar Jahre später erstmals eine organisierte Fahrt per Bahn und Schiff nach Paris, inklusive Unterkunft und Verpflegung, was wiederum als erste Pauschalreise gilt. Die Sehnsucht nach Urlaub manifestierte sich seither auch dahingehend, dass Recht auf bezahlten Urlaub gefordert wurde. Das Urlaubsrecht wie wir es heute kennen, gibt es in Österreich seit 1919. In Deutschland gab es in dieser Zeit ebenfalls bezahlten Urlaub für die breite Masse - für drei Tage im Jahr. Bis dahin dauerte ein Arbeitstag zehn Stunden, sieben Tage die Woche.
Warum nicht nur der Traum vom Urlaub, sondern der Urlaub selbst so wichtig ist, lässt sich aus psychologischer Sicht leicht erklären, auch wenn "Menschen sehr unterschiedliche Wünsche und Vorstellungen haben, wie ein Urlaub zu sein hat", wie Arbeitspsychologin Carmen Binnewies im Interview mit reisereporter.de erklärt. Das Spektrum reiche schließlich von Abschalten und Nichts-tun bis hin zur aktiven Erholung und Selbstbestimmung. "Dabei kann eine bestimmte Aktivität für manche eine Erholung sein, für andere aber Stress“, so die Psychologin. "Und wer einen Perspektivwechsel sucht, wird nicht unbedingt einen reinen Strandurlaub buchen.“ Zeit spielt so oder so eine wichtige Rolle, noch mehr, weil nur langsames Reisen wahre Erfahrung bedeutet, die eben Zeit erfordert, um einen Moment wirklich zu erleben. Reise und Urlaub ist natürlich längst schon ein wichtiger Bestandteil in der Literatur. Als Franz Kafka 1923 in das Ostseebad Müritz reiste, um sich an der guten Luft zu erholen, beschrieb er die Freude am Kontakt mit den ostjüdischen Kindern, die dort betreut wurden: "Wenn ich unter ihnen bin, bin ich nicht glücklich, aber vor der Schwelle des Glücks.“ Die Bäderkultur wiederum begann im 19. Jhdt. an Orten wie Bad Gastein, Baden Baden oder Karlsbad, die zum Treffpunkt der "Reichen und Schönen“ avancierte, wie man im sehr schön illustrierten Buch "Heute so schön wie damals - Legendäre Urlaubsorte in Europa" (Kunth Verlag) nachlesen kann. Wichtiges Merkmal waren nicht nur die Quellen, sondern auch die Kurparks, Kurhäuser, Hotels und Villen. Oftmals wurde die Landschaft ins Konzept miteinbezogen, Wanderwege ausgeschildert und Aussichtspunkte eingerichtet. "Immer mit dabei“, heißt es im Buch, "der Kurschatten, der - erotisch oder platonisch - den Einsamen während der Kur den Aufenthalt versüßte.“
Wenn Uhren ein wenig langsamer zu ticken scheinen
Hand in Hand mit dem Traum vom Urlaub stehen die Attribute Freiheit und Unabhängigkeit, was viele wiederum mit den Reiseländern Italien und Griechenland assoziieren. Antike Ausgrabungen, blühende Zitronenbäume, Gelato, die Adria oder die Ägäis, eine Menge Gelassenheit, sowie aus der Zeit gefallene verwunschene kleine Fischerdörfer, in denen die Uhren noch ein wenig langsamer zu ticken scheinen als anderswo. Ein Sehnsuchtsziel, gleichbedeutend mit dem italienischen La Dolce Vita, oder von der Mär einer einsamen griechischen Insel. Diese Sehnsüchte wurden ursprünglich von Literaten wie Hölderlin, Goethe und Stendhal erzeugt, später dann von Reiseführern verstärkt. Die ersten Reiseführer stammen von Karl Baedeker, der 1827 in Koblenz eine Verlagsbuchhandlung eröffnete und als passionierter Reisender begann praktische Informationen von seinen Reisen zu sammeln. Er befragte Einheimische, studierte Fahrpläne und Preislisten, maß Entfernungen, testete Hotels und Restaurants, und veröffentlichte schließlich die ersten Bände mit dem Ziel, der Allgemeinheit das Reisen zu erleichtern, aber auch den Wunsch zu reisen zu erzeugen. Mit der Erfindung und Etablierung der Fotografie entstand zusätzlich bereits im 19. Jhdt. die Reisefotografie, was bis heute zum Versuch beitrug, die Schwelle des Glücks nicht nur zu überschreiten, sondern auch zu konservieren und festzuhalten. Bis zum nächsten Urlaub. //
Text und Fotos: Manfred Horak
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