Ein Interview mit Herbert Pixner über das neue Album schian!, das im eigenen Tonstudio entstand, über die ersten 17 Jahre und über die Grundmotivation Musik zu machen.
Nach dem Studioalbum Lost Elysion (2018) und den zwei Alben mit großem Symphonieorchester Symphonic Alps Live (2020) und Symphonic Alps plugged in (2021) haben sich Herbert Pixner, Manuel Randi, Heidi Pixner und Werner Unterlercher ins hauseigene Studio begeben um 12 neue Stücke einspielen.
Interview mit Herbert Pixner
Das neue Album hört auf den südtirolerischen Dialektnamen "schian!", und das was darauf zu hören ist, kann man tatsächlich als "schön" bezeichnen. Die Stücke tragen eine große Schönheit in sich und gehen ein wenig "back to the roots" - zurück zu den Anfängen des Herbert Pixner Projekts. Kompositionen, die eher an die volksmusikalischen Wurzeln anknüpfen und das Instrumentarium so belässt wie es ist. "Natürlich", so im Interview mit Herbert Pixner, "sind auch Stücke drauf, die sehr progressiv sind. Diese Sounds, die wir da verwenden, sind sehr stimmig geworden, und mit der neuen Klangfarbe am Flügel finde ich es persönlich auch sehr spannend zum Anhören.“ Mit dem Flügel ist der Pianist Alessandro Trebo gemeint, der die Stammbesetzung erweitert. Gleich beim zweiten Stück geht dieses Konzept sehr schön auf, weil es sehr unerwartet kommt, dass ein Flügel das Intro spielt. Geschrieben wurde das Album im Bewusstsein, dass es ein Album sein soll, das gut tut, wie Herbert Pixner erzählt. "Wir hatten keine Lust zu provozieren und das Publikum auf die Probe zu stellen. Man hat zurzeit eh so viel, was man an Einflüssen außerhalb hat, sei es der Krieg, sei es die Pandemie, Inflation, Arbeitslosigkeit - alles mögliche. Irgendwie hatten wir dadurch das Bedürfnis, etwas zu machen, was nicht weh tut.“
Diese kammermusikalische Besetzung so ausnutzen, dass wir diesen Druck und diese Energie zusammenbringen, die eine ausgewachsene Punk-Band auch hinbringt
Im Gespräch warfen wir daher auch einen Blick zurück, was sich in diesen 17 Jahren für Herbert Pixner als Künstler verändert hat und wie sich diese Jahre für ihn entwickelt haben. Pixner: "Eine unglaubliche Entwicklung, wenn man so bedenkt. 2005 gingen wir das erste Mal ins Studio, um eigene Stücke einzuspielen. Ich hatte damals gerade mal so viel Material, dass ein Album voll wird. Das war damals - gerade in der traditionellen Volksmusik - schon ein Album, das sehr provokativ war. Es waren eigene Sachen, es war einiges improvisiert, und ich wollte sie einfach dokumentiert haben. Dass dieses Album so durchschlägt, das hätten wir uns alle weder zugetraut noch erwartet. Wir hatten alle dennoch weiterhin unsere Brotjobs - ich war z.B. Senner auf einer Alm - und haben dann 2009 beschlossen, alles was wir bisher gemacht haben sein zu lassen und nur noch Konzerte zu spielen mit eigenem Programm. Wir haben unsere Tournee selbst organisiert. Wir haben kleine Theaterhäuser angemietet, Wirtshaussäle - alles mögliche, wo man halt einfach spielen kann. Das war dann eine ausverkaufte Tour, und ist dann immer größer geworden. Vom musikalischen her - umso größer die Auftrittsorte wurden - umso mehr hat sich das verändert, was wir geschrieben haben und was wir auf die Bühne gebracht haben. Wir haben gemerkt, dass die intimen Stücke bei großen Festivals nicht mehr funktionieren. Da haben wir selbst auch das Bedürfnis bekommen, dass wir etwas Größeres brauchen ohne die Besetzung verändern zu müssen. Wir mussten schauen, dass wir diese kammermusikalische Besetzung, die wir haben, so ausnutzen, dass wir diesen Druck und diese Energie zusammenbringen, die eine ausgewachsene Punk-Band auch hinbringt, und ich denke, das haben wir geschafft.“
Als Künstler in der freien Szene hat man sich im Stich gelassen gefühlt
Die letzten Pandemie-Jahre hingegen waren, wie für so viele, auch für das Herbert Pixner Projekt zum Verzweifeln. Herbert Pixner über das Corona-Management: "Als Künstler in der freien Szene hat man sich im Stich gelassen gefühlt. Wir wären alle froh gewesen, wenn sie uns gesagt hätten, hey, Leute, vergesst es einfach ein Jahr lang. Wir wissen nicht, was los ist. Wir haben keine Ahnung, wie dieses Virus funktioniert. Menschenansammlung gibt es einfach ein Jahr lang nicht. Und wenn es nicht so schlimm ist, dann geht es vielleicht in einem halben Jahr wieder. Am schlimmsten für mich war von der einen auf die nächste Woche hin warten, und nicht wissen, was man tun kann oder nicht. Das war keine schöne Zeit für mich. Ich habe gemerkt, ich habe weder Lust Musik zu spielen, und diese Aussagen, spielt halt ein bisserl von die Balkone runter und dann haltet einfach euren Mund, das war damals schon so, dass man sich gedacht hat, irgendwie ist man halt schon nur der Kasperl der Nation.“ Die Verzweiflung wuchs, umso mehr Konzerte verschoben werden mussten. Es war eines der anstrengendsten Konzertjahre, so Pixner, obwohl sie noch nie so wenig Konzerte gespielt haben wie 2021.
Ich habe immer schon meine Vorstellung vom Klang gehabt, wie ich es gerne hätte
Die Motivation sank dadurch spürbar und kehrte erst wieder im Vorjahr schön langsam zurück. "Ab 2021 hab ich gespürt, jetzt kommt wieder die Motivation zurück, es gab Alben mit Thomas Gansch und mit Ernst Molden und Ursula Strauss, und man hat sich wieder ausgetauscht und hat gemerkt, dass es vielen sehr ähnlich gegangen ist. Dieses Album ist daher auch erst jetzt, 2022, entstanden. Es hat vorher keine Stücke für das Album gegeben. Ich hab mich erst im Jänner und Februar zurückgezogen und für dieses Album geschrieben.“ Der Schreibprozess hat sich dadurch dahingehend verändert, dass Herbert Pixner normalerweise, wenn er ein Stück schreibt, bereits irgendwie sein Publikum vor sich hat. "Beim neuen Album war es so, dass ich weniger eine Tour und die Bühnen im Hinterkopf hatte, sondern eher dieses endlich wieder zusammenkommen dürfen und einfach miteinander spielen.“ Neu ist übrigens nicht nur das Album "schian!", sondern auch sein eigenes Tonstudio, "weil ich“, so Pixner, "von Innsbruck nach Gnadenwald gezogen bin. Ich habe immer schon meine Vorstellung vom Klang gehabt, wie ich es gerne hätte. Ich habe seither auch einige andere Produktionen verwirklichen können, wie z.B. Alpenglühen mit Ernst Molden. Unser neues Album schian! ist unser erstes Album, das im eigenen Tonstudio entstanden ist. Das Arbeiten im eigenen Tonstudio ist unglaublich entspannend. Es ist eine unglaubliche Qualität, die man hier hat, weil ich vollkommen zeitunabhängig bin. Aufgrund dessen, dass man selbst das Label und sein eigener Chef ist, hat das natürlich große Vorteile, wenn man alles im eigenen Haus hat und alles selbst machen kann. Und wenn man irgendwas verhaut, dann hat man sich’s wenigstens selbst verhaut."
Wenn man mir die Musik nehmen würde
Da lacht er dann, der Herbert Pixner, so wie auch auf die Frage, ob man sich seinen Pixner-Park wie den Paisley Park von Prince vorstellen kann. So wie Prince seinen Paisley Park angelegt hatte, konnte er dort zusätzlich auch Live-Konzerte geben. "Ha, ha“, lacht Pixner also, "nein, es ist ein bisschen zu klein, aber wir haben trotzdem unseren Tour-Start hier in Gnadenwald gemacht. Da gibt es unweit vom Tonstudio einen Buchenplatz, das der Gemeinde gehört und sehr gut ausgerüstet ist. Vielleicht kann man dort sogar mal ein kleines Festival machen. Um auf Prince zurückzukommen, natürlich würde ich so einen Park nehmen, aber es ist so schon ein großer Luxus, den wir uns leisten, ein eigenes Studio zu haben, komplett unabhängig von alles zu sein. Das können wenige, und für all das ist man schon sehr dankbar, einfach das machen zu dürfen, worauf man gerade Lust hat.“ Bleibt noch die Frage übrig, was für Herbert Pixner die Grundmotivation ist, Musik zu machen. "Musik zählt zum wichtigsten in meinem Leben. Es ist Verarbeitung, es ist Ventil, es ist Zusammenarbeiten mit anderen Menschen, etwas kreieren, etwas machen. Wenn ich das nicht hätte, wäre es schwierig. Ich könnte es mir nicht vorstellen und ich müsste mir mein Leben komplett neu aufstellen, wenn man mir die Musik nehmen würde.“ //
Text: Manfred Horak
Fotos: Manfred Horak, Stefan Walser
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