Im Interview erzählt Kreisky Frontmann und Sänger Franz Adrian Wenzl über den kurzen und intensiven Aufnahmeprozess von "Blitz", eisige Video-Drehs im Burgenland und warum er ein Fan von David Byrne ist. Das Album "Blitz" von Kreisky beeindruckt mit skizzenhaften, rohen Songs voller Ecken und Kanten, die im Frühjahr 2018 in Österreich und Deutschland live zu hören sein werden, zudem sind sie im Stück "Viel gut essen" von Sibylle Berg am Wiener Rabenhof engagiert.

Kulturwoche.at: Die meisten Bandmitglieder von Kreisky sind mittlerweile Eltern geworden. Hat sich eure Arbeitsweise dadurch verändert?

Franz Adrian Wenzl: Ja, schon! Zumindest jetzt bei den Aufnahmen zu "Blitz" war das anders als früher. Dazu kommt noch, dass ich z.B. in München lebe, und der Rest der Band in Wien und Oberösterreich. Also ist auch nicht jeder immer sofort verfügbar. Das heißt, wenn wir dann alle Zeit einmal haben, muss schon etwas passieren! Dann trifft man sich halt z.B. gleich drei Tage hintereinander und arbeitet intensiv an Sachen. So was zu früher, als wir alle noch Studenten waren, und bei manchen Proben keinerlei Ergebnisse rausgeschaut haben, gibt es jetzt nicht mehr.

Wie war der Aufnahmeprozess bei "Blitz"?

Bei unserem letzten Album "Blick auf die Alpen" haben wir die ganze Sache ja echt ein bisschen auf die Spitze getrieben. Haben sehr lange an den Nummern geschrieben, viele Nummern geschrieben, und sind damit in ein richtig großes Studio gegangen. Da haben wir damals echt extrem viel Aufwand getrieben, und das wollten wir diesmal komplett anders machen! Mittlerweile kann man ja mit guten Mikros eigentlich in jedem Keller aufnehmen - genau das haben wir gemacht! Wir haben "Blitz" sehr schnell geschrieben und aufgenommen, in einem Kellerstudio in der Nähe von Wien! Was man noch vielleicht machen hätte können an Verfeinerung, wird meiner Meinung dadurch wettgemacht, dass die neuen Nummern sehr erdig und direkt klingen und man unsere Freude am Musikmachen durchhören kann.

Wie sieht es mit den Texten aus? Bist du eher jemand, der, wenn ihr ins Studio geht, um ein neues Album aufzunehmen, die Texte am letzten Drücker verfasst, oder gibt es immer schon einen gewissen "Vorrat" an Texten?

Ich bin schon eher der "Vorrats"-Typ. Meistens habe ich ein Notizbuch mit ca. 20 Seiten an Text-Entwürfen parat. Wenn dann die Band im Proberaum oder im Studio ein musikalisches Detail bearbeitet, dann gehe ich parallel dazu meine Sache durch und überlege, was könnte von der Stimmung her dazu passen.

Ich habe gehört, bei "Blitz" sind die meisten Stücke direkt im Studio entstanden - stimmt das?

Ja. Es waren zwei Aufnahme-Sessions. Beim ersten Termin im Jänner 2018 sind ungefähr vier Nummern entstanden, und beim zweiten sechs. Diese sechs Nummern sind innerhalb von drei Tagen entstanden, und am vierten Tag haben wir uns das ganze Material nochmal gemeinsam durchgehört. Vieles davon z.B. vom ersten Termin hatte ich witzigerweise schon wieder vergessen (schmunzelt). Wir haben dann die Stücke analysiert, und überlegt: wo fehlt noch was, gibt es eine Nummer die uns gar nicht gefällt etc. In den nächsten drei Tagen haben wir dann die Stücke aufgenommen. Das ist sozusagen das Grundgerüst des neuen Albums. Zu diesem Zeitpunkt waren auch die Texte in den meisten Fällen schon fertig.  Wenn ich noch mehr an den Texten herumgefeilt hätte, hätte ich vielleicht auf ein paar doofe Reime in manchen Songs verzichtet, aber da dachte ich mir: das hat sich so ergeben, das passt so! Frei nach dem Motto "Was liegt, das pickt!". Das ganze "Blitz"-Album ist inspiriert durch zackige und schnelle Ideen!

Gibt es auch Situationen, in denen es schwierig ist, Musik und Text zusammenzuführen?

Ja, das kann passieren. Aber manchmal klappt es wirklich gut und dann passieren erstaunliche Sachen. Bei "Ein braves Pferd" gibt es eigentlich eine recht platte Stelle, wo das Wort "Arschloch" vorkommt und sich aber perfekt in die Musik einfügt. Das war echt ein Zufall! Während die Kollegen an der Musik gefeilt haben und die Idee hatten, an einem bestimmten Punkt im Lied eine kurze Pause einzubauen, habe ich inzwischen am Text weitergearbeitet. Als wir das Stück dann gemeinsam gespielt haben, hat das oben erwähnte Wort dann echt zufällig genau in diese Pause hineingepasst (schmunzelt)! So ein Glück musst du halt haben! Außerdem bin ich stolz darauf, dass ich es geschafft habe, bei "Veteranen der vertanen Chance" die Lottozahlen in einem Liedtext unterzubringen. Das hatte ich immer schon mal vor (schmunzelt)!  

Redest du gerne darüber, was dieser und jener Song bedeutet?

Eigentlich nicht! Um was es da genau geht, ist immer ein bisschen schwierig zu sagen. Oft lasse ich es lieber offen, weil man sonst ganz genau weiß, worum es geht, und da braucht man eigentlich kein Lied mehr darüber machen. Ich denke mir, Musik oder überhaupt Kunst im weiteren Sinn hat ja auch den Sinn, Sachen darzustellen oder eine Identifikation zu ermöglichen mit Dingen, die sich nicht so leicht mit Worten beschreiben lassen. Das sind oft so Zwischenbereiche.

Ist Kreisky eine politische Band?

Eigentlich nicht. Ich sehe uns nicht als politische Band, aber vielleicht sind meine Kollegen da anderer Meinung. Wir werden zwar oft damit in Verbindung gebracht. Das liegt einerseits am Bandnamen und andrerseits an der ruppigen Musik, die so einen leichten Post-Punk-Duktus drinnen hat. Auch weil die Texte oft so was Anklagendes haben. Es geht aber eher um Sachen, die mich persönlich stören, und von denen ich glaube, dass Sie vielleicht auch für andere Leute relevant sind. Das überschneidet sich dann schon oft mit gesellschaftskritischen Sachen, aber das ist nicht der Grund, warum es uns als Band gibt. Wir könnten genauso gut auch Instrumentalmusik machen. Dazu fällt mir ein tolles Zitat von David Byrne am Cover der LP "Stop Making Sense" ein: "Texte sind nur ein Mittel, Menschen dazu zu bewegen, länger einer Musik zuzuhören, als sie es eigentlich ursprünglich vorgehabt hätten."


Ihr habt bei streng winterlichen Bedingungen im Burgenland euer Video zur Single "Ein braves Pferd" gedreht. Bitte erzähle etwas über den Dreh...

Ja, das war schon echt wüst (schmunzelt)! "Ein braves Pferd" ist ein bisschen ein albernes Lied, hat aber auch eine tiefere Ebene. Es geht um Treue und Treuebruch bzw. sich veruntreut fühlen. Mit Tier-Themen haben wir ja auch schon Erfahrung, ich verweise da nur auf das legendäre Katzenvideo zu unserem Song "Bitte Bitte" (schmunzelt)!  Bei einem Brainstorming zum Thema Pferd ist jemand eingefallen, dass es bei "Wetten, dass" ja irgendwann diese legendäre Wette gegeben hat, wo in einem Pferdeparcours ein Mensch gegen ein Pferd antritt. Das war damals total irre! So sind wir auf die Idee gekommen, dass wir ein Rennen in einem Pferdeparcours machen könnten! Wir bekamen eine Reithalle im Burgenland zur Verfügung gestellt, aber leider halt zu einer Zeit, wo die Boulevard-Zeitungen wegen der der eisigen Wetterbedingungen ja schon vom Ende der Welt ausgerufen haben (schmunzelt)!  Wir konnten den Termin aber nicht mehr verschieben, und so haben wir bei eisiger Kälte in unseren dünnen Trikots in der Reithalle gedreht! Wir waren aber sehr diszipliniert, haben die Drehs immer recht kurzgehalten, und haben uns dazwischen in einem warmen Keller, den es Gott sei Dank gegeben hat, aufgehalten. Alle hatten zwar einen starken Muskelkater, aber es hat sich zumindest niemand verkühlt (schmunzelt)! //

Interview: Robert Fischer
Fotos: Ingo Pertramer



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