Robert Wolf; Foto: Hannah Wildner

Robert Wolf (Chuzpe) beschäftigt sich in seinem neuen Projekt The Good Force mit elektronischer Musik und stand für ein Interview zur Verfügung.

Kulturwoche.at: Robert Wolf, wie kam es zu deinem neuen Projekt The Good Force?

Robert Wolf: Als ich bei der Post, wo ich ja lange gearbeitet habe, in Pension gegangen bin, haben die Kollegen für mich gesammelt. Ich habe dann einen Saturn-Gutschein bekommen. Davon habe ich mir einen iPad gekauft, und habe mir das Programm Garage Band installiert und begonnen, damit herum zu spielen. Nach und nach sind dann kleine Stücke entstanden, die ich dann immer weiter ausgebaut habe, bis daraus richtige Nummern entstanden sind.

Wie ging es dann weiter?

Robert Wolf: Ich dachte mir dann, das wäre schade, wenn diese Stücke nicht auch eine breitere Öffentlichkeit hören könnte. Gleichzeitig war ich neugierig, was passieren würde, wenn ich diese elektronischen Stücke veröffentlichen würde. Ich habe mir dann noch eine professionellere Musik-Software zugelegt, habe die Lieder gemastert und zum Pressen weiter gegeben. Durch den aktuellen Vinyl-Boom gab es dann auf einmal ja auch die Möglichkeit, in Schallplatten-Presswerken auch kleine Stückzahlen anfertigen zu lassen. Denn für mich war klar, wenn ich was mache, dann nur auf Vinyl! Download und Streaming natürlich auch, aber keine CD. Deshalb gibt es die Sachen von The Good Force nur auf Vinyl! Das erste Album von The Good Force hat sich dann überraschend gut verkauft, teilweise durch Selbstverkauf bei Konzerten oder in kleineren Plattenläden, teilweise auch in Deutschland.

Die meisten kennen dich von deiner Punk-Vergangenheit mit Chuzpe. War die Beschäftigung mit Elektronischer Musik jetzt etwas ganz Neues für dich?

Robert Wolf; Foto-Credit: Hannah WildnerRobert Wolf: Na ja, wir haben schon Anfang der 1980er Jahre bei Chuzpe viel mit Synthesizern gearbeitet. Damals habe ich eigentlich schon Blut geleckt. Ich habe auch schon damals auf einem Vier-Spur-Aufnahmegerät einige Sachen aufgenommen, die ich auf dem ersten The Good Force Album wieder verwendet habe. So kleine Melodieschnipsel und anderes. Das habe ich quasi "recycelt"! Was für mich neu war, ist der Umstand, dass man mittlerweile alles am PC selbst machen kann. Man braucht nicht mehr zehn verschiedene Synthesizer in einem Studio, sondern kann das durch die richtige Software perfekt ersetzen.

Das ist im Prinzip eigentlich eine revolutionäre Sache, oder?

Robert Wolf: Ja! Früher konnte man nicht einmal Demos selbst aufnehmen, sondern musste dazu ins Studio. Jetzt ist alles anders, ich sage dazu, das ist die Demokratisierung der Musik. Jeder kann jetzt zuhause am Mac oder am PC Musik aufnehmen. Die Folge davon - ich will nicht sagen Nachteil - ist halt, dass es eine richtige Schwemme von Musik gibt, weil jeder veröffentlichen kann. Dadurch wird es für einzelne Acts immer schwieriger, aus der Masse hervorzustechen und Aufmerksamkeit zu bekommen. Ich finde, gut geht es mit Nischenprodukten wie eben einer limitierten Vinyl-Auflage und ansonsten nur Streaming im Fall von The Good Force. Ich musste nie von der Musik leben, das ist für mich ein Bonus. Ich kann veröffentlichen, was mir selbst gefällt und brauche nicht auf aktuelle Strömungen oder irgendeinen Publikumsgeschmack zu schielen.

Was waren die wichtigsten Einflüsse beim neuen Album "A saucerful of Anti-Matter"?

Robert Wolf: Die Basis ist sicher die Elektronik der frühen 1970er Jahre, bis New Wave-Elektronik. Das reicht von Spät 1960er Gruppen wie Kraftwerk, Harmonia, NEU bis zu New Wave-Sachen wie The Normal oder den frühen Depeche Mode Alben. Das hört man meinen Stücken aber nicht unbedingt an!

Mit dem Album-Titel "A saucerful of Anti-Matter" spielst du ja ein bisschen auf Pink Floyd an, oder?

Robert Wolf: Ja, stimmt, aber auch auf die Postrock-Band Cavern of Anti-Matter, die aus Stereolab heraus entstanden ist. Mir gefallen ja Pink Floyd bis zur LP "The Dark Side of the Moon" besser als das was danach gekommen ist. Natürlich ist die Anfangsphase mit Syd Barret extrem super. Aber dann kam irgendwann die "Meddle"-LP, wo dieses unglaubliche "One of these Days" drauf ist. Das ist sicher eines meiner Lieblingsstücke von Pink Floyd!

Das Stück "I love your data, babe" ist eine Hommage an Giorgo Moroder?

Robert Wolf aka The Good Force; Foto: Hannah WildnerRobert Wolf: Mir haben die Stücke von Giorgo Moroder immer sehr gut gefallen, weil die so wahnsinnig toll produziert waren. Wenn ich früher in einer Diskothek war und da z.B. auf voller Lautstärke das Synth-Riff von Donna Summers "I Feel Love" gespielt wurde, das war so ein toller Sound! Oder, ich trau es mich fast nicht sagen, die Sachen, die Frank Farian produziert hat, sind auch toll! Die hatten z.B. diesen unglaublich präzisen Schlagzeug-Sound, den damals noch ein echter Schlagzeuger eingespielt hat und nicht ein Drum-Computer, weil es die in dieser Güte damals noch gar nicht gab. So kam es zu dieser Hommage. Gleichzeitig wollte ich mit "I love your data, babe" das Thema "Was passiert mit unseren Daten" ansprechen. Es wird uns von den ganzen Internet-Konzernen immer vorgegaukelt, sie mögen uns ja so gerne, aber im Prinzip wollen sie nur unsere Daten! Zu der Nummer hat das alte Riff von Giorgo Moroder perfekt dazu gepasst.

Ein weiteres Stück heißt "The Rule Of Zawinul" im Titel. Noch eine Hommage?

Robert Wolf: Stimmt! Ich bin ja auch selbst Plattensammler und habe eine uralte Single von Joe Zawinul zuhause, die heißt "The Beat". Das ist eine Nummer, wo nur er selbst solo am Klavier "dahingroovt". Ich hatte auch ein Stück, wo ich zu Beginn die Drum-Machine gestartet habe und dann einfach am Klavier dazu improvisiert habe. Ich habe natürlich nicht die Technik von Joe, habe mir noch zusätzlich den Arpeggiator eingeschalten, der die Akkorde zerlegt und improvisiert. Das kriege ich schon ganz gut hin. Das Stück wurde dann immer interessanter, und ich hatte die Idee, Joe auch irgendwie im Titel vorkommen zu lassen, wenn ich schon meine Inspiration von ihm beziehe.

Wie und wo hast du da recherchiert?

Robert Wolf: Ich habe im Netz gesucht, welche Videos man von Joe Zawinul so findet, habe eine Wortspende gesucht. Es gibt da ein Video, wo Joe erzählt, wie er den legendären Bassisten Jaco Pastourious kennen gelernt hat, der dann auch lange in seiner Band gespielt hat. Das war nach einem Konzert, wo Joe eh schon sehr gestresst war. Jaco erzählte ihm, wie gut ihm der Gig von Joe gefallen hätte und "by the way ... I am the best bass player in the world"! Darauf sagte der ungläubige Zawinul:  "I don't need anyone to tell me shit"! Genau diese Passage habe ich dann auf meinem eigenen Stück verwendet (schmunzelt)!

Sprich - du bist also auch ein großer Fan von Joe Zawinul?

Robert Wolf: Klar! Mich hat an der Geschichte von Joe Zawinul immer fasziniert, dass man es auch als "Wiener Bua" in Amerika schaffen kann! Er war sicher ein Genie, hat wunderbare Sachen mit der Band Weather Report oder Cannonball Adderly gemacht. Leider habe ich nie ein Konzert von ihm gesehen bzw. haben wir uns auch persönlich nicht kennengelernt. Aber mir taugt Joe einfach als Typ! Ich mag Typen, egal ob das Thomas Bernhard, Klaus Kinski, Elfriede Jelinek oder Paulus Manker ist. Solche Leute verkörpern für mich auch den Geist des Punk, die sich einfach nichts pfeifen und was tun!

Wie geht es jetzt weiter mit The Good Force?

Robert Wolf: Na ja, es wird sicher in naher Zukunft wieder einige Live-Termine geben. Bei den Konzerten verwende ich in meiner Show auch schöne Visuals, die gut zu den Stücken dazu passen. Bis jetzt sind die Konzerte beim Publikum immer recht gut angekommen, wie z.B. die Show im Roten Bogen beim letzten Gürtel-Nightwalk.

Wenn du auf eine einsame Insel nur fünf Lieblingsalben mitnehmen könntest, welche wären das?

Robert Wolf: Ui - das ist immer schwierig zu beantworten! Das erste Album wäre auf jeden Fall das Debüt von Velvet Underground! Dann die erste von Patti Smith! Ich bin überhaupt ein Freund von Debüt-Alben. Dann noch die erste Ramones-LP, von den Sex Pistols "Never mind the bollocks" und von Kraftwerk "Autobahn"! Das sind die Alben, die mir zu dieser Frage spontan einfallen. Das sind für mich Alben, wo man sich nie satthören kann, die für mich immer frisch klingen, und wo ich jedes Mal was Neues entdecke! //

Interview: Robert Fischer
Fotos: Hannah Wildner