Der kolumbianische Maler Fernando Botero ist tot. Zur Erinnerung ein Interview mit Fernando Botero über seinen Werdegang und über die Wurzeln in der Kunst.
Interview mit Fernando Botero: Der kolumbianische Maler mit Hang zur Überproportionalität
"Wenn die Zeitungen Müll sind und die Menschen vergessen, was gestern passiert ist, dann ist die Kunst das Einzige, was bleibt."
Fernando Botero kam im Sommer 1952 zum ersten Mal nach Europa und sieht in Spanien, Italien und Frankreich die Werke der Alten Meister, die für ihn fortan zu einer Quelle der künstlerischen Orientierung und Inspiration werden.
Weltweite Bekanntheit erlangte Botero für die dickleibigen Gestalten mit den unproportionierten Köpfen in seinem Werk und übte damit an den politischen Verhältnissen und dem Klerikalismus in Südamerika Kritik. Die in Wien zuletzt gezeigte Botero Werkschau im Bank Austria Kunstforum (2012) zeigte aber nicht nur seine skurril-witzigen Bildfiguren, sondern auch den apokalyptisch düsteren Zyklus zu Abu Ghraib,
Boteros Aufschrei mit dem Pinsel...
...ein Gegenschlag zu den via Medien verbreiteten Horrorfotos. Der Abu-Ghraib-Folterskandal war eine Folteraffäre während der Besetzung des Irak durch die Streitkräfte der Vereinigten Staaten, die weltweit Aufsehen erregte. Dabei wurden irakische Insassen im Gefängnis vom Wachpersonal gefoltert. Aufgedeckt wurde der Skandal durch die Veröffentlichung von Beweisfotos und Videos. Fernando Botero hat sich dabei als erster Künstler von Weltrang kritisch an den Folterskandal von Abu Ghraib gewagt. Was medial ging, nämlich Fotos und Videos zu zeigen, war im Kunstbereich nicht möglich: Museen in den USA weigern sich, die Werke zu zeigen. Als Schenkung hingegen befindet sich der Zyklus heute fast vollständig in der Sammlung der Universität Berkeley in Kalifornien.
Fernando Botero starb im Alter von 91 Jahren am 15. September 2023. //
Interview und Text: Manfred Horak
Fotos/Abbildungen: Fernando Botero