(Ann) Klein, (Steve) Reich & (Rosen für die) Arbeitslos(en).
02.10. „Happy Birthday Steve Reich“, Porgy & Bess
Ein vielleicht nicht sehr bekannter, aber umso
wichtigerer Musiker - Steve Reich, der die so genannte „Minimal Music“ fast im
Alleingang erfunden hat - feierte am 3. Oktober 2006 seinen 70. Geburtstag. Was
ist „Minimal Music“? Diese Musikform basiert auf der vielfachen Wiederholung
kleiner, überschaubarer Melodiemodelle. Meist verändern sich diese Modelle in
einer sehr langsamen (und dadurch sehr gut nachvollziehbaren) Weise und bilden
in der Überlagerung mit anderen Melodiemodellen interessante Klangmuster. Der
Begriff „Minimal Music“ oder auch „serielle Musik“ kennzeichnet also sehr
anschaulich, was Steve Reich´s Musik ausmacht: die Beschränkung auf einfachste
Voraussetzungen. Ein guter Freund hat mich angerufen, darum pfeife ich auf
einen geplanten Kinobesuch, und fahre stattdessen spontan ins Porgy & Bess, wo die Gruppe „Studio Percussion graz“
ein spezielles Tribute-Programm aufführt. In großer Besetzung tummeln sich bis
zu 20 Musiker auf der Bühne, um die Stücke von Reich authentisch wiederzugeben.
Spannend wird es besonders dann, wenn, wie bei dem Stück „Sextett“, mehrere
Marimbas zum Einsatz kommen, die gleichzeitig gespielt, einen besonderen Klang
erzeugen. Hypnotisch meditativ.
Link-Tipp:
Steve Reich
03.10. Ann Klein, Shelter
Das „Falter“-Programm ist immer für eine Überraschung
gut. Dort habe ich entdeckt, dass eine gewisse Ann Klein, die u.a. schon als
Gitarristin für Joan Osborne oder Ani Di Franco engagiert war, auf Ihrer
Österreich-Tour auch in Wien Station macht. Zwar ist die Besucheranzahl am
Dienstag beim Konzert im „Shelter“ überschaubar, trotzdem macht die zierliche US-Musikerin
auf der kleinen Bühne mit Ihrem Trio gehörig Dampf. Unterstützt von den beiden
Salzburger Musikern Klaus Kircher (b) und Robert Kainar (dr) zeigt Ann Klein
die ganze stilistische Bandbreite Ihres Könnens: über Country-inspiriertes
Material, Blues und Rock bis hin zu
psychedelischen Krachern, garniert mit
großzügigen „Wah-Wah“-Pedal Einsatz. Mir ist schnell klar, warum diese Frau schon
öfters mit P.J. Harvey, Sheryl Crow oder sogar Jimi Hendrix verglichen wurde! Ann
Klein ist eine hervorragende Gitarristin und tolle Live-Performerin, die Ihren Geheimtipp-Status hoffentlich bald ablegen
kann. Eigentlich bin ich ziemlich verkühlt, und sollte das Bett hüten, aber mit
diesem groovigen und schweißtreibenden Konzert erspare ich mir heute hoffentlich
ein paar Medikamente. Glücklich erhitzt geht’s nach Hause - wie gut, dass Ann Kleins
neue CD „Live At The Lakeside“ sowohl aus einer Studio- als auch einer Live-CD
besteht, so steht einer weiteren „Elektro-Therapie“ nichts im Wege.
Link-Tipp:
Ann Klein
06.10. CD-Präsentation „Rosen für die Arbeitlosen“, Schikaneder-Kino
Oje, wo bin ich denn da hingeraten? Ein verrauchter Kinosaal
voller Freaks, und auf der Bühne ein Folk-Sänger mit Gitarre und Mundharmonika,
der eigenartige Songs zwischen Bob Dylan und Karel Gott zum Besten gibt. Als
Bühnenhintergrund eine Dia-Show mit depressiven Flohmarkt-Fotos. Außerdem 70 Minuten Wartezeit, denn statt wie angekündigt um 21
Uhr geht es erst um 22.15 Uhr los. Bäh! Eigentlich sind das genug Gründe, um
sofort die Flucht aus dem Saal anzutreten, aber ich halte durch, und finde mit
der Zeit doch Gefallen an dem ungenierten Stil-Mix und der schrägen Performance.
Einerseits ist die Idee von Ex-„Lassiter“-Musiker Christian Wirlitsch super, ein
Programm über die immer größer werdende Schar der Arbeitssuchenden zu machen
sowie das AMS ordentlich durch den Kakao zu ziehen, zum Anderen überzeugt der
Ex-„Lassiter“-Musiker als Solo-Performer trotz nervösen Start mit Fortdauer des
Abends immer mehr. Für das gelungene Cover-Foto (siehe Link-Tipp) und dem
höchst passenden CD-Titel „Rosen für die Arbeitslosen“ gebührt dem
Ex-„Lassiter“-Musiker sowieso jede Menge Ruhm und Ehre. Mein Abend geht schräg
vis-a-vis im „Kiosk“ zu Ende: Bob Dylan-Fan Doris Knecht legt auf und alles
wird gut.
Link-Tipp:
Christian Wirlitsch
(Alle Texte und Fotos: Robert Fischer; Foto Steve Reich: Nonesuch/Warner)